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»Ich habe dir vertraut!«, meinte Molly. »Ich habe für dich gebürgt!«

»Du hättest es wirklich besser wissen sollen«, sagte Mr. Stich. »Besonders die Verdammten müssen ihrer Natur treu bleiben. Wenn ich dächte, dass man mich töten kann, dann würde ich vielleicht wieder mitkommen, aber so, wie es sich jetzt verhält … Ich werde wieder in die Welt zurückgehen, und in ihr herumwandern und schreckliche Dinge tun. Weil ich das muss. Bis ich irgendwann etwas so Furchtbares tue, dass ihr einen Weg finden müsst, um mich zu zerstören. Lebt wohl, alle miteinander. Bis wir uns wiedersehen.«

Er verbeugte sich kurz, wandte sich um und ging fort. Wir ließen ihn gehen. Was hätten wir auch schon tun können?

»Wenigstens gibt es jetzt kein Manifestes Schicksal mehr«, sagte Harry nach einer Weile. »Truman ist tot, zusammen mit all seinen Leuten hier, und seine Basis ist zerstört. Zumindest ein Böser weniger in der Welt, um den man sich Sorgen machen muss.«

»Sei nicht so naiv, Harry«, sagte Molly müde. »Das Manifeste Schicksal ist eine Idee, eine Philosophie. Das wird es immer geben, in der einen oder anderen Form. Es wird immer die kleinen, verbitterten Leute geben, die bereit sind, einem charismatischen Führer zu folgen, der ihnen Frieden und Glück verspricht, um damit Gewalt und das Töten von Sündenböcken zu rechtfertigen.«

»Aber das muss uns heute nicht kümmern«, sagte ich fest. »Also los, lasst uns nach Hause gehen.«

Merlins Spiegel erschien plötzlich vor uns und öffnete sich in den Lageraum. Wir gingen der Reihe nach hindurch und schallender Applaus empfing uns. Jeder rief meinen und Mollys Namen. Der Waffenmeister wartete auf uns, um uns zu begrüßen.

»Wusste ich doch, dass ihr wiederkommt«, sagte er schroff. »Hab ich nie bezweifelt. Wie war es in der höheren Dimension? Wie sahen die Hungrigen Götter aus? Habt ihr mir ein paar interessante Souvenirs mitgebracht?«

»Hallo, Onkel Jack«, sagte ich. »Schön, wieder hier zu sein.«

Natürlich musste es eine große Feier geben. Die Familie ist schon immer groß in Zeremonien und Festivitäten gewesen. Also ging - nachdem Molly und ich direkt ins Bett gefallen waren und einmal rund um die Uhr geschlafen hatten -, das Gerücht um, dass wir im Ballsaal erwartet wurden. Wir warfen uns in unsere besten Klamotten und machten uns auf den Weg. Nur um festzustellen, dass wahrscheinlich die ganze, verdammte Familie sich an einem Ort versammelt hatte und tanzte, trank und sich den Bauch vollschlug vor lauter Freude darüber, dass die Welt doch nicht untergegangen war. Es sah so aus, als hätten sie das schon eine ganze Zeit getan. Der Lärm war ohrenbetäubend. Seltsam hatte sein rosiges Leuchten oben an der hohen Decke angebracht und übertrug Tanzmusik aus dem Nichts. Die Leute tanzten wie verrückt, tranken großzügig und schwatzten laut miteinander, während sie die riesige Menge Essen vertilgten, das auf den Büffettischen an den vier Wänden aufgetischt war.

Erst wurde alles still, als wir hereinkamen. Dann drehte sich jeder zu uns um, um uns zuzujubeln, klatschte in die Hände und trampelte mit den Füßen, und geriet bei unserem Anblick völlig aus dem Häuschen. Die schiere Lautstärke und das Gefühl waren so überwältigend, dass ich tatsächlich rot anlief. Ich nickte steif, lächelte und winkte zögerlich. Molly lächelte süß und badete in all dem. Ihr war noch nie in ihrem Leben etwas peinlich gewesen.

Wir bahnten uns unseren Weg in den Ballsaal und jeder begann sofort wieder damit zu tanzen, zu trinken und zu essen. Wir sind schon immer eine sehr pragmatische Familie gewesen. Die Matriarchin hatte Molly und mich zu Ehrengästen ernannt, mit Reden und Präsentationen und all dem, aber ich hatte mein Veto eingelegt. Das war eine Feier von der Familie für die Familie. Wir hatten alle etwas dazu beigetragen. Wir alle hatten unsere Pflicht getan.

