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»Du weißt nicht, wie sie es aufgenommen hat? Hat er nichts davon erzählt?«

Woodford sprach immer etwas lauter, als nötig gewesen wäre, wie es die Art von Männern ist, die sich stets gegen ihre Frau durchzusetzen versuchen müssen.

»Ich habe wirklich keine Ahnung. Soviel ich weiß, war er allein bei ihr. Leclerc behält solche Sachen lieber für sich.«

»Ich dachte, daß er vielleicht mit dir.« Haldane schüttelte den Kopf. »Nur mit Avery«, murmelte er.

»Ist eine große Sache, das, nicht wahr, Adrian - oder könnte es sein?«

»Könnte sein. Wir werden schon sehen«, sagte Haldane sanft. Er war zu Woodford nicht immer unfreundlich.

»Gibt's sonst was Neues an der Taylor-Front?« wollte Woodford wissen.

»Der Luftwaffen-Attache in Helsinki hat Lansen ausfindig gemacht. Er bestätigt, daß er Taylor den Film ausgehändigt hat. Die Russen hatten ihn offenbar über Kalkstadt abgefangen. Zwei MIGs. Sie haben ihn umkreist, dann aber freigelassen.«

»Gott«, sagte Woodford benommen, »das entscheidet die Sache.«

»Das entscheidet gar nichts. Es entspricht dem, was wir schon wissen. Wenn sie das Gebiet für gesperrt erklären, weshalb sollten sie es dann nicht auch überwachen? Vielleicht haben sie es nur wegen eines Manövers gesperrt, wegen irgendwelcher Flugabwehrübungen. Weshalb haben sie Lansen nicht zur Landung gezwungen? Nichts von all dem berechtigt zu irgendwelchen Schlußfolgerungen.« Leclerc stand in der Tür. Das frische Hemd hatte er für den Minister, den schwarzen Schlips für Taylor angelegt.

»Ich bin mit einem Wagen gekommen«, sagte er. »Man hat uns einen aus dem Wagenpark des Ministeriums für unbegrenzte Zeit zur Verfügung gestellt. Der Minister war ziemlich erstaunt, als er hörte, daß wir kein Fahrzeug haben. Es ist ein Humber mit Chauffeur, wie der von Control. Man sagte mir, der Fahrer sei vertrauenswürdig.« Er sah Haldane an. »Ich habe mich entschlossen, eine Sonderabteilung zu bilden, Adrian. Ich möchte, daß du ihre Leitung übernimmst. Sandford soll solange deine Abteilung übernehmen. Die Abwechslung wird ihm guttun.« Plötzlich verzog sich sein Gesicht zu einem Lächeln, als könne er die Befriedigung nicht länger unterdrücken. Er war sehr erregt. »Wir werden einen Mann hineinschicken. Der Minister hat die Zustimmung gegeben. Wir fangen sofort mit der Arbeit an. Als erstes möchte ich morgen früh die Abteilungsleiter sehen. Dir, Adrian, werde ich Woodford und Avery zuteilen. Du, Bruce, setzt dich bitte mit den Jungens von unserer alten Ausbildergruppe in Verbindung. Das Ministerium wird für den vorübergehend zu bildenden Stab DreimonatsVerträge ausstellen. Natürlich ohne zusätzliche Verpflichtungen zu übernehmen. Das Ausbildungsprogramm wie üblich: Morsen, Waffentraining, Verschlüsseln, Beobachten, unbewaffneten Nahkampf und Tarnung. Wir werden ein Haus brauchen, Adrian. Vielleicht kann sich Avery nach seiner Rückkehr darum kümmern. Ich werde mich wegen der nötigen Dokumente an Control wenden. Unsere Fälscher sind ja alle zu ihm hinübergegangen. Wir werden Karten vom genauen Grenzverlauf im Gebiet von Lübeck brauchen, Flüchtlingsberichte, genaue Angaben über Minenfelder und andere Hindernisse.« Er sah auf seine Uhr. »Wollen wir uns nicht darüber unterhalten, Adrian?«

Haldane sagte: »Eine Frage: Wieviel weiß das Rondell über diese Sache?«

»Das, was wir ihnen erzählen wollen. Warum?«

»Man weiß, daß Taylor tot ist. Es hat in ganz Whitehall die Runde gemacht.«

»Möglich.«

»Man weiß, daß Avery in Finnland einen Film holen soll. Es könnte durchaus sein, daß ihnen der Bericht der zentralen Flugsicherung über Lansens Maschine aufgefallen ist. Sie haben dort eine besondere Art, Dinge zu bemerken.«

»Na und?«

»Also hängt's nicht davon ab, wieviel wir ihnen erzählen wollen, oder?«

»Du wirst zur morgigen Konferenz kommen?« fragte Leclerc etwas pathetisch.

