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»Beeindruckend«, sagte O’Connor. »Und so werden auch die Staatsgäste einfliegen?«

»Tja.« Mahder setzte einen verschmitzten Ausdruck auf. »Das weiß eben keiner so genau, von welcher Seite sie die Bahn anfliegen. Soviel ich weiß, bleibt es bis zur letzten Sekunde offen. Andererseits – was weiß ich schon.«

Wagner überlegte. Wenn Mahders Aussage zutraf, machte eine Manipulation am neuen Terminal keinen Sinn. Von hier ein Attentat zu planen, war dann ziemlich sinnlos.

Sie fuhren weiter, ließen den Neubau hinter sich und erreichten den Vorfeldbereich des Terminal 1. Zwei sternförmige Gates zweigten von dem Hufeisenbau ab. Je ein halbes Dutzend Flieger konnte hier andocken. Mahder lenkte den Wagen über die riesigen Freiflächen und fuhr eine Reihe merkwürdiger Kurven, bis Wagner erkannte, dass er einer aufgemalten Fahrbahnmarkierung folgte. Ein Stück vor ihnen rollte eine französische DC 8 über das Feld. Einen Moment lang sah es so aus, als hielte die Maschine direkt auf sie zu, dann bog sie ab zu einem der Sterne.

»Wir haben drei Landebahnen«, erklärte Mahder im Tonfall eines Dozenten. »Der Super-Runway, von dem wir gerade sprachen, zieht sich vom Terminal bis in die Heide. Er hat eine Länge von 3800 Metern. Wir sind einer der wenigen Airports, auf dem Space Shuttles landen können, wussten Sie das?«

»Schöne Aussichten für die Zukunft«, sagte O’Connor.

»Allerdings. Parallel dazu verläuft eine kürzere Landebahn, eben mal knapp zwei Kilometer lang. Weiter vorne«, seine Hand wies in die Ferne, wo sich der Super-Runway in der Ebene der Heide verlor, »werden die beiden Bahnen von einer dritten gekreuzt. Wir nennen sie die Querwindbahn. Etwa zweieinhalb Kilometer lang. Das ist koordinationstechnisch alles sehr interessant, weil die Maschinen unsere Runways von beiden Seiten anfliegen können. Die großen Maschinen, also Jelzins Iljuschin oder die Air Force One, landen natürlich auf der langen Bahn.«

Sie hatten das alte Terminal und die Sterne jetzt im Rücken und passierten eine Front aus mehreren Gebäuden. Wagner stellte überrascht fest, dass dieser ausgelagerte Teil des Airports die Größe eines mittleren Industriegebiets hatte. Mittlerweile fuhren sie auf einer richtigen Straße. Rechts und links lagen Hangars und Frachtgebäude. Weiter vorne erhob sich der Tower.

»Wir bewegen uns immer noch parallel zum Super-Runway«, sagte Mahder. »Dieser Bereich ist übrigens das Herzstück. Zur anderen Seite hin landen die Cargomaschinen. Auch so ‘ne Sache, die keiner weiß. Wir sind der zweitgrößte Frachtflughafen in Deutschland. Jedenfalls, den Tower haben wir neu gebaut. Daneben sehen Sie den kleinen, alten. War mal das höchste Gebäude hier, kaum zu glauben. Man verknüpft so seine Erinnerungen damit, aber die Zeit hat uns einfach überrollt. Jetzt wird er wohl verschwinden.«

»Können Sie nicht ein Cafe oder so was reinbauen?«

»Wurde diskutiert. Erst hieß es, wir bauen ihn zu einer Sicherheitszentrale um, Einsatzzentrale, Notfallzentrum, aber jetzt kommt er doch weg. Mit Wehmut.« Mahder zuckte die Achseln. »Tja. Das Wesentliche haben Sie gesehen. Was sagt die Uhr?«

»Kurz vor drei.«

»Gut. Kehren wir um.«

Als sie zwischen den Hallen und Hangars zurückfuhren, kam Wagner plötzlich eine Idee. Sie wählte auf dem Handy die Nummer der Auskunft und ließ sich mit dem Hyatt verbinden.

»Sie haben einen Gast namens Aaron Silberman«, sagte sie. »Wäre es möglich, dass Sie mich mit ihm verbinden?«

Die Rezeptionistin schaltete Wagner in die Warteschleife. Nach einer Minute meldete sie sich wieder und sagte, Silberman sei nicht in seinem Zimmer.

Wagner hinterließ ihren Namen und ihre Nummer mit der dringlichen Bitte, sie wegen Kuhn zurückzurufen.