Molly und ich wanderten einen Büffettisch entlang und versuchten etwas von diesem und jenem. Das meiste Essen im Angebot waren die bekannten Partysnacks im Familienstil. Molly liebte die mit Pastete gefüllten Babymäuse auf Cocktailspießchen, ich hielt mich lieber an den jungen Oktopus an Kaviar. Es gab Lemming-Mousse, Teufelshirn in Schwefelsoße und jede Menge gerösteten Schwan. Wir mögen es nicht, wenn der See zu bevölkert ist. Ihre Majestät die Königin hat uns eine Sondergenehmigung gegeben, Schwan essen zu dürfen. Als ob uns das interessiert hätte.

Ich war immer noch müde trotz der vielen Stunden tiefen und traumlosen Schlafs. Selbst Molly fehlte noch das gewisse Etwas. Also schlenderten wir einfach ein wenig herum, sagten den Leuten Hallo und schüttelten Hände. Wir gestatteten uns, auf die Schulter geklopft zu werden, und ließen einfach alle erzählen, wie großartig sie uns fanden. Bekannte Gesichter tauchten hier und da auf. Die Bibliothekare William und Rafe nickten uns kurz im Vorbeigehen zu, zeigten aber sonst die feste Absicht, alles auf dem Büffettisch zu vertilgen, was nicht selbst von seinem Teller wegrennen konnte. Harry und Roger segelten vorbei, sie drehten sich zu den Klängen eines Strauß-Walzers. Sie sahen wirklich schneidig aus. Der junge Freddie Drood tanzte mit der Matriarchin, die beiden schwebten glatt und graziös über den Boden und für einen Moment konnte ich erahnen, was für eine prachtvolle Frau Martha in ihren besten Jahren gewesen sein musste.

Callan humpelte zu uns herüber, in einer Hand einen großen Drink und eine noch größere Hähnchenkeule in der anderen. »Hallo, ihr beiden! Willkommen zurück! Was sollte das, zu glauben, dass ihr die Welt ohne mich retten könnt! Ich bin in einem Krankenhausbett aufgewacht und musste mir mit einer Bettpfanne und einer Krücke den Weg frei prügeln. Nur um zu sehen, dass ihr schon weg wart! Ich verpasse immer das Beste.«

»Vielleicht das nächste Mal«, sagte Molly freundlich. »Hast du auf der Krankenstation Janitscharen Jane getroffen?«

»Oh, aber sicher. Sie erholt sich. Langsam. Eine zähe alte Braut.« Callan holte tief Luft und sah plötzlich kleinlaut aus. »Eine ganze Menge anderer haben es nicht geschafft. Allein die Beerdigungen werden Wochen dauern. Die Familie wird eine lange Zeit brauchen, um darüber wegzukommen.«

»Umso wichtiger ist es, dass gute Leute nach vorne treten und den Staffelstab übernehmen«, sagte ich. »Ich habe schon mit der Matriarchin darüber gesprochen, dich zu einem vollen Frontagenten zu machen.«

Callan grinste. »Wurde auch Zeit. Ich werde euch allen zeigen, wie man das macht.«

Und weg war er, um seine Persönlichkeit irgendwo anders glänzen zu lassen.

Der Waffenmeister schlenderte vorbei. Er hielt eines seiner speziellen langstieligen Gläser, die er extra entworfen hatte, um nie auch nur einen Tropfen zu verschütten, egal, was man damit tat. Sah man auf die Weinflecken, die überall auf seinem Laborkittel zu sehen waren, war Version 15 nicht erfolgreicher als die Vorgängermodelle. Der Waffenmeister lächelte Molly und mir schwach zu, dann erinnerte er sich, warum er zu uns herübergekommen war und brachte uns schnell auf den neuesten Stand der Dinge. Er hatte noch nie viel für Small Talk übrig gehabt.

»Dass die Hungrigen Götter tot waren, wussten wir in dem Moment, in dem es passiert ist, denn jede Drohne in jedem Nest auf der ganzen Welt starb oder verschwand exakt im gleichen Moment. Sie verschwanden sogar aus dem Inneren der armen besessenen Seelen, die wir in den Isolationszellen festgehalten haben. Alle Spuren der Infektion waren weg, einfach so. Die meisten der armen Teufel leiden immer noch unter den inneren Veränderungen und sogar Hirnschäden, aber die Mediziner können viel tun. Wenn nicht - nun ja, die Familie wird für sie bis zu dem Tag sorgen, an dem sie sterben, wenn es sein muss. Das Wichtigste ist, dass nicht ein Abscheulicher auf der weiten Welt mehr existiert! Da habt ihr beiden verdammt viel erreicht!«