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Er ging wieder zum Lehnstuhl zurück, während sein Blick auf den Koffer geheftet blieb. Dann saß er steif und schlaflos im Sessel, wie ein Mann auf Totenwache.

Er kam zu spät zum Frühstück. Haldane sagte: »Sie verbringen den ganzen Tag mit Johnson. Vormittag und Nachmittag.«

»Kein Spaziergang?«

Avery war damit beschäftigt, sein Ei aufzuklopfen. »Vielleicht morgen. Von jetzt an sind wir im technischen Training, Spaziergänge stehen leider an zweiter Stelle.«

Control verbrachte die Montagabende recht oft in London, weil er behauptete, das sei der einzige Tag, an dem er in seinem Klub einen Stuhl bekommen könne. Smiley hatte den Verdacht, daß er nur nicht bei seiner Frau bleiben wollte.

»In der Blackfriars Road sprießen die Blumen, wie ich höre«, sagte er. »Leclerc soll in einem Rolls Royce durch die Gegend fahren.«

»Es ist ein ganz gewöhnlicher Humber«, entgegnete Smiley. »Aus dem Fuhrpark des Ministeriums.«

»Daher stammt er?« fragte Control mit hochgezogenen Brauen. »Ist das nicht lustig? Die Black Friars fahren nicht schlecht.«

 

14. Kapitel

 

»Sie kennen also das Gerät?« fragte Johnson. »Die B2.«

»O. K. Offizielle Bezeichnung: Type drei, Marke zwei; wird mit Wechselstrom oder einer 6-Volt-Autobatterie betrieben, aber Sie werden den Netzanschluß verwenden, nicht wahr? Man hat festgestellt, daß Sie dort Wechselstrom haben werden. Ihr Verbrauch ist 57 Watt beim Senden und 25 bei Empfang. Also, falls Sie irgendwohin verschlagen werden, wo es nur Gleichstrom gibt, werden Sie sich wohl eine Batterie leihen müssen, was?« Leiser lachte nicht.

»Ihr Netzkabel ist mit Steckern versehen, die in alle europäischen Steckdosen passen.«

»Ich weiß.« Leiser sah Johnson zu, wie er das Gerät einsatzbereit machte. Zuerst verband er Sender und Empfänger durch einen Stecker mit Transformator und Gleichrichter, die in einem eigenen Gehäuse montiert waren. Er verschraubte die Kabelanschlüsse. Nachdem er das Gerät ans Netz angeschlossen und eingeschaltet hatte, stöpselte er das Kabel der winzigen Morsetaste in die Buchsen am Sender und das der Kopfhörer in die des Empfängers. »Das ist eine kleinere Taste als die, die wir im Krieg hatten«, wandte Leiser ein. »Ich hab' sie vergangene Nacht ausprobiert. Meine Finger rutschten dauernd ab.«

Johnson schüttelte den Kopf.

»Tut mir leid, Fred, es ist genau die gleiche.« Er zwinkerte ihm zu. »Vielleicht ist Ihr Finger gewachsen.«

»Schon gut. Nur weiter.«

Johnson zog aus der Zubehörschachtel eine aufgerollte Litze mit Plastikisolierung und befestigte eines ihrer Enden am Antennenausgang. »Die meisten Ihrer Kristalle liegen im Drei-Megahertz-Bereich, so daß Sie Ihre Spule nicht zu wechseln brauchen. Verlegen Sie die Antenne hübsch gespannt, Fred - und nichts mehr kann schiefgehen. Besonders nicht bei Nacht. Jetzt auf die Abstimmung achten: Sie haben Antenne, Erde, Taste, Kopfhörer und Energiequellen hübsch angeschlossen, jetzt schauen Sie auf Ihren Sendeplan und stellen fest, auf welcher Frequenz Sie heute sind, dann suchen Sie den entsprechenden Kristall heraus, klar?« Er hielt eine kleine Kapsel aus schwarzem Bakelit hoch und steckte sie dann mit den aus ihr herausragenden Drahtstiften in den passenden Sockel des Senders. »Die männlichen Teile schön in die Wallalas einführen, sehen Sie, so! Soweit alles klar, Fred? Mache ich zu rasch für Sie?«

»Ich schau schon zu. Fragen Sie nicht dauernd.«

»Jetzt die Kristall-Wahlscheibe auf >alle Kristalle< drehen und den Zeiger der Wellenskala auf Ihre Frequenz einstellen. Wenn Sie auf dreieinhalb Megahertz müssen, stellen Sie den Frequenzknopf zwischen die Drei und die Vier. So, sehen Sie? Jetzt stecken Sie die entsprechende Spule ein, wie herum ist egal, Fred, es ist genug Spielraum da.«

Leiser stützte seinen Kopf mit der Hand, während er sich verzweifelt an die Reihenfolge der Handgriffe zu erinnern versuchte, die ihm früher einmal schon so selbstverständlich gewesen waren. Johnson fuhr methodisch fort: ein Mann, dem sein Beruf eine Selbstverständlichkeit ist. Die sanfte Stimme, deren Monolog die automatischen Bewegungen seiner Hand von Schalter zu Schalter begleitete, war angenehm und sehr geduldig.

