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»Hör zu«, sagte er, »es ist alles in Ordnung. Ich werde mich jetzt darum kümmern.«

»Ich habe ihnen von Taylor erzählt; ich mußte es.«

»Sarah!«

»Was hätte ich denn machen sollen? Sie hielten mich für eine Verbrecherin oder sonst was. Sie glaubten mir nicht, John! Sie fragten, wie man dich erreichen könne. Darauf mußte ich ihnen sagen, ich wüßte es nicht. Ich wußte ja nicht einmal, in welches Land oder mit welchem Flugzeug du geflogen bist. Ich war krank, John, ich fühlte mich elend, ich hatte diese verfluchte Grippe und vergessen, die Pillen zu nehmen. Sie kamen mitten in der Nacht, zu zweit, John. Warum sind sie in der Nacht gekommen?«

»Was hast du ihnen gesagt? Verdammt noch mal, Sarah, was hast du ihnen noch erzählt?«

»Fluch nicht! Wenn hier jemand das Recht dazu hat, dann bin ich es, und zwar auf dich und deine widerliche Organisation. Ich sagte, du machst irgend etwas Geheimes; du seist im Auftrag der Organisation verreist - John -, nicht einmal den Namen der Organisation weiß ich -, daß du durch einen Anruf mitten in der Nacht weggerufen worden seist. Ich sagte, es handelte sich um einen Kurier namens Taylor.«

»Du bist wahnsinnig«, schrie Avery, »du bist völlig wahnsinnig. Ich habe dir gesagt, du darfst niemals etwas sagen!«

»Aber John, das waren Polizisten! Das kann doch nichts ausmachen, wenn man es ihnen sagt!« Sie weinte, er konnte es hören. »John, bitte komm nach Hause. Ich habe solche Angst. Du mußt aus dieser Sache aussteigen, wieder in einen Verlag gehen. Es ist mir einerlei, was du tust, aber.«

»Ich kann nicht. Es ist furchtbar wichtig. Wichtiger, als du möglicherweise verstehen kannst. Es tut mir leid, Sarah, ich kann jetzt nicht vom Büro fort.« Ärgerlich, wie er war, fiel ihm eine nützliche Lüge ein: »Du hast womöglich alles zerstört!« Darauf folgte eine lange Stille.

»Sarah, ich muß diese Geschichte klären. Ich werde dich später anrufen.«

Als sie endlich antwortete, bemerkte er in ihrer Stimme die gleiche tonlose Resignation, mit der sie ihn seine Sachen packen geschickt hatte. »Du hast das Scheckheft mitgenommen. Ich habe kein Geld.« Er sagte ihr, er werde es ihr schicken. »Wir haben ein Auto«, fügte er hinzu, »mit Chauffeur, eigens für diese Sache.« Bevor er auflegte, hörte er sie sagen: »Ich dachte, ihr habt Autos in Mengen.« Er lief zu Leclerc hinüber, der mit Haldane - dessen Mantel noch naß vom Regen war - hinter seinem Schreibtisch stand. Die beiden waren über eine Akte gebeugt, deren Seiten vergilbt und zerrissen waren. »Taylors Leiche!« schrie er. »Sie ist auf dem Londoner Flughafen. Ihr habt alles durcheinandergebracht. Sie haben sich Sarah vorgenommen. Mitten in der Nacht!«

»Warten Sie!« Es war Haldane, der wütend sagte: »Sie haben kein Recht, einfach hier hereinzustürmen. Warten Sie!« Er mochte Avery nicht. Er vertiefte sich wieder in die Akte, ohne Avery zu beachten. »Keineswegs«, murmelte er dann. Zu Leclerc sagte er: »Das ist schon ein gewisser Erfolg Woodfords, wie ich sehe. Nahkampf ist in Ordnung. Er hat von einem Funker gehört, einem der besten. Ich erinnere mich an ihn. Die Garage heißt >Herzkönig<, ein offenbar glänzendes Unternehmen. Wir haben bei der Bank Erkundigungen eingezogen. Sie waren dort ziemlich, wenn nicht sogar sehr hilfsbereit. Er ist ledig. Scheint ein Weiberheld zu sein- die übliche polnische Art eben. Keine politischen Interessen, keine nennenswerten Hobbys, keine Schulden, keine Beschwerden. Scheint sozusagen ein Niemand zu sein. Es heißt, er sei ein guter Mechaniker. Was den Charakter anbelangt.« Er zuckte mit den Schultern. »Was weiß man schon von anderen Menschen?«

»Aber was haben sie dir erzählt? Mein Gott, man kann doch nicht fünfzehn Jahre in einer Gegend leben, ohne irgendeinen Eindruck zu hinterlassen. Es gab da einen Lebensmittelhändler, oder nicht - Smethwick? -, bei dem wohnte er nach dem Krieg.« Haldane gestattete sich ein Lächeln. »Sie sagten, er sei ein guter Arbeiter gewesen und sehr höflich. Jeder sagt, er sei höflich. Sie erinnern sich nur an eines: daß er in ihrem Hinterhof mit Leidenschaft einen Tennisball herumschlug.«

