Выбрать главу

»Ich zeichne dich, Bruder,

Mit Kohle vom Holzkreuz,

Ich zeichne dich

Mit dem Mal der Geheimen Bruderschaft.«

Dann tauschten sie miteinander den Osterkuß linksherum, scharrten Sand auf die Feuerstelle, verstreuten das übrige Holz und traten den Heimweg an.

Wieder schlug Tonda den Pfad durch die Felder ein, außen am Dorf entlang, auf den von Morgennebeln verschleierten Wald zu - da tauchten vor ihnen die Umrisse schattenhafter Gestalten im Frühlicht auf. Lautlos, in langer Reihe kamen die Mädchen des Dorfes ihnen entgegen: dunkle Tücher um Kopf und Schultern, jede mit einem irdenen Wasserkrug.

»Komm«, sagte Tonda leise zu Krabat, »sie haben das Osterwasser geholt, wir wollen sie nicht erschrecken...«

Sie duckten sich in den Schatten der nächsten Hecke und ließen die Mädchen vorüberziehen.

Das Osterwasser, der Junge wußte es, mußte man schweigend am Ostermorgen vor Sonnenaufgang aus einer Quelle schöpfen und schweigend nach Hause tragen. Wenn man sich darin wusch, erwarb man sich Schönheit und Glück für ein ganzes Jahr - so wenigstens sagten die Mädchen.

Und außerdem konnte man, wenn man das Osterwasser ins Dorf trug, ohne sich dabei umzuschauen, dem künftigen Liebsten begegnen: das sagten die Mädchen auch - und wer weiß, was davon zu halten war.

Gedenke, daß ich der Meister bin

Der Meister hatte ein Ochsenjoch vor der geöffneten Haustür angebracht, in Schulterhöhe war es mit beiden Enden am Türstock festgenagelt. Als die Burschen zurückkamen, mußten sie einzeln darunter hindurchgehen mit den Worten: »Ich beuge mich unter das Joch der Geheimen Bruderschaft.«

Im Hausflur erwartete sie der Meister. Jedem von ihnen versetzte er einen Backenstreich auf die rechte Wange, wobei er ihm zurief: »Gedenke, daß du ein Schüler bist!«

Dann schlug er ihn auf die linke Wange und fügte hinzu: »Gedenke, daß ich der Meister bin!«

Nun mußte der Knappe sich dreimal tief vor dem Müller verneigen und ihm geloben: »Ich werde dir, Meister, in allen Dingen gehorsam sein, jetzt und immerdar.«

Auch Tonda und Krabat wurden auf diese Weise empfangen. Noch ahnte der Junge nicht, daß er dem Meister von nun an verfallen war,

ausgeliefert mit Leib und Seele, auf Tod und Leben, mit Haut und Haar. Er gesellte sich zu den anderen Mühlknappen, die im hinteren Teil des Ganges standen und auf die Morgengrütze zu warten schienen - alle, wie Tonda und er, mit dem Drudenfuß auf der Stirn.

Es fehlten noch Petar und Lyschko.

Auch sie tauchten bald an der Haustür auf, und nachdem sie sich unter das Joch gebeugt, die Backenstreiche empfangen und das Gelöbnis abgelegt hatten, lief mit Lärm und Gepolter die Mühle an.

»Los!« rief der Meister den Knappen zu. »An die Arbeit!«

Da warfen die Müllerburschen die Röcke ab; sich im Laufen die Hemdsärmel aufkrempelnd, rannten sie in die Mahlstube, schleppten Getreide herzu und begannen draufloszumahlen, vom Meister durch Zuruf und ungeduldiges Fuchteln in Trab gehalten.

»Und dies«, dachte Krabat, »nennt sich nun Ostersonntag! Die Nacht nicht geschlafen, kein Frühstück im Bauch - aber schuften müssen für drei!«

Selbst Tonda geriet mit der Zeit außer Atem und fing zu schwitzen an. Schwitzen mußten sie alle an diesem Morgen, das troff von der Stirn und den Schläfen, das rann in den Nacken, das strömte den Buckel hinunter, daß ihnen die Hemden am Leib klebten und die Hosen dazu.

»Wie lange noch soll das so weitergehen?« fragte sich Krabat.

Verbissene Mienen, wohin er schaut. Alles hechelt und stöhnt, alles trieft und dampft. Und die Drudenfüße auf ihren Stirnen verwischen sich mehr und mehr, lösen sich auf im Schweiß, werden langsam ausgelöscht.

Dann geschieht etwas Unerwartetes.

