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»Verstehe. Und?«

»Du kriegst die Motten, ich sag’s dir! Es war relativ einfach zu entziffern. Leider sieht es so aus, als hätten wir nur die letzte Seite erwischt, es sind nicht mehr als zehn Zeilen, aber darin kommt unser lieber Onkel Physiknobelpreisträger gar nicht gut weg.«

»Lies schon vor.«

Bär räusperte sich gewichtig.

»Also, pass auf. Es beginnt mittendrin: ›…ist zu allem fähig. Niemand käme je auf die Idee, dass er für Foggerty arbeitet, aber ich kenne ihn besser.‹«

»Foggerty?«

»Überprüfen wir gerade. Hör weiter: ›Er mag tausendmal mit Preisen überhäuft werden und Bücher schreiben bis ans Ende aller Tage. Die scheinheilige Ratte! Tatsache ist, dass er mich für sie gefunden hat. Wenn ich diese Zeilen schreibe, habe ich meine Sachen bereits gepackt. Es ist meine einzige Chance. Ich dachte, alles wäre vorbei, aber heute Nacht ist Ryan O‘Dea gestorben. Keine Ahnung, wie es weitergeht. Such nicht nach mir, ich melde mich, sobald ich kann. Meine Liebe ist bei dir. Paddy.‹«

Lavallier schwieg.

»Bist du noch dran?«, quäkte Bärs Stimme aus dem Handy.

»Äh… ja.«

»Was sagst du dazu?«

»Ich weiß nicht. Habt ihr das Ding auf Echtheit überprüft?«

»Wir sind natürlich nicht losgezogen und haben Clohessy aufgespürt, um ihn zu fragen«, sagte Bär. »Aber sowohl an den Kugelschreibern, die wir auf dem Schreibtisch gefunden haben, als auch an dem Block waren seine Fingerabdrücke. Und nur seine!«

»Schriftanalyse?«

»Es gibt keine Schriftproben von Clohessy.«

»Wieso? Er muss doch irgendwann mal was unterschrieben haben.«

»Ja, seinen Arbeitsvertrag. Daraus kannst du nichts entnehmen, wenngleich ich sagen würde, dass die Unterschrift auf dem Papier der im Vertrag nicht unähnlich sieht.«

Lavallier legte die Rechte auf den Lenker des Autos und begann, mit den Fingern darauf zu trommeln.

»Nirgendwo steht was von O’Connor«, sagte er. »Oder von der IRA.«

Am anderen Ende der Leitung atmete Bär hörbar ein.

»Eric, bist du taub? Mit Preisen überhäuft! Bücher geschrieben, Mann! Von wem soll denn da die Rede sein, wenn nicht von O’Connor?«

Lavallier hörte auf zu trommeln.

»Das heißt also, O’Connor war tatsächlich hinter Clohessy her.«

»Die IRA war hinter ihm her. Und O’Connor ist die verdammte IRA!«

»Dr. Liam O’Connor? Bestsellerautor und angehender Nobelpreisträger?«

»Ja, um Himmels willen!«

Es kann nicht sein, dachte Lavallier. Zugleich durchzog ihn ein Gefühl tiefster Erleichterung. Wenn der Brief echt war und sich tatsächlich auf O’Connor bezog, dann behielt Bär Recht, und der Flughafen war aus dem Schneider.

Es wäre zu schön, um wahr zu sein.

Andererseits, ein Nobelpreisträger! Wenn auch ein angehender.

Er hatte keine Handhabe. O’Connor mochte der Teufel in Person sein, solange kein Verdacht bestand, dass er jemanden umgebracht oder sonstwie geschädigt hatte, würden sie nur weiterhin versuchen können, ihn aus der Reserve zu locken.

Er sah hinüber zu Knott. Schon jetzt war hier überall Polizei. Reihen grüner Mannschaftswagen säumten das Gelände. Eben noch hatte es so ausgesehen, als seien die ganzen Vorbereitungen umsonst gewesen.

O’Connor und die IRA. Unfassbar!

Lavallier startete den Wagen und fuhr los.

RUNDFAHRT

Etwa zur gleichen Zeit rollte Mahders Wagen langsam auf den Checkpoint zu, der die Straße zum Terminal 2 gegen Unbefugte ab grenzte. Er hielt seinen Ausweis gegen die Fensterscheibe. Zwei Männer kamen aus der Wachbaracke und näherten sich.

