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»Du könntest abhauen«, sagte ich. »Aus unserer Welt verschwinden und dich in deine eigene Dimension zurückziehen.«

»Und dich und deine Familie schutzlos zurücklassen? Nein. Das ist nicht die Art von andersdimensionalem Wesen, das ich bin. Ich mag diese Welt, und euch, und eure komische Art, Dinge zu tun. Ihr seid spaßig. Die Hungrigen Götter würden euch nur verschlingen und nicht einmal wissen, was sie da zerstören. Sie sind verschlagene, böse, und genau genommen sogar ziemlich dumme Götter. Ich werde dich und deine Familie nicht verlassen, Eddie. Einige Dinge sind es wert, das man um sie kämpft, einfach nur so aus Prinzip.«

»Danke, Ethel.«

»Ach, zum Teufel«, sagte Seltsam. »Wozu hat man denn Freunde?«

In diesem Moment kam U-Bahn Ute in den Lageraum gerannt. Sie hatte sich Mühe gegeben, sich zu säubern, sogar neue Klamotten trug sie, die allerdings eindeutig für jemanden Größeres gedacht waren. Dennoch sah sie immer noch keinesfalls vertrauenerweckend aus und Stress und Anstrengung ließen ihr Gesicht zwanzig Jahre älter aussehen. Zu ihrer Ehrenrettung musste man aber sagen, dass sie versuchte, nicht allzu triumphierend in die Runde zu sehen, weil sie recht gehabt hatte und wir sie jetzt brauchten.

»Ich hatte schon das Gefühl, dass ihr mich noch brauchen würdet«, sagte sie. »Also, hier bin ich. Gehe ich recht in der Annahme, dass alle eure Pläne in die Hose gegangen sind und der Weg der Verdammnis die einzige brauchbare Alternative ist?«

»Perfekt zusammengefasst«, meinte Molly.

»Verdammt«, meinte U-Bahn Ute. »Dann sitzen wir wirklich tief in der Scheiße.«

Molly nahm Ute zur Seite, um sie auf den neuesten Stand der Dinge zu bringen und zu erklären, wie tief wir wirklich in der Scheiße steckten und ich nutzte den Moment, um darüber nachzudenken, wen genau ich mitnehmen wollte. Molly natürlich, aus einem ganzen Bündel von Gründen. Nicht den Waffenmeister. Onkel Jack würde hier gebraucht werden, wenn wir das wieder vermasselten. Giles Todesjäger, weil er der beeindruckendste Kämpfer war, den ich jemals getroffen hatte. Und Mr. Stich, weil er … nun mal das war, was er war und weil er so verdammt schwer zu töten war. Ich hätte auch gerne Callan dabei gehabt, aber er war immer noch außer Gefecht. Also würde der Letzte dieses kleinen Ewiger-Ruhm-oder-Tod-Teams der Seneschall sein müssen. Einerseits, weil ich jemanden dabeihaben wollte, bei dem ich mich darauf verlassen konnte, dass er Befehle befolgte und andererseits, weil ich jemanden brauchte, auf den ich mich verlassen konnte, dass er bis zum letzten Blutstropfen kämpfen würde, für die Familie. Jemanden, … der verzichtbar war.

Ich hatte nie so gedacht, bevor ich zum Familienoberhaupt geworden war.

Ich sah hinüber zu Molly und Ute, die schnatterten und kicherten wie die besten Freundinnen, die sie waren, und es war ein netter Zug von Normalität in einer ernsthaft verrückt gewordenen Welt. Es hob meine Lebensgeister ein wenig, zu sehen, dass solche kleinen Freuden noch möglich waren. Aber ich war immer noch nicht sicher, was ich von Utes Weg der Verdammnis halten sollte. Der Name weckte wirklich nicht gerade Vertrauen. Aber wenn er uns direkt in Trumans Bunker führte - nun, ein kräftiger Erstschlag konnte immer noch den Turm ausschalten und dem Ganzen ein Ende machen. Keine Nester mehr, keine Türme mehr, keine Abscheulichen mehr.

Außer dem einen, der noch in Molly lebte. Sich immer noch in ihren Körper, ihren Verstand und ihre Seele fraß. Was war gut daran, die Welt zu retten, wenn ich die Frau nicht retten konnte, die ich liebte? Wenn es Molly nicht mehr gab, dann würde ich nur noch meine Familie haben, und ein Leben voller kalter Pflichten und Verantwortlichkeiten. Es musste einen Weg geben, sie zu retten. Es musste einfach. Weil ich in einer Welt, in der es Molly nicht gab, nicht leben wollte.

