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»Verstanden, Major«, sagte ich und erwiderte Janes Blick.

»Gut«, sagte er. »Willkommmen bei der Spezialeinheit, Perry. Sie sind der erste Naturgeborene, den wir jemals in unseren Reihen hatten, soweit mir das bekannt ist. Versuchen Sie, die Sache nicht zu verpatzen, denn wenn Sie es tun, können Sie sich darauf verlassen, dass die Rraey ihr geringstes Problem sein werden.«

Jane betrat meine Kabine, ohne meine Erlaubnis einzuholen. Nachdem sie jetzt mein vorgesetzter Offizier war, hatte sie das Recht dazu.

»Was, zum Henker, hast du dir dabei gedacht?«, sagte sie.

»Euch fehlt ein Mann«, sagte ich gelassen. »Ich bin einer. Ganz einfache Mathematik.«

»Ich habe dich in dieses Schiff geholt, weil ich wusste, dass du es vor dem Einsatz mit dem Shuttle verlassen würdest«, sagte sie. »Wenn du zur Infanterie zurückgehst, wärst du an Bord eines der Schiffe, die den Großangriff durchführen. Wenn wir die Ortungsstation nicht ausschalten, weißt du, was mit diesen Schiffen und ihren Besatzungen geschieht. Mir war klar, dass ich nur so deine Sicherheit gewährleisten konnte, und nun wirfst du alles über den Haufen.«

»Du hättest Crick sagen können, dass du mich nicht haben willst. Dann hätte er keine Sekunde gezögert, mich in einem Shuttle im Consu-System auszusetzen, bis irgendwer vorbeikommt, um mich aufzulesen. Du hast es nicht getan, weil du weißt, wie verrückt dieser Plan ist. Du weißt, dass du alle Hilfe brauchst, die du kriegen kannst. Ich wusste nicht, dass ich unter dir dienen würde, Jane. Wenn Aquinas nicht einsatzbereit wäre, hätte ich genauso gut in Daltons Trupp landen können. Ich wusste nicht einmal, dass Hawking einer von deinen Leuten war, bevor Crick es erwähnte. Ich wusste nur, dass ihr jeden verfügbaren Mann braucht, wenn diese Sache funktionieren soll.«

»Warum liegt dir so viel daran?«, fragte Jane. »Dies ist nicht deine Mission. Du bist keiner von uns.«

»Aber jetzt bin ich einer von euch. Ich befinde mich an Bord dieses Schiffes. Ich bin hier, was ich dir zu verdanken habe. Und ich wüsste nicht, wohin ich mich sonst wenden sollte. Mein Bataillon wurde vollständig ausgelöscht, und fast alle meine Freunde sind tot. Und wie jemand von euch erwähnte, sind wir alle trotzdem Menschen. Scheiße, ich wurde sogar genauso wie ihr in einem Labor gezüchtet. Zumindest dieser Körper. Ich könnte genauso gut einer von euch sein. Also gehöre ich jetzt zu euch.«

»Du hast keine Ahnung, wie es ist, einer von uns zu sein!«, regte sich Jane auf. »Du hast gesagt, dass du mehr über mich wissen willst. Was genau willst du wissen? Willst du wissen, wie es war, eines Tages aufzuwachen, im Kopf eine ganze Bibliothek an Informationen◦– die gesamte Palette, von der Schlachtung eines Schweins bis zur Navigation eines Raumschiffs -, aber ohne einen blassen Schimmer, wie man heißt? Oder dass man überhaupt einen haben sollte. Willst du wissen, wie es war, niemals ein Kind gewesen zu sein◦– und noch nie eins gesehen zu haben, bevor man den Boden eines verbrannten Kolonialplaneten betritt und auf eine Kinderleiche stößt? Vielleicht würdest du gerne mehr darüber hören, wie es ist, wenn wir zum ersten Mal mit einem Naturgeborenen reden, wie wir uns zusammenreißen müssen, damit wir nicht auf euch einprügeln, weil ihr so lähmend langsam redet, euch so langsam bewegt und so langsam denkt, dass es uns völlig unverständlich ist, warum man Leute wie euch rekrutiert hat?