»Den einen kenne ich«, raunte Mahder Wagner zu. »Er ist von der SI. Der andere gehört entweder zu einem der SEKs, oder er ist ein Ami.«

Er ließ die Scheibe herunter. Der Mann von der SI nahm den Ausweis entgegen, beugte sich herab und kontrollierte das Bild. Dann nickte er und gab das Dokument zurück. Sein Begleiter stand mit ausdrucksloser Miene daneben. Wagner sah, dass er eine gepanzerte Weste trug.

»In Ordnung.«

Der SI-Mann hob die Hand. Auf sein Zeichen wurde in der Baracke die Schranke betätigt, und sie durften weiterfahren.

»Wieso denn die Amis?«, fragte Wagner.

»Die sind überall«, erwiderte Mahder. »Sie machen sich keine Vorstellung davon, was hier los ist. Seit Wochen und Monaten haben wir den Secret Service am Hals, die Russen, die Tommys, die Franzosen und die Japse. Heute Abend kommt Clinton. Sie überlassen nichts dem Zufall. Ich habe gehört, es sind keine von unseren Leuten, sondern Amis, die den Präsidentenjumbo einweisen. Nicht mal das lassen sie uns machen.«

»Ihr seid nicht mehr so ganz der Herr im Haus, kann das sein?«, spottete O’Connor.

Mahder sah ihn an.

»Darauf können Sie Gift nehmen!«

Er folgte dem Verlauf der provisorischen Straße. Vor ihnen wurde eine riesige planierte Ebene sichtbar. Zur Rechten erstreckte sich die

gläserne Front des T2.

»Tja«, sagte Mahder. »Schon nicht schlecht, was?«

Wagner betrachtete wortlos den gewaltigen Bau. Obwohl es noch rund ein Jahr dauern würde bis zur Eröffnung, konnte man sich der Faszination schon jetzt schwerlich entziehen. Paradoxerweise waren es gerade die ausladenden Dimensionen, die das Filigrane an der Architektur zur Geltung brachten. Die spinnennetzartige Konstruktion des Dachs schien über den endlosen Glasflächen zu schweben.

»Es sieht toll aus«, sagte sie ehrlich beeindruckt.

»Warten Sie, bis die Fluggastbrücken fertig sind. Acht gläserne Brücken, über die Sie in den Flieger gelangen. Wie im Märchen.«

»Ja«, sagte O’Connor. »Ein wahres Luftschloss!«

Mahder lenkte den Wagen auf die planierte Fläche und fuhr in gemächlichem Tempo die Fassade entlang. Überall waren Arbeiter zu sehen. Menschen mit Helmen kletterten auf Gerüsten im Innern des Gebäudes herum, schweißten, hämmerten und bewegten Materialien.

»Wir sind hier auf dem neuen Vorfeld«, erklärte er. »Im Grunde entsteht hier ein zweiter Flughafen. Die Kapazitäten werden verdoppelt, nur halt auf einem ganz anderen Niveau als bisher.«

»Wie lang ist der Kasten?«, fragte O’Connor interessiert.

»Rund vierhundert Meter.« Mahder zeigte auf eine Gruppe Männer in dunklen Overalls mit Schirmmützen, die eben aus dem Terminal herauskamen und zu einem Transporter gingen. »Das sind auf jeden Fall Amerikaner. Schnüffeln überall rum. Einmal haben sie es beinahe umgestülpt, so genau haben sie alles unter die Lupe genommen. Zusammen mit den Jungs von der SI, damit die nicht auf die Idee kamen, sie hätten im eigenen Haus nichts mehr zu sagen. Mittlerweile sieht man hier kaum noch Sicherheit. Verstehen Sie, wenn hier jemand eine Waffe hätte verstecken wollen, wäre es aufgefallen. Oder ein Schütze, der von hier auf die Maschine ballert – gänzlich unmöglich!«

»Wo kommen die Flieger denn rein?«

»Wahrscheinlich hier.« Mahder wies auf die Seite des Vorfelds, die dem Terminal gegenüberlag.

»Ach! Da ist schon die Landebahn?«

Der Abteilungsleiter lachte.

»Ich weiß, man verliert schnell die Übersicht. Sie müssen sich das komplette Flughafengelände als rund fünf Kilometer langes Gebilde vorstellen. An der Kopfseite ist der eigentliche Airport, Autobahnzubringer, Terminal. – Warten Sie mal, Kopf ist gut, passen Sie auf, das Airport-Building ist Ihr Kopf, und Ihre Augen geben die Position des alten Terminals an. Ja? Die lange Landebahn beginnt gleich neben Ihrem linken Ohr. Das neue Terminal hingegen ist Ihr linkes Ohr. Darum haben Sie eine phantastische Sicht von hier, Sie sehen die Vögel kurz vor der Bodenberührung, es ist toll!«