»Raus hier!«, sagte ich kalt zu den beiden Piloten.
Sie stießen die Cockpittüren auf und sprangen. Ich konnte es ihnen nicht verübeln; alle Ausbildung der Welt kann einen nicht darauf vorbereiten, einem Drood-Frontagenten in seiner Rüstung entgegenzutreten.
Der Hubschrauber krachte auf die Straße, rutschte weiter und warf Rauch und Funken in die Luft. Ich ritt auf ihm über den Asphalt und wartete, bis er endlich mit kreischenden Kufen zum Stehen kam. Dann stieg ich gelassen von dem zertrümmerten Cockpit herunter. An manchen Tagen ist es gut, ein Agent zu sein. Molly kam zu mir herübergeschlendert.
»Angeber!«
Ich schaute mich in der Straße um. Die meisten gepanzerten Männer lagen am Boden, verletzt oder eingeschüchtert oder bewegungslos. Die wenigen, die sich noch auf den Füßen hielten, hatten die Waffen weggeworfen und standen mit hinter den Helmen verschränkten Händen da. Fast hätten sie mir leid tun können: Sie meinten, sie kämen, um einen unbewaffneten Frontagenten und dessen Freundin zu verhaften; und wahrscheinlich hatten sie geglaubt, die Größe der Operation sei bloß typischer militärischer Overkill. Der Wind, den Molly heraufbeschworen hatte, legte sich allmählich, blies aber immer noch wütende kleine Böen hierhin und dorthin, als sei er verärgert darüber, gegen seinen Willen gestört worden zu sein. Hier und da brannten Feuer die Straße hoch und runter, und von den Trümmern der beiden Helikopter stieg in Ringen dichter, schwarzer Rauch hoch.
Alpha kam langsam nach vorn, Megaphon und Waffe hatte er aufgegeben. Genau vor mir blieb er stehen, und zu seiner Ehre musste man zugeben, dass er zwar besiegt, aber nicht geschlagen aussah. Er nahm den Helm ab, und als ich das Gesicht mittleren Alters erkannte, wurden mir auf einmal eine ganze Menge Dinge klar. Ich schickte meine Rüstung wieder in den Torques zurück, sodass er auch meins sehen konnte.
»Philip MacAlpine!«, sagte ich. »Dachte ich's mir doch, dass mir die Stimme bekannt vorkommt. Früher wären Sie zu vernünftig gewesen, um sich in eine Desaster-Operation wie diese hier hineinziehen zu lassen.«
»Du kennst diesen Widerling?«, fragte Molly.
»Er ist beim MI5, britischer Inlandsgeheimdienst«, klärte ich sie auf. »Oder wenigstens war er das immer. Hat in den guten alten Tagen mit Onkel James an vielen Fällen gearbeitet. Ich habe ihn oft im Herrenhaus gesehen, als ich noch ein Kind war.«
»Bitte!«, sagte MacAlpine. »Sie geben mir das Gefühl, alt zu sein.«
»Was machen Sie hier draußen im Feld, Phil?«, fragte ich. »Und wann sind Sie Soldat beim Manifesten Schicksal geworden?«
MacAlpine schüttelte schnell den Kopf. »Ich habe nichts mit Trumans Privatarmee zu tun! Das hier ist eine MI5-Operation - wenn sie es auch, genau genommen, offiziell natürlich nicht ist. Das hier läuft unter DDT.«
Molly sah mich an. »Schädlingsbekämpfung?«
»Department für Dreckige Tricks«, klärte ich sie auf. »Ministerien innerhalb von Ministerien, die offiziell nicht existieren. Sorgt für maximale Bestreitbarkeit. Wer hat das angeordnet, Phil?«
Er lächelte kurz und zuckte die Schulter. »Sie wissen, dass ich Ihnen darauf keine Antwort geben kann, Eddie.«
»Molly«, sagte ich ruhig, »willst du ihn in etwas Kooperativeres verwandeln?«
