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»Warum haben Sie sich dann dafür entschieden?«, fragte Bohr. »Sie müssen sich doch irgendetwas vorgestellt haben?«

»Nein. Ich glaube nicht, dass irgendjemand von uns es getan hat. Die meisten von uns waren nie im Krieg oder beim Militär. Keiner von uns wusste, dass man uns in einen völlig neuen Körper stecken würde, der nur noch teilweise etwas mit unserem vorherigen zu hat.«

»Das kommt mir ziemlich gedankenlos vor, Lieutenant«, sagte Bohr und machte mir bewusst, dass es dem Taktgefühl nicht gerade dienlich war, zwei oder drei Jahre alt zu sein. »Ich kann mir nicht vorstellen, warum sich jemand für etwas verpflichten sollte, ohne zu wissen, worauf er sich einlässt.«

»Sie waren auch noch nie alt«, sagte ich. »Ein unmodifizierter Mensch von fünfundsiebzig Jahren hat eine viel höhere Bereitschaft als Sie, ins kalte Wasser zu springen.«

»Wie kann das so unterschiedlich sein?«, fragte Bohr.

»Sagt ein Zweijähriger, der niemals altern wird«, erwiderte ich.

»Ich bin schon drei!«, stellte Bohr richtig.

Ich hob die Hand. »Hören Sie, lassen Sie mich die Sache einfach umdrehen. Ich bin sechsundsiebzig, und ich bin ins kalte Wasser gesprungen, als ich der KVA beigetreten bin. Andererseits war es meine ganz persönliche Entscheidung. Ich hätte nicht gehen müssen. Wenn es Ihnen schwer fällt, sich vorzustellen, wie es für mich war, versetzen Sie sich in meine Lage.« Ich zeigte auf Mendel. »Als ich fünf war, konnte ich mir kaum selbst die Schuhe zubinden. Wenn Sie sich nicht vorstellen können, wie es ist, so alt wie ich zu sein und sich rekrutieren zu lassen, dann stellen Sie sich vor, wie schwer es für mich ist, mir einen fünfjährigen Erwachsenen vorzustellen, der außer dem Krieg nichts anderes kennen gelernt hat. Immerhin weiß ich, wie das Leben außerhalb der Armee ist. Wie ist es für Sie?«

Mendel sah seine Kameraden an, die seinen Blick erwiderten. »Über so etwas denken wir normalerweise nicht nach, Lieutenant«, sagte er. »Zu Anfang wussten wir nicht einmal, dass daran irgendetwas Ungewöhnliches sein könnte. Alle, die wir kennen, wurden auf die gleiche Art ›geboren‹. Aus unserer Sicht sind Sie außergewöhnlich. Eine Kindheit zu haben und ein ganz anderes Leben zu führen, bevor man mit diesem Leben beginnt. Auf uns macht es eher den Eindruck der Ineffektivität.«

»Fragen Sie sich nie, wie es wäre, nicht in der Spezialeinheit zu dienen?«

»Das kann ich mir nicht vorstellen«, sagte Bohr, und die anderen nickten. »Wir sind Soldaten. Das ist unser Job. Das sind wir.«

»Deshalb sind Sie für uns so interessant«, sagte Mendel. »Die Vorstellung, dass man sich für ein Leben wie dieses entscheiden kann. Die Vorstellung, dass man auch ein ganz anderes Leben führen könnte. Das ist sehr fremdartig.«

»Was haben Sie gemacht, Lieutenant?«, fragte Bohr. »In Ihrem anderen Leben.«

»Ich war Schriftsteller«, sagte ich.

Die Soldaten sahen sich gegenseitig an.

»Was?«, fragte ich.

»Eine seltsame Art, sein Leben zu verbringen«, sagte Mendel. »Sich dafür bezahlen zu lassen, Worte aneinanderzureihen.«

»Es gibt schlimmere Jobs«, sagte ich.

»Wir wollten Sie nicht beleidigen«, sagte Bohr.

»Ich fühle mich nicht beleidigt. Sie haben nur eine andere Perspektive. Aber es bringt mich zum Nachdenken, warum Sie es tun.«

»Was tun?«, fragte Bohr.

»Kämpfen«, sagte ich. »Die meisten Menschen in der KVA sind wie ich. Und die meisten Menschen in den Kolonien unterscheiden sich noch mehr von Ihnen als ich. Warum kämpfen Sie für diese Leute? Und warum kämpfen Sie zusammen mit uns?«

»Wir sind Menschen, Lieutenant«, sagte Mendel. »Wir sind nicht weniger menschlich als Sie.«

»In Anbetracht des derzeitigen Zustandes meiner DNS besagt das nicht viel«, entgegnete ich.