»Ich glaube, das Wesentliche deiner Anweisungen verstanden zu haben. Wenn du nichts dagegen hast, würde ich gerne noch ein paar Erkundigungen einziehen. Noch heute abend und vielleicht morgen vormittag.«

Etwas verwirrt sagte Leclerc: »Großartig. Können wir dir irgendwie helfen?«

»Vielleicht dürfte ich deinen Wagen für eine Stunde benützen?«

»Selbstverständlich. Ich möchte, daß wir ihn alle benützen - zu unserem gemeinsamen Nutzen. - Und das ist für dich, Adrian.« Er gab ihm eine grüne Karte, die in einem Zellophanumschlag steckte. »Der Minister hat sie eigenhändig unterschrieben.« Er deutete damit an, daß es in der Unterschrift eines Ministers wie beim Segen des Papstes Unterschiede im Grad der Authentizität gäbe. »Du wirst es also machen, Adrian? Du übernimmst den Job?« Haldane schien ihn nicht gehört zu haben. Er hatte die Akte wieder aufgeschlagen und betrachtete neugierig das Bild eines polnischen Jungen, der vor zwanzig Jahren gegen die Deutschen gekämpft hatte. Es war ein junges, entschlossenes Gesicht, ohne Humor. Sein Besitzer schien sich nicht so sehr um das Leben, sondern mehr um das Überleben Sorgen zu machen. Leclerc rief mit plötzlicher Erleichterung: »Adrian, du leistest den zweiten Schwur?« Haldane lächelte widerstrebend, als habe ihn die Phrase an etwas erinnert, das er schon längst vergessen hatte. »Er scheint das Talent zum Überleben zu besitzen«, sagte er schließlich, indem er auf die Akte wies. »Der Mann ist nicht so leicht umzubringen.« Sutherland begann mit den Worten: »Als nächster Verwandter haben Sie das Recht, Ihre Wünsche über das weitere Verfahren mit der Leiche Ihre Bruders bekanntzugeben.«

»Ja.«

Das Haus Sutherlands war klein und hatte ein breites Doppelfenster, in dem Topfpflanzen standen. Sie waren das einzige Merkmal, das dieses Haus von seinen Vorbildern in der Wohngegend um Aberdeen unterschied. Während sie von der Gartentür auf das Haus zugingen, bemerkte Avery hinter dem Fenster eine Frau mittleren Alters. Sie trug eine Schürze und staubte gerade irgend etwas ab.

»Mein Büro ist auf der Rückseite«, sagte Sutherland, als wollte er damit festhalten, daß nicht das ganze Haus dem reinen Luxus geweiht sei. »Ich schlage vor, daß wir jetzt die restlichen Details besprechen. Ich möchte Sie nicht lange aufhalten.« Damit bedeutete er Avery, daß er keine Einladung zum Abendessen zu erwarten hätte. »Wie wollen Sie ihn nach England zurückbringen?«

Sie saßen einander an Sutherlands Schreibtisch gegenüber. Hinter dem Kopf des Konsuls hing das Aquarell einer bläulichvioletten Hügellandschaft, die sich in einem schottischen See spiegelte. »Ich hätte gern, daß er mit dem Flugzeug zurückgebracht würde.«

»Sie wissen, daß das ein teurer Spaß ist?«

»Ich hätte ihn dennoch gerne mit dem Flugzeug zurückgebracht.«

»Für die Beerdigung?«

»Natürlich!«

»Das ist keineswegs natürlich«, entgegnete Sutherland spitz. »Wenn Sie Ihren Bruder« - er sprach diese Verwandtschaftsbezeichnung jetzt gleichsam in Anführungszeichen aus, aber er würde das Spiel bis zum Ende mitmachen - »einäschern ließen, würden ganz andere Transportbestimmungen in Anwendung kommen.«

»Ich verstehe. Verzeihung.«

»Es gibt in der Stadt ein Beerdigungsinstitut, Barford & Company. Einer der Teilhaber ist Engländer, mit einer Schwedin verheiratet. Es gibt eine ziemlich große schwedische Minderheit hier. Wir tun unser Bestes zur Unterstützung der britischen Kolonie. Unter den gegebenen Umständen wäre es wohl das beste, wenn Sie so schnell als möglich nach London zurückkehrten. Ich nehme an, daß Sie mich bevollmächtigen, Barford den Auftrag zu geben.«

»In Ordnung.«

»Sobald er den Leichnam übernommen hat, werde ich ihm den Paß Ihres Bruders aushändigen. Er wird sich ein ärztliches Attest über die Todesursache beschaffen müssen. Ich werde ihn mit Peersen in Verbindung bringen.«