Krabat, mit einem Sack Weizen beladen, quält sich die Staffeln zur Bühne hinauf. Es kostet ihn seine letzte Kraft, seinen ganzen Willen. Gleich wird er straucheln, gleich unter der Last zusammenbrechen - da plötzlich ist es mit aller Mühsal vorbei: Der Krampf in den Beinen ist weg, die Kreuzschmerzen haben aufgehört, auch beim Atmen hat er nun keine Beschwerden mehr.

»Tonda!« ruft er. »Sieh her!«

Mit einem Satz ist er auf der Bühne, dann kippt er den Sack von der Schulter, erwischt ihn an beiden Enden - und schwenkt ihn, bevor er ihn in die Schütte leert, unter lautem Juchhe-Geschrei in der Luft herum, als sei er mit Bettfedern statt mit Getreide angefüllt.

Die Mühlknappen sind wie ausgewechselt, sie recken die Arme, sie lachen, sie schlagen sich auf die Schenkel. Selbst Kito, der alte Sauertopf, macht keine Ausnahme.

Krabat will auf den Speicher eilen, den nächsten Sack holen. »Halt!« ruft der Altgesell, »dageblieben, es reicht schon!« Sie lassen den Weizen durchlaufen, dann hält Tonda das Mahlwerk an. »Schluß für heute!«

Ein Knirschen, ein letztes Klappern, das Mühlrad läuft aus, die Mehlkästen werden abgeklopft.

»Brüder!« ruft Staschko. »Nun laßt uns feiern!«

Auf einmal ist Wein da, in großen Kannen, und Juro schleppt Osterküchlein herbei: in Schmalz gebacken, goldbraun und süß, mit Quark gefüllt oder mit Zwetschgenmus.

»Eßt, Brüder, eßt - und vergeßt den Wein nicht!«

Sie essen, sie trinken, sie lassen sich's wohl sein. Später fängt Andrusch zu singen an, laut und ausgelassen. Da kauen sie ihre Küchlein hinunter und spülen mit Rotwein nach. Dann stellen sie sich im Kreis auf, sie haken sich unter und stampfen den Takt dazu.

»Der Müllscher saß Vorm Mühlentor, Klabuster, klabaster, Klabumm! Da trat ein schmucker Knapp' hervor! Klabuster, klabaster, Ein Knapp' hervor - Klabuster, klabaster, Klabumm!«

Das »Klabuster-klabaster« sangen die Burschen gemeinsam im Chor, danach stimmte Hanzo die nächste Strophe an - und so sangen sie reihum weiter und tanzten im Kreis herum, bald nach links, bald nach rechts, bald zur Mitte und bald von der Mitte weg.

Zuletzt, wie sich das für den Lehrjungen ziemte, kam Krabat dran. Da schloß er die Augen und sang den Beschluß des Liedes:

»Der Knappe aber War nicht dumm, Klabuster, klabaster, Klabumm! Er drehte dem Müllscher Den Kragen um: Klabuster, klabaster, Den Kragen um - Klabuster, klabaster, Klabumm!«

Nun hörten sie auf zu tanzen und fingen aufs neue zu trinken an. Kubo, der sonst so Schweigsame, nahm den Jungen beiseite, er klopfte ihm auf die Schulter.

»Du hast eine schöne Stimme, Krabat - an dir ist ein Kantor verlorengegangen.«

»An mir?« fragte Krabat - und jetzt erst, als Kubo davon gesprochen hatte, merkte er, was geschehen war: daß er nun wieder singen konnte, mit dunklerer Stimme zwar, aber fest und sicher und ohne das lästige Kratzen im Hals, das ihn seit Anfang des letzten Winters geplagt hatte.

Am Ostermontag nahmen die Müllerburschen ihre gewohnte Arbeit auf. Weiter ging es im alten Trott - nur daß Krabat sich nicht mehr zu schinden brauchte wie früher. Was immer der Meister von ihm verlangte: jetzt ging es dem Jungen mit Leichtigkeit von der Hand. Die Zeiten, in denen er Abend für Abend halb tot vor Erschöpfung auf seine Pritsche gefallen war, schienen ausgestanden. Krabat nahm die Veränderung dankbar hin. Er konnte sich denken, wie es dazu gekommen war. Als er mit Tonda das nächstemal unter vier Augen zusammentraf, sprach er ihn darauf an.

»Du hast recht«, sagte Tonda. »Solang wir den Drudenfuß auf der Stirn trugen, haben wir schuften müssen wie Ochsen - bis zu dem Augenblick, da auch der letzte sich ihn heruntergeschwitzt hatte. Dafür wird uns die Arbeit von nun an leicht sein, sofern wir sie zwischen Morgen und Abend verrichten, das ganze Jahr lang.«