»Das Ganze war die Idee des Premierministers«, sagte MacAlpine rasch. »Er wollte, dass wir feststellen, ob die Droods wirklich so verwundbar sind, wie unser Geheimdienst behauptet. Damit wir es ausnutzen könnten, solange ihr noch schwach wärt.« Er sah auf die Trümmer und Leichen rings um ihn. »So viele gute Männer, verletzt und tot. Früher waren Sie nicht so bösartig, Eddie.«
»Ich töte nur, wenn ich muss«, erwiderte ich. »Das wissen Sie.«
MacAlpine blickte mich mit undurchdringlicher Miene an. »Ich weiß gar nichts mehr über Sie, Eddie.«
»Die Politiker werden unruhig«, sagte ich zu Molly. »Ich nehme an, etwas wie das hier war unvermeidlich, als die Neuigkeit erst einmal die Runde machte. Nur zu gern würden die Politiker einmal einen Drood in die Finger kriegen und ein paar richtige Geheimnisse aus ihm herausquetschen. Wir sollten besser wieder zurück ins Herrenhaus; mal sehen, was sonst noch so vor sich geht.« Ich schaute wieder MacAlpine an. »Ich bin überrascht, Sie hier zu sehen, Phil. Das Letzte, was ich gehört habe, war, dass man Sie wegen übertriebener Gewaltanwendung aus den Special Operations hinausgeworfen hat.«
»Seien Sie nicht albern, Eddie!«, entgegnete er. »So kommen die meisten von uns hinein! Sie müssen übrigens wissen - das hier wird nicht hier enden. Der Premierminister hat sich über die Jahre hinweg zu viel Scheiße von den Droods gefallen lassen müssen, um jetzt, wo er eine Gelegenheit sieht, nicht zurückzuschlagen. Sämtliche unserer Agenten werden gegenwärtig hereingerufen, um einen Präventivschlag gegen Ihre Familie vorzubereiten - sogar die alten Dreckskerle wie ich. Alle Sünden vergeben, wenn auch nicht vergessen. Und es werden nicht nur wir sein: Von jetzt an wird euch die ganze Welt an der Gurgel hängen!«
Ich betrachtete ihn nachdenklich. »Wie habt ihr eigentlich herausgefunden, dass die Droods ihre goldene Rüstung nicht mehr haben?«
»Seien Sie doch nicht so naiv, Eddie! Wir haben ein ganzes Ministerium, das ausschließlich damit befasst ist, jeden Schritt zu analysieren, den Ihre Familie unternimmt. Aus der ganzen Welt sind Berichte über Drood-Frontagenten hereingekommen, die ihren Posten plötzlich verlassen haben und auf schnellstmöglichem Wege heimgerannt sind. Wir wissen, dass etwas Einschneidendes in der Familie passiert ist, Eddie. Ihr könnt nicht hoffen, es lange geheim zu halten. Wir werden es herausfinden.«
»Sie würden es mir nicht glauben, wenn ich es Ihnen sagte«, erwiderte ich.
MacAlpine zuckte die Achsel und fing an, sich umzudrehen, dann sah er wieder zurück. »Ist es wahr? Das mit James?«
»Ja«, sagte ich. »Er ist tot.«
Langsam nickte MacAlpine. »Der alte Graue Fuchs ist nicht mehr. Ich dachte, er würde uns alle überleben. Wie ist es passiert?«
»Tut mir leid«, sagte ich. »Familienangelegenheit. Und jetzt sagen Sie dem Premierminister, er soll die Füße stillhalten! Erzählen Sie ihm, was hier geschehen ist. Erzählen Sie ihm von der silbernen Rüstung. Und erzählen Sie ihm, dass die Familie nicht schwach ist! Nur … in der Neuordnung begriffen.«
»Ohne Zweifel darf er mit einem Anruf der Matriarchin rechnen?«, fragte MacAlpine.
»Irgendwann einmal«, sagte ich. »Molly und ich gehen jetzt. Sie und Ihre Leute können hierbleiben und die Sauerei aufräumen, bevor Sie verschwinden. Wir sollen geheime Kriege führen, nicht unschuldige Zivilisten in Gefahr bringen! Was haben Sie sich dabei gedacht?«
»Ich habe es Ihnen vorhin schon gesagt«, entgegnete MacAlpine. »Wir leben inzwischen in einer anderen Welt. Alle alten Regeln haben sich geändert - dank Ihnen.«