Jacob trug jetzt eine altmodische, flaschengrüne Lokomotivführer-Latzhose samt Schirmmütze. Seine mit Silberknöpfen besetzte Jacke stand offen und enthüllte ein T-Shirt mit der Aufschrift: Mit Ingenieuren sind Sie schneller. Er sah sehr konzentriert und hellwach aus, beinahe ohne die Streifen von blaugrauem Ektoplasma, die er sonst bei jeder Bewegung hinter sich herzog. Jay war wieder in die feine Kleidung seiner Epoche gekleidet und sah beinahe so begeistert aus wie sein zukünftiges, gespenstisches Ich … aber da war etwas in seinen Augen. Ich verschränkte die Arme vor meiner Brust und starrte die beiden so böse wie möglich an.
»Netter Trick«, sagte ich kalt. »Ich behalte ihn im Kopf für den Fall, dass jemand einen Herzkasper brauchen sollte. Ich wusste gar nicht, dass du das kannst, Jacob.«
»Du wärst überrascht über das, was du alles kannst, wenn du erst mal tot bist, Junge«, sagte Jacob fröhlich. »Das ist wirklich sehr befreiend.«
Jay sah sein zukünftiges Ich ernsthaft an. »Ich platze fast und ich wünschte, das würde ich nicht. Wir haben einen Plan, um die Welt zu retten, Eddie.«
»Na klar habt ihr den«, meinte ich. »Hat den nicht jeder? Beinhaltet euer Plan zufällig, das ganze verdammte Universum in die Luft zu jagen?«
»Ah, nein«, sagte Jay. »Nicht so richtig.«
»Dann mag ich ihn jetzt schon«, erwiderte ich.
»Ach, sag du's ihm, Jacob«, meinte Jay. »Du weißt, dass du unbedingt willst und du wirst mir bloß ins Wort fallen, wenn ich es erzähle. Ich bin offenbar nach meinem Tod ziemlich unleidlich geworden.«
»Versuch du mal, ein paar Jahrhunderte mit dieser Familie rumzuhängen«, grummelte Jacob. »Sie bringen den Papst zum Fluchen und Tellerwerfen. Hör zu, Eddie, wir haben einen Weg gefunden, die Eindringlinge zu stoppen. Wir werden den Zeitzug benutzen.«
»Ihr habt erst angefangen, euren Plan zu beschreiben und schon hasse ich ihn«, meinte ich. »In der Zeit zurückzugehen, um in der Gegenwart Dinge ungeschehen zu machen, funktioniert nie. Nie, nie, nie. Es endet immer damit, dass man mehr Probleme hat, als man lösen wollte.«
»Reg dich ab, Eddie«, sagte Jay. »Dein Gesicht hat eine äußerst komische Farbe gekriegt und das kann wirklich nicht gut für dich sein.«
»Wir gehen nicht in der Zeit zurück, um die Eindringlinge aufzuhalten, bevor sie anfangen, Pläne gegen uns zu schmieden«, meinte Jacob geduldig. »Ich weiß genug über Zeitreisen, um zu wissen, dass das nicht funktionieren würde. Ich sehe schließlich fern. Nein, wir haben eine viel bessere Idee. Wir werden den Zeitzug benutzen, um uns in die Heimatdimension der Eindringlinge zu schleichen und sie aus einer Richtung zu attackieren, die sie nicht erwarten: Der Vergangenheit!«
»Wiederholt das bitte noch mal«, sagte ich. »Ich glaube, ihr habt mich an der letzten Ecke abgehängt.«
»Es ist wirklich sehr einfach«, meinte Jay.
»Nein, ist es nicht«, antwortete ich. »Keine Erklärung, die so anfängt, ist das.«
»Schau mal«, sagte Jacob und stieß mir mit einem erstaunlich soliden Finger in die Brust. »Die Eindringlinge kommen aus einer höheren Dimension als wir, richtig? Das heißt für sie, dass Zeit nur eine Dimension ist, die sie räumlich begreifen. Wir können also den Zeitzug benutzen, um in ihre Dimension einzudringen und ihre Heimatwelt aus der Vergangenheit angreifen! Sie werden uns gar nicht kommen sehen!«
»Sie werden ihre Heimatwelt sicher versteckt haben«, sagte Jay. »Entweder in einem Taschenuniversum oder einer Dimensionsfalte, völlig überzeugt, dass geringere Wesen aus einer niederen Dimension sie nicht finden können. Aber Jacob ist tot und ich lebe noch. Zusammen können wir Dinge sehen, die niemand sonst sehen kann.«
»Nur wir können hoffen, die Anstrengungen einer Zeitreise dieser Art zu überstehen. Denn wir sind dieselbe Person in zwei verschiedenen Stadien der Existenz. Wir werden das tun müssen, Eddie. Tony hat die Lok umgebaut, sodass sie Zeitenergien aufsaugen kann, während sie reist. Damit wir, wenn wir in der Heimatwelt der Eindringlinge ankommen, den Zug mit voller Geschwindigkeit reinfahren und alle Zeitenergien gleichzeitig loslassen können. Dieser ganze widerliche Ort wird wie ein Knallfrosch in einem Apfel explodieren!«
»Ende der Heimatwelt, Ende der Eindringlinge!«, sagte Jay.