»ASE-Knopf auf A für Abstimmung. Das bringt die Anzeige von Anode und Antenne auf zehn. Jetzt können Sie den Trafo einschalten, ja?« Er deutete auf die Meßskala: »Sie sollten eine Anzeige von dreihundert bekommen. Es ist nahe genug dran, Fred. Jetzt kann ich's versuchen: ich drehe den Wahlknopf des Meßinstrumentes auf drei und spiel' mit der V-Abstimmung, bis ich den größten Ausschlag bekomme. Jetzt dreh' ich weiter auf sechs.«

»Was ist V?«

»Verstärker, Fred. Wußten Sie das nicht?«

»Weiter.«

»Ich drehe die Anodenabstimmung bis zum kleinsten Anschlag - hier ist er! Hundert, nicht mehr, wenn der Knopf auf zwei zeigt. Jetzt den ASE rüber auf S - S für Sender, Fred - und Sie können auch schon die Antenne trimmen. Hier - drücken Sie auf die Taste. So ist's recht sehen Sie? Sie bekommen einen höheren Ausschlag, weil Sie zusätzlich Energie in die Antenne schicken, ist ja klar, nicht?« Schweigend vollzog er das kurze Ritual der Antennenabstimmung, bis die Nadel des Meßinstrumentes gehorsam ihren vorgesehenen Platz einnahm. »Schon erledigt«, erklärte er triumphierend. »So, jetzt ist Fred dran. Hier, Ihre Hände sind ja ganz naß. Sie müssen aber ein Wochenende gehabt haben, mein Lieber! Warten Sie, Fred!« Johnson ging aus dem Zimmer und kam mit einer riesigen weißen Pfeffermühle zurück, aus der er sorgfältig Kreidestaub auf den schwarzen Knopf der Morsetaste streute. Er sagte: »Wenn Sie mich fragen, Fred, dann lassen Sie die Mädchen in Ruhe, von jetzt an!« Leiser betrachtete seine geöffnete Hand. In den Falten hatten sich Schweißperlen gesammelt. »Ich konnte nicht schlafen.«

»Das glaube ich Ihnen sofort.« Johnson tätschelte liebevoll den Gerätekoffer. »Von jetzt an werden Sie mit ihr hier schlafen. Sie ist Mrs. Fred, klar? Und niemand anderer!« Er baute das Gerät wieder ab und wartete, bis Leiser mit kindlicher Langsamkeit begann, es mühsam erneut zusammenzusetzen - so viele Jahre waren seit damals vergangen. Tag für Tag saßen Leiser und Johnson im Schlafzimmer an dem kleinen Tisch und klopften ihre Meldungen herunter. Manchmal fuhr Johnson auch mit dem Lieferwagen weg und ließ Leiser allein. Dann ging es zwischen ihnen bis zum Morgengrauen hin und her. Oder Leiser und Avery fuhren zu einem in Fairford gemieteten Haus - Leiser wurde nicht allein fortgelassen -, von wo sie nach ihrem Erkennungszeichen Meldungen absetzten, die wie die Sprüche von Amateurfunkern aufgemacht waren. Leiser hatte sich merklich verändert; er war nervös und unsicher geworden. Er beschwerte sich bei Haldane darüber, wie mühsam es sei, immer wieder die Frequenz wechseln zu müssen, wie schwer es war, jedesmal das Gerät neu abzustimmen, wie wenig Zeit er dafür hatte. Johnson gegenüber verhielt er sich stets unsicher. Johnson war später zu ihnen gestoßen, und aus irgendeinem Grund bestand Leiser darauf, ihn als Außenseiter zu behandeln, dem er keine volle Zugehörigkeit zu der verschworenen Gemeinschaft zubilligen wollte, von der er sich einbildete, daß sie zwischen Avery, Haldane und ihm selbst bestehe. Eine besonders lächerliche Szene ereignete sich einmal beim Frühstück. Leiser hob den Deckel eines Marmeladetopfes, betrachtete den Inhalt und fragte, indem er sich an Avery wandte: »Ist das Bienenhonig?«

Johnson beugte sich mit dem Messer in der einen und dem Butterbrot in der anderen Hand über den Tisch. »In England sagt man das nicht, Fred. Wir nennen es einfach Honig.«

»Das meine ich: Honig, Bienenhonig.«

»Einfach: Honig«, wiederholte Johnson. »Engländer sagen einfach Honig dazu.«

Leiser setzte den Deckel wieder sorgfältig auf den Topf, Er war blaß vor Zorn. »Ich brauche keine Belehrungen von Ihnen.«