Es geschieht nicht häufig, dass die Bewohner unseres kleinen Dorfes einen Besucher von so hohem Rang begrüßen dürfen. Deshalb ist es mir eine besondere Ehre, Ihnen unseren heutigen Gast vorzustellen. Wie in der gesamten Union erinnert man sich auch auf Huckleberry und in Neu-Goa mit Schrecken an die Invasion von Coral, eine der ältesten und bedeutendsten unserer Kolonien. Die Rraey haben sämtliche dort lebenden Kolonisten massakriert, insgesamt gab es über einhunderttausend Tote. Es ist eins der düstersten Kapitel in der Geschichte der Union.
Doch die Rraey konnten sich nicht lange auf Coral halten, was wir zum Teil den Bemühungen unseres Gastes zu verdanken haben. Sein mutiges Vorgehen im Einsatz brachte ihm den Silbernen Stern und das Besondere Verdienstkreuz sowie den ersten Coral-Orden ein. Er ist heute Abend bei uns, um uns von seinen Erfahrungen als Angehöriger der Kolonialen Verteidigungsarmee zu berichten, die für die Sicherheit sämtlicher Kolonien einschließlich unserer sorgt. Begrüßen Sie mit mir Captain John Perry! (Applaus)
CAPT. PERRY: Vielen Dank! Und ich danke Ihnen, Bürgermeister Kulkarni. Ihre Frau hat für den heutigen Abend den Nachtisch zubereitet? Kein Wunder, dass Sie so glücklich aussehen! (Gelächter) Das ganze Abendessen war wunderbar, wirklich. Ich glaube, ich habe schon seit Jahren nicht mehr so gut gegessen.
KULKARNI: Ich bin überzeugt, dass Sie das überall sagen, wo Sie auftreten.
PERRY: Nun ja, das stimmt zwar, aber diesmal meine ich es ehrlich. (Gelächter) Und ich genieße meinen Aufenthalt in Neu-Goa ungemein. Ich muss Sie allerdings warnen, dass ich diese Tournee durch die Kolonien nicht nur als Botschafter der KVA unternehme, sondern einen Hintergedanken verfolge. Ich suche nämlich nach einer Kolonie, auf der ich mich später zur Ruhe setzen könnte. Also schauen Sie sich dieses Gesicht sehr genau an, denn es könnte sein, dass sie sich eines Tages daran gewöhnen müssen. (Gelächter)
KULKARNI: Uns wären Sie jederzeit willkommen, Captain.
PERRY: Das sagen Sie jetzt, Bürgermeister. (Gelächter) Neu-Goa hat für mich bereits einen entscheidenden Vorteil. Obwohl ich aus einer anderen irdischen Kultur stamme, haben wir doch eine gemeinsame Sprache, das heißt, eine gemeinsame Sprache. Vor Huckleberry war ich auf der Shaw-Kolonie, die von Norwegern besiedelt wurde. Dort habe ich die ganze Zeit einen Dolmetscher benötigt. Ich glaube, ich habe den Leuten mindestens einmal den Krieg erklärt. (Gelächter) Diese Gefahr ist hier bei Ihnen wesentlich geringer.
So, eigentlich sollte ich jetzt hier oben stehen und Ihnen einen Vortrag halten, was die Koloniale Verteidigungsarmee unternimmt, um Sie vor dem übrigen Universum zu schützen. Aber ich muss sagen, dass ich das schon ein paarmal getan habe und es mich langweilt, meine eigene Stimme hören zu müssen. Und überall, wo ich bin, ist es so, dass die Menschen Fragen stellen. Wenn Sie also nichts dagegen haben, schlage ich vor, dass wir meinen langweiligen Vortrag überspringen und gleich zu den Fragen übergehen. (Pause) Da ich schon etwa zwei Dutzend erhobene Hände sehe, schätze ich, dass Sie mit meinem Vorschlag einverstanden sind. (Gelächter) Bitte, Madam◦– Sie in der ersten Reihe.
1. EINWOHNERIN: Sind Sie verheiratet? (schallendes Gelächter) Ich frage nicht meinetwegen, sondern wegen meiner Nichte. Sie ist etwa in Ihrem Alter.
PERRY: Ähem, vielen Dank. Ich fühle mich geschmeichelt, obwohl ich glaube, dass Ihre Nichte sehr überrascht wäre, wenn sie erfährt, dass Sie sie verkuppeln wollen.