»Sie wissen, dass Sie ein Mensch sind«, sagte Mendel. »Und uns geht es genauso. Wir wissen, wie die KVA ihre Rekruten auswählt. Auch Sie kämpfen für Kolonisten, denen Sie nie persönlich begegnet sind◦– die irgendwann sogar Feinde Ihres Heimatlandes waren. Warum kämpfen Sie für diese Leute?«

»Weil sie Menschen sind und weil ich gesagt habe, dass ich es tun würde«, antwortete ich. »Zumindest war das zu Anfang mein Beweggrund. Jetzt kämpfe ich nicht mehr für die Kolonisten. Ich meine, ich tue es schon, aber letzten Endes kämpfe ich für meine Kompanie und meinen Trupp◦– oder habe dafür gekämpft. Ich habe das Leben meiner Leute geschützt und sie meines. Ich habe gekämpft, weil ich sie im Stich gelassen hätte, wenn ich es nicht getan hätte.«

Mendel nickte. »Das ist auch der Grund, warum wir kämpfen, Lieutenant«, sagte er. »Das ist also eine Gemeinsamkeit, die uns alle menschlich macht. Das ist gut zu wissen.«

»Das ist es«, stimmte ich ihm zu. Mendel grinste und nahm seine Gabel. Als er zu essen begann, setzte auch das Geklapper der Esswerkzeuge im ganzen Raum wieder ein. Ich blickte auf und sah, wie Jane aus einer entfernten Ecke zu mir herüberschaute.

Bei der morgendlichen Besprechung kam Major Crick sofort zur Sache. »Der Geheimdienst der KVA ist der Ansicht, dass die Rraey Schwindler sind«, sagte er. »Und der erste Teil unserer Mission wird darin bestehen, diese Vermutung zu überprüfen. Dazu werden wir den Consu einen Besuch abstatten.«

Das machte mich endgültig wach. Und ich schien nicht der Einzige zu sein, dem es so ging. »Was, zum Teufel, haben die Consu damit zu tun?«, fragte Lieutenant Tagore, der unmittelbar links neben mir saß.

Crick nickte Jane zu. »Auf Anweisung von Major Crick und anderen«, sagte Jane, »habe ich die bisherigen Begegnungen zwischen der KVA und den Rraey etwas gründlicher untersucht, um zu sehen, ob es irgendwelche Hinweise auf eine neuere technische Entwicklung gibt. In den letzten hundert Jahren kam es zu zwölf bedeutenden militärischen Auseinandersetzungen mit den Rraey und mehreren Dutzend kleinerer Scharmützel, einschließlich einer ernsthaften und sechs kleinerer Begegnungen in den letzten fünf Jahren. Während des gesamten Zeitraums lag der technische Entwicklungsstand der Rraey deutlich unter unserem. Das lässt sich auf mehrere Faktoren zurückführen, unter anderem auf die mangelnde Neigung ihrer Zivilisation, den technischen Fortschritt systematisch voranzutreiben, und ihre gering ausgeprägte Bereitschaft, friedliche Kontakte zu technisch weiter fortgeschrittenen Völkern herzustellen.«

»Mit anderen Worten, sie sind rückständig und verbohrt«, sagte Major Crick.

»Das trifft vor allem für die Skip-Technologie zu«, sagte Jane. »Bis zur Schlacht von Coral waren die Skip-Antriebe der Rraey unseren weit unterlegen. Ihr gegenwärtiger Wissensstand über die Skip-Physik basiert sogar direkt auf Informationen, die sie vor etwas mehr als einem Jahrhundert von der KVA erhalten haben, während einer später abgebrochenen Handelsmission.«

»Warum wurde sie abgebrochen?«, fragte Captain Jung von der anderen Seite des Tisches.

»Weil die Rraey etwa ein Drittel der Handelsvertreter gegessen haben«, sagte Jane.

»Autsch«, sagte Captain Jung.

»Es geht darum«, sagte Major Crick, »dass die Rraey in Anbetracht ihrer Mentalität und ihres Entwicklungsstandes diesen Rückstand unmöglich aus eigener Kraft überwunden haben können. Deshalb liegt die Vermutung nahe, dass sie die technische Voraussetzung für eine Vorhersage des Eintrittspunktes von einer anderen Spezies erhalten haben. Wir wissen alles, was die Rraey wissen, und es gibt nur eine Spezies, von der wir vermuten können, dass sie im Besitz einer solchen Technologie ist.«

»Die Consu«, sagte Tagore.

»Die Consu«, bestätigte Crick. »Diese Mistkerle benutzen einen weißen Zwerg als Taschenlampenbatterie. Also könnte es durchaus sein, dass sie es geschafft haben, einen Skip-Antrieb durch Tachyonendetektion zu orten.«