Vielleicht möchtest du auch davon erfahren, dass jeder Soldat der Spezialeinheit sich eine persönliche Vergangenheit erträumt. Wir wissen, dass wir Frankensteins Monster sind. Wir wissen, dass wir aus Einzelteilen von Toten zusammengeflickt wurden. Wir schauen in einen Spiegel und wissen, dass wir jemand anderen sehen, und wir wissen, dass wir nur deshalb existieren, weil dieser Jemand nicht mehr existiert◦– und dass wir nie etwas über diese Person erfahren werden. Also bilden wir alle uns ein, wie dieser Mensch gewesen sein könnte. Wir stellen uns das Leben dieser Person vor, ihren Ehepartner, ihre Kinder, und wir wissen, dass nichts davon irgendetwas mit uns selbst zu tun hat

Jane kam einen Schritt näher und brüllte mir ins Gesicht. »Willst du wissen, wie es ist, den Ehemann der Frau kennen zu lernen, die man einmal war? Wie er dich wiedererkennt, aber du selber gar nichts spürst, ganz gleich, wie sehr du es dir wünschst? Zu wissen, dass er sich danach sehnt, dich mit einem anderen Namen anzureden, der nicht dein eigener Name ist? Zu wissen, dass er Jahrzehnte eines Lebens sieht, wenn er dich ansieht, eines Lebens, von dem du gar nichts weißt. Zu wissen, dass er an deiner Seite war, dass er in dir war, dass er deine Hand gehalten hat, als du gestorben bist, und dir gesagt hat, dass er dich liebt. Zu wissen, dass er dich nicht zu einer Naturgeborenen machen kann, aber dass er dir Kontinuität schenken kann, eine Geschichte, eine Vorstellung, wer du warst, um dir zu helfen, zu verstehen, wer du bist. Kannst du dir auch nur ansatzweise vorstellen, wie es ist, sich so etwas zu wünschen? Und es um jeden Preis geheim halten zu müssen?«

Näher. Lippen, die fast meine berührten, aber ohne die winzigste Andeutung eines Kusses. »Du hast zehnmal länger mit mir zusammengelebt, als ich mit mir gelebt habe«, sagte Jane. »Du bist es, der etwas von mir bewahrt hat. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie das für mich ist. Weil du eben keiner von uns bist.« Sie trat zurück.

Ich starrte sie an. »Du bist nicht sie«, sagte ich. »Du hast es mir selbst gesagt.«

»Oh Mann!«, rief Jane. »Ich habe gelogen. Ich bin sie, und du weißt es. Wenn sie länger gelebt hätte, wäre sie zur KVA gegangen, und sie hätten dieselbe gottverdammte DNS benutzt, um einen neuen Körper für sie zu machen, genauso wie für mich. Ich habe zusammengerührte Alienscheiße in meinen Genen, aber auch du bist nicht mehr hundertprozentig menschlich, und sie wäre es auch nicht gewesen. Der menschliche Teil von mir ist derselbe wie das, was in ihr gewesen wäre. Das Einzige, was mir fehlt, sind die Erinnerungen. Was mir fehlt, ist mein gesamtes vorheriges Leben.«

Jane kam zu mir zurück und legte die Hände an mein Gesicht. »Ich bin Jane Sagan, das weiß ich«, sagte sie. »Die letzten sechs Jahre gehören mir allein, und sie sind wirklich geschehen. Das ist mein Leben. Aber ich bin auch Katherine Perry. Dieses Leben will ich wiederhaben. Und du bist mein einziger Zugang zu diesem Leben. Dazu musst du am Leben bleiben, John. Ohne dich würde ich mich ein weiteres Mal verlieren.«

Ich griff nach ihrer Hand. »Dann hilf mir, am Leben zu bleiben«, sagte ich. »Sag mir alles, was ich wissen muss, um diese Mission heil zu überstehen. Zeig mir alles, was ich tun muss, um deiner Kompanie zu helfen, ihre Aufgaben zu erfüllen. Hilf mir, damit ich dir helfen kann, Jane. Du hast Recht, ich weiß nicht, wie es ist, du zu sein, einer von euch zu sein. Aber ich weiß, dass ich nicht in einem verdammten Shuttle im Nichts treiben will, während du dich ins Kampfgetümmel wirfst. Auch ich will, dass du am Leben bleibst. Ist das ein fairer Deal?«

»Das ist ein fairer Deal«, sagte sie.

Ich küsste ihre Hand.

17

Das ist der leichte Teil, sendete Jane mir. Lehn dich einfach zurück.

Das Hangartor wurde aufgesprengt, und es kam zu einer explosiven Dekompression, wie ich sie schon einmal im Orbit über Coral erlebt hatte. Irgendwann würde ich ein weiteres Mal hierher zurückkehren, ohne aus einem Hangar geschleudert zu werden. Diesmal jedoch flogen keine gefährlichen Teile herum. Im Hangar der Sparrowhawk befanden sich ausschließlich Besatzungsmitglieder und Soldaten, die in klobigen Raumanzügen steckten. Unsere Füße klebten fest am Boden, von elektromagnetischen Haftplatten gehalten, doch sobald die Türen des Frachthangars weit genug ins Weltall hinausgetrieben waren, um uns nicht mehr gefährlich werden zu können, würden die Magneten uns loslassen und wir durch die Tür nach draußen geschleudert werden. Dafür sorgte die entweichende Luft◦– im Frachthanger herrschte Überdruck, damit der Sturm nicht zu schnell versiegte.