»Das ist eine gute Idee«, sagte O’Connor von der Rückbank. Sie legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Ihr Geist sandte eine stumme Bedarfsmeldung nach hinten in der Hoffnung, ein virtueller Sachbearbeiter in O’Connors Kopf würde sie in Empfang nehmen, quittieren und zur umgehenden Erledigung weiterreichen.

Im nächsten Moment spürte sie, wie seine Finger begannen, ihren Nacken zu kraulen.

Es hatte funktioniert.

»Ja«, sagte sie. »Ich weiß.«

POLIZEIWACHE

Mahder brachte sie bis vor die Tür des Flachbaus und verabschiedete sich.

»Wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann«, sagte er, »lassen Sie es mich wissen. Ich sitze ja gleich gegenüber.«

»Wird gemacht«, sagte Wagner. »Danke für die Einladung.«

»Danke für Ihr Interesse.«

Eine Gruppe Beamter kam aus der Wache. Zwei von ihnen trugen gepanzerte Westen, Springerstiefel und MPs. Sie stiegen in einen der Mannschaftswagen und fuhren in Richtung Terminal 1 davon.

Wagner sah ihnen nach.

»Und?«, fragte sie. »Was hältst du mittlerweile von der ganzen Sache, jetzt, wo wir wieder nüchtern sind?«

O’Connor kniff die Augen zusammen. Er fuhr sich durch das silberne Haar und sagte ein paarmaclass="underline" »Hm. Hm.«

»Soso.«

»Ich bin mir nicht sicher. Paddy hat ganz sicher Dreck am Stecken, und dass Kuhn verschwunden ist, sollte uns zutiefst beunruhigen. Vielleicht fangen wir aber auch an, Gespenster zu sehen.«

»Du meinst, es gibt gar keine Pläne für ein Attentat?«

»Möglicherweise nicht. Nur den armen kleinen Paddy und seine hausgemachten Probleme. Wie schade. Es versprach gerade spannend zu werden. Aber Verschwörungstheorien sind nun mal die Domäne der Amerikaner. Komm, schauen wir, was Lavallier hat.«

Sie nickte.

»Ich versuch’s noch mal bei Kuhn. Ganz gleich, was Lavallier sagt.« Während sie das Gebäude betraten und den Gang zum Büro des Hauptkommissars entlangschritten, meldete sich wieder Kuhns Mailbox. Wagner war entmutigt. Je länger er sich nicht meldete, desto schrecklicher wurde die Vorstellung, er könne vielleicht nie wieder an ein Telefon gehen.

Was, wenn er tot war?

Sie wollte diesen Gedanken nicht denken. Er hatte nichts in ihrem Kopf zu suchen.

»O’Connor«, sagte eine Stimme hinter ihnen.

Sie blieben stehen und drehten sich um. Lavallier kam ihnen mit eiligen Schritten hinterher.

»Mitkommen in mein Büro!«, sagte er schroff.

»Ah, Monsieur le Commissaire«, sagte O‘Connor liebenswürdig. »Was ist los, haben Sie Sorgen? Warum fliegen Sie nicht in Urlaub, es steht alles voller Flugzeuge, und–«

»Um es gleich auf den Punkt zu bringen«, sagte Lavallier, »ich kann jetzt keinen einzigen von Ihren blöden Kommentaren gebrauchen. Entweder Sie beide kommen mit, oder ich lasse Sie mitbringen. Letzteres würde Ihnen kaum gefallen, das versichere ich Ihnen.«

Er schob sie in sein Büro und deutete stumm auf die beiden Stühle vor seinem Schreibtisch. Wagner setzte sich.

O’Connor sah missmutig drein.

»Was soll das?«, murrte er. »Haben wir was falsch gemacht? Waren wir zu lange draußen spielen?«

Lavallier schlug mit der flachen Hand auf den Tisch.

»O’Connor, ich erkläre Ihnen jetzt mal was in klar verständlicher Sprache! Sie gehen mir auf die Nerven! Ich weiß nicht, was Sie mit Kuhns oder Clohessys Verschwinden zu tun haben oder ob überhaupt einer von den beiden wirklich verschwunden ist, aber kommen Sie mir nicht mit dem Märchen vom zufälligen Wiedersehen.«

O’Connor starrte zuerst Wagner an und dann den Kommissar. Dann nahm er widerwillig Platz.

»Sind Sie verrückt geworden?«, blaffte er.

Lavallier ließ sich in seinen Sessel fallen und verschränkte die Arme.

»Kennen Sie einen Foggerty?«

»Foggerty?«

»Ganz richtig.«

»Du lieber Himmel, wen ich alles kennen soll. Ich kenne dermaßen viele Leute, dass es mich nicht die Bohne interessiert.«