»Hast du dir die Garage angesehen?«

»Gewiß nicht. Ich bin ihr nicht in die Nähe gekommen. Ich schlage vor, ihn heute abend aufzusuchen. Ich sehe keine andere Möglichkeit. Schließlich steht der Mann seit zwanzig Jahren in unserer Kartei.«

»Gibt es nichts sonst, was du erfahren konntest?«

»Das müßten wir über das Rondell machen.«

»Dann laß Avery die Einzelheiten herausfinden.« Leclerc schien die Anwesenheit Averys vergessen zu haben. »Was das Rondell anbelangt - das werde ich persönlich erledigen.« Sein Interesse wurde von einer neuen Landkarte an der Wand gefesselt, einem Stadtplan von Kalkstadt, der die Kirche und den Bahnhof zeigte. Daneben hing eine ältere Karte von Osteuropa. Raketenbasen, deren Existenz bereits eindeutig erwiesen war, waren hier in ein System mit der südlich von Rostock gelegenen mutmaßlichen Basis gebracht. Durch dünne, zwischen Stecknadeln gespannte Wollfäden waren Nachschubwege, Befehlsinstanzen und bewaffnete Stützpunkte miteinander verbunden. Einige dieser Fäden führten nach Kalkstadt. »Gut, nicht wahr? Sandford hat sie gestern nacht abgesteckt«, sagte Leclerc. »Solche Sachen macht er wirklich recht gut.«

Auf seinem Schreibtisch lag ein weißhölzerner Zeigestab wie eine Riesennadel, durch die eine rosa Schleife gezogen war. Er hatte ein neues Telefon, grün und schicker als Averys, mit der Aufschrift >Vorsicht! Feind hört mit!< Haldane und Leclerc studierten eine Weile die Karte, wobei sie manchmal in die Mappe mit Telegrammen schauten, die Leclerc wie ein Chorknabe sein Psalmenbuch offen in beiden Händen hielt. Endlich wandte er sich zu Avery und sagte: »Also, was ist, John?« Jetzt warteten sie, daß er sprach. Er fühlte, wie sein Zorn verebbte, obwohl er ihn gerne noch länger ausgekostet hätte. Er wollte entrüstet herausschreien: »Wie können Sie es wagen, meine Frau hineinzuziehen?« Er Wollte die Beherrschung verlieren, aber er konnte es nicht. Sein Blick war auf die Karte geheftet. »Also?«

»Die Polizei war bei Sarah. Sie weckten sie mitten in der Nacht. Zwei Mann. Ihre Mutter war bei ihr. Sie kamen wegen der Leiche auf dem Flughafen, wegen Taylors Leiche. Sie wußten, daß der Paß falsch war und glaubten, sie habe mit der Sache zu tun.« Dann wiederholte er lahm: »Sie haben sie aufgeweckt!«

»Wir wissen davon. Die Sache ist bereits geklärt. Ich wollte es Ihnen schon sagen, aber Sie ließen mich nicht dazu kommen. Die Leiche ist freigegeben worden.«

»Es war nicht in Ordnung, Sarah da hineinzuziehen.« Haldane hob schnell den Kopf: »Was wollen Sie damit sagen?«

»Diese Sache gehört nicht in unseren Aufgabenbereich.« Es klang sehr frech. »Wir sollten die Finger davon lassen. Wir sollten sie dem Rondell übergeben. Smiley oder irgend jemand - das sind die zuständigen Leute, nicht wir.« Er fuhr mühsam fort. »Ich glaube diesem Bericht nicht. Ich glaube nicht, daß er wahr ist! Es würde mich nicht wundern, wenn dieser Flüchtling überhaupt nicht existierte, wenn Gorton die ganze Angelegenheit erfunden hätte. Ich glaube nicht, daß Taylor ermordet worden ist!«

»Ist das alles?« fragte Haldane. Er war sehr böse.

»Damit möchte ich nicht weiter zu tun haben. Mit der Operation, meine ich. Es ist nicht in Ordnung.« Er sah auf die Karte und dann zu Haldane. Er lachte etwas dümmlich. »Während ich die ganze Zeit einen toten Mann gejagt habe, waren Sie hinter einem lebenden her! Das ist leicht hier, in der Traumfabrik... aber draußen leben Menschen, wirkliche Menschen!« Leclerc berührte Haldane sanft am Arm, als wolle er damit sagen, laß, ich werd' das schon in Ordnung bringen. Er schien nicht beunruhigt. Er schien fast dankbar zu sein, Symptome zu erkennen, die er schon früher diagnostiziert hatte. »Gehen Sie in Ihr Zimmer, John, Sie sind übermüdet.«