1. EINWOHNERIN: Ganz und gar nicht! Sie ist hier im Saal! Aparna! Steh auf! (Gelächter)
PERRY: Hallo, Aparna. Bitte setzen Sie sich wieder. Sie haben nichts von mir zu befürchten. (Gelächter) Um Ihre Frage zu beantworten: Nein, ich bin nicht verheiratet. Außerdem verbieten die Vorschriften der KVA, dass Soldaten heiraten. Wir düsen ständig in diesem Teil des Universums hin und her, und da wäre es recht schwierig, eine Ehe zu führen. Als wir auf der Erde in den Militärdienst eingetreten sind, wurden wir ja juristisch für tot erklärt, womit jede Ehe annulliert war. Manche der Leute, mit denen ich gedient habe, waren recht glücklich darüber, (Gelächter) aber ich glaube nicht, dass ich es so gewollt hätte. Ich war verheiratet, bevor ich mich rekrutieren ließ, aber meine Frau starb, bevor ich eingezogen wurde. Wir waren über vierzig Jahre lang verheiratet.
Ja, diesen Blick kenne ich! Ich sehe ihn jedes Mal, wenn ich auf mein wahres Alter anspiele. Meine Damen und Herren, ich bin siebenundsiebzig! Das heißt, ich bin nicht nur viel zu alt für Aparna, ich wäre sogar zu alt für Sie, Madam. (Gelächter) Einer der Vorteile des Dienstes in der KVA ist der, dass man einen neuen Körper bekommt. Ich bin viel älter, als ich aussehe. Ja, Sir?
2. EINWOHNER: Warum sind Sie so grün?
PERRY: Das Büfett war so gut, dass ich zu viel davon gegessen habe. (Gelächter) Die richtige Antwort lautet natürlich, dass diese Körper verändert wurden und Chlorophyll nutzen, um uns zusätzliche Energie zu verschaffen. Und die brauchen wir, um andere körperliche Verbesserungen aufrechtzuerhalten, zum Beispiel die stärkeren Muskeln, schnelleren Reflexe und andere Dinge. Außerdem kommen wir länger als die meisten Menschen ohne Nahrung aus, obwohl wir das genauso unangenehm finden wie jeder andere.
Ich ahne, dass sich einige von Ihnen wünschen, einen solchen verbesserten Körper zu haben, aber ich möchte Sie auf einige der Nachteile hinweisen. Erstens ist dieser Körper so modifiziert, dass er sich nicht fortpflanzen kann. Für einen Kolonisten ist das definitiv keine erwünschte Eigenschaft. Zweitens bekommt man einen solchen Körper nur dann, wenn man in die KVA eintritt, wo man zehn Jahre Dienst ableisten muss. Nach diesen zehn Jahren sind acht von zehn Rekruten in der Ausübung ihrer Pflichten gestorben. Ich weiß es, weil von den Leuten, die ich kurz nach der Rekrutierung kennen gelernt und mit denen ich mit angefreundet habe, nur noch zwei am Leben sind. Schauen Sie sich in diesem Raum um und stellen Sie sich eine so hohe Sterblichkeitsrate unter den Menschen vor, die Sie lieben und die Ihnen etwas bedeuten. Dann überlegen Sie noch einmal, ob Sie für einen neuen Körper ein solches Opfer bringen möchten. Ja, Sir? Ja, Sie.
3. EINWOHNER: Ich bin mir sicher, dass Sie vielen außerirdischen Spezies begegnet sind. Welche davon hat den größten Eindruck auf Sie hinterlassen?
PERRY: Hm, ich glaube, das war, als ich gefressen wurde. (Raunen)
3. EINWOHNER: Ich bin überzeugt, dass wir alle gerne mehr darüber hören würden.
PERRY: Also gut. Es war etwa einen Monat vor der Schlacht von Coral, und ich wurde mit meiner Einheit zu einem unerforschten Planeten geschickt, um nach einem Erkundungsteam zu suchen, das dort verschwunden war. Der erste Hinweis, dass es auf diesem Planeten nicht mit rechten Dingen zuging, war der Umstand, dass er wunderbar war◦– ideal für eine Besiedlung durch Menschen◦– doch er war völlig unbewohnt. Das ist seltsam, denn wenn ein Planet für uns ideal ist, ist er das auch für ein paar hundert anderer intelligenter Spezies. Und das heißt, dass er längst von irgendjemandem hätte kolonisiert werden müssen. Es ist etwa so wie in diesem alten Witz: Ein Arzt und ein Ökonom gehen die Straße entlang, als der Arzt nach unten schaut und sagt: »Da liegt eine Zwanzig-Dollar-Note auf dem Bürgersteig.« Worauf der Ökonom sagt: »Unmöglich! Wenn da eine Zwanzig-Dollar-Note liegen würde, hätte sie schon längst jemand aufgehoben!« Dieser Planet war eine solche Zwanzig-Dollar-Note am Straßenrand. Es war einfach unmöglich, dass er noch nicht besiedelt worden war. Und doch war es so. Also schickte man ein Erkundungsteam hin, und nach ein paar Tagen fehlte von den Leuten jede Spur.