»Ein interessanter Plan«, musste ich zugeben. »Auch wenn er meinem Verstand immer aus den Fingern gleitet, wenn ich ihn zu fassen versuche. Aber seid ihr sicher, dass ihr die Heimatwelt der Eindringlinge finden könnt?«
»Man kann vor den Toten nichts verstecken«, sagte Jacob. Er sah Molly an und dann mich, aber er sagte nichts.
»Du musst es uns versuchen lassen«, sagte Jay. »Denn so … so werde ich sterben. Jacob hat sich endlich erinnert. Es macht mir nichts aus, wirklich! Es ist ein guter Tod. Dem Feind ins Gesicht spucken und die Unschuldigen retten, für die Familie. Der Tod eines Droods.«
»Und das ist es auch, worauf ich die ganze Zeit gewartet habe«, sagte Jacob. »Das ist mein Ende, endlich. Keiner von euch könnte das tun. Nur ich, und ich. Jay stirbt, indem er unsere Feinde besiegt und endet irgendwie hier, in der Vergangenheit, als Familiengespenst, und wartet darauf, es wieder zu tun. Und ich … werde endlich weitergehen können, was auch immer dann kommt. Und ich freue mich schon darauf. Ich bin über die Jahrhunderte ekelhaft dünn geworden, und ich bin wirklich sehr müde.«
»Dann los«, sagte ich. »Der Zeitzug gehört euch.«
»Du musst die Eindringlinge allerdings beschäftigt halten und ablenken, damit sie nicht darüber nachdenken können, ob wir kommen oder nicht.«
»Ich denke, das kriegen wir hin«, meinte ich.
Martha überraschte mich, denn sie trat nun vor, um Jacob direkt anzusehen. »Geh mit Gott, Jacob«, sagte sie. »Ich werde dich vermissen.«
Er grinste schief. »Das wirst du dir sicher überlegen. Auf Wiedersehen, Ur-ur-ur-ur-Enkelin.« Er sah sich im Lageraum um. »Ihr alle seid meine Kinder, meine Abkömmlinge, und ich bin immer sehr stolz auf euch gewesen.«
Er und Jay drehten sich synchron um und schlenderten wieder in das Spiegelbild. Für einen Moment bewegten sie sich auf unheimliche Weise zwischen unseren Spiegelbildern, dann änderte sich das Abbild und zeigte die beiden, wie sie durch den alten Hangar hinter dem Herrenhaus gingen. Sie kletterten in das glänzend schwarze Führerhaus der Zeitlok und winkten Tony zum Abschied zu, der mit Tränen in den Augen zurückwinkte, weil er wusste, dass er seinen geliebten Ivor nie wiedersehen würde. Jacob bediente die Kontrollen mit professionellem Können, während Jay mit grimmiger, nervöser Energie kristallisierte Tachyonen in den Ofen schaufelte. Er fuhr in seinen Tod und er wusste es; und vielleicht war es auch nicht sehr hilfreich, zu wissen, dass er als Jacob zurückkommen würde.
Ivor ruckte plötzlich nach vorn. Der Zeitdruck erreichte einen Höhepunkt und Jacob zog am Hebeclass="underline" Der Zeitzug schob sich vorwärts und verschwand schnell in einer Richtung, der kein menschliches Auge folgen konnte. Dann waren sie weg.
Ich wartete einen Moment und sah mich dann um. Aber nichts hatte sich verändert. Also machte ich mit meinem eigenen Plan weiter. Was hätte ich auch sonst tun können?
Molly und U-Bahn Ute führten meine kleine Gruppe in eine verhältnismäßig stille Ecke des Lageraums, damit sie uns den Weg der Verdammnis erklären konnten. Sie waren sich in bestimmten Details nicht ganz einig und beinahe hätten sie sich wegen irgendwelcher obskuren Hinweise und Quellen in die Haare gekriegt, bis ich sie trennte, im Wesentlichen schienen sie aber übereinzustimmen. So begannen Sie also am Anfang an, von dem sich herausstellte, dass er noch gar nicht der Weg der Verdammnis war.
»Weißt du«, sagte U-Bahn Ute, »wenn du das alles verstehen willst, dann muss man mit dem Regenbogenweg anfangen.«
»Der Regenbogenweg ist nur ein Begriff oder eine Manifestation der alten Wilden Magie«, sagte Molly. »Ein Rennen gegen Zeit und Schicksal, um die Welt zu retten. Es ist nicht vielen gegeben, es zu versuchen, und noch weniger überleben es lange genug, um das erfolgreiche Ende der Mühen zu erleben. Ich kenne keinen, der es seit König Arthurs Zeiten auch nur versucht hätte. Aber es heißt, dass jeder, der den geheimen Weg gehen kann und dem Regenbogen bis zu seinem Ende folgt, genau das findet, was er sich von Herzen wünscht. Wenn er stark genug ist; im Herzen, in der Seele und im Willen.«