Sie sah sich um, sah, wie ich sie ansah und lächelte strahlend. Ich lächelte zurück. Sie umarmte Ute schnell und kam zu mir. Sie umarmte mich und ich hielt sie fest. Ich wollte sie nie wieder gehen lassen, aber ich tat es doch. Ich konnte nicht riskieren, dass sie erfuhr, was ich dachte.

»Du sahst so aus, als könntest du einen großen Knuddler brauchen«, sagte Molly rundheraus. »Zum Teufel, beinahe jeder hier sieht so aus. Aber so eine bin ich nicht. Ich habe gerade mit Ute gesprochen. Sie sagt, sie kann einen Eingang zum Weg der Verdammnis beschwören, sobald du so weit bist, aber … Eddie, sie ist erschöpft. Ich meine, sie ist total von der Rolle. Da ist nur noch Mut und Entschlossenheit, die sie aufrecht halten. Ich weiß nicht, wo sie war oder mit wem sie verhandeln musste, um die Geheimnisse des Weges in die Finger zu kriegen, aber sie hat einen hohen Preis gezahlt.«

»Dann müssen wir so bald wie möglich los«, sagte ich. »Molly, Ute muss mit uns kommen. Schafft sie das?«

»Sie sagt ja«, meinte Molly und zuckte mit den Achseln. »Ich kann's ihr nicht verbieten. Und du würdest es auch nicht, oder, Eddie?«

»Wir brauchen sie«, sagte ich bestimmt. »Die Welt braucht sie.«

»Lustig«, sagte Molly. »Die hat Ute noch nie gebraucht.« Sie sah mich nachdenklich an. »Was ist mit mir? Brauchst du mich dabei? Kannst du mir so nah an einem Turm vertrauen, wenn man meinen Zustand bedenkt?«

Ich lächelte sie an. »Ich brauche dich immer, Molly. Glaubst du wirklich, ich würde ohne dich irgendwohin gehen?«

»Du warst schon immer ein großes Weichei, Eddie Drood.« Und sie küsste mich leidenschaftlich, hier vor allen anderen. Einige klatschten, ein paar jubelten. Molly ließ mich schließlich los und lächelte den anderen süß zu.

Glücklicherweise kam Mr. Stich in diesem Moment herein und schlenderte so gelassen in den Lageraum wie eine tickende Bombe, der Seneschall direkt neben ihm. Der Seneschall hatte eine Waffe in einer Hand und seinen Blick starr auf Mr. Stich gerichtet, der höflich vorgab, das nicht zu bemerken. Nach seinen vielen Ausflügen aufs Schlachtfeld sah der Seneschall zerschlagen und verletzt aus. Er war hier und da dick verpflastert, aber sein Rücken war immer noch durchgedrückt und der Kopf hoch erhoben. Für ihn war Schwäche immer etwas, das nur bei anderen vorkam. Und wenn man fair war, sah er immer noch so aus, als könne er mit einer ganzen Armee im Alleingang fertig werden und die Überlebenden heulend zu ihren Mamis schicken. Mr. Stich, das musste man zugestehen, sah aus … wie er immer aussah. Ruhig, kalt, und vollkommen unerschüttert. Nicht ein Blutfleck war an ihm zu sehen, oder der kleinste Riss an seiner viktorianischen Abendkleidung. Selbst sein Zylinder glänzte auf eine elegante und selbstgefällige Art.

Ich wollte etwas danach werfen, einfach so aus Prinzip.

Stattdessen winkte ich beide zu mir herüber und erklärte ihnen die Situation. Mr. Stich runzelte leicht die Stirn, als ich den Weg der Verdammnis erwähnte, als würde der Name in ihm eine Saite zum Klingen bringen, aber er hatte nichts zu sagen. Der Seneschall allerdings war sofort Feuer und Flamme. Bei dem Gedanken daran, noch mehr Stress machen zu können, leuchteten seine Augen auf.

»Alles für die Familie!«, sagte er. »Und ich muss sagen, die Familie macht wirklich viel mehr Spaß, seit du wieder zurück bist, Junge.«

Er ist vielleicht ein Psychopath, dachte ich. Aber er ist unser Psychopath.

»Diese neue Mission«, meinte Mr. Stich. »Werde ich noch mehr Leute töten können?«

»Das ist beinahe sicher«, sagte ich.

»Und gibt es eine Chance, dass ich auch getötet werde?«

»Das ist auch beinahe sicher.«