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»Strack?«

Mahder lachte unvermittelt. Die billigen falschen Zähne blitzten. Das Lachen eines unzufriedenen Menschen, dachte O’Connor, der feststellt, dass jemand anders gerade auf einer Bananenschale ausgerutscht ist.

»Strack ist ein hohes Tier bei der Polizei, wussten Sie das nicht? Er macht den großen Zampano, läuft schon mal gern durchs VIP-Zelt und redet ständig mit wichtigen Leuten, während Männer wie Lavallier die ganze Arbeit erledigen. Jeder in Köln weiß das. Wollen Sie übrigens einen Kaffee?«

»Danke, ich möchte mich gar nicht lange–«

»Sie haben ihn verhaftet!« Mahder starrte O’Connor an und lachte aus vollem Halse. »Ist das nicht ein Ding? Waren natürlich Ossis. SEKs aus Brandenburg. Als letzte Woche der französische Premier abgeflogen ist, haben sie wieder mal alles abgesperrt. Aus allen Bundesländern haben wir hier Polizei, und manche sind zu dämlich, den eigenen Polizeichef durchzulassen, bloß weil er eben mal seinen Ausweis nicht parat hat. Lavallier musste ihn raushauen.«

»Allerhand.«

Mahder hörte auf zu lachen und zuckte die Achseln.

»Na ja. Soll mir egal sein, wie sie’s machen. Das Problem ist, dass wir die Arbeit niederlegen müssen, wenn Clinton reinkommt.«

»Sagten Sie heute Mittag nicht, die Landungen würden die Arbeit nicht tangieren?«

»Grundsätzlich stimmt das. Im Terminal 2 geht alles normal weiter. Aber heute kommt Clinton. Vorfelder, Frachtflughafen, alles Mögliche wird gesperrt. Wir haben eine wichtige Baumaßnahme auf A2, da wird betoniert. Wir arbeiten auch nachts. Ursprünglich sollten wir komplett die Zelte abbrechen, aber wenigstens diesmal konnten wir den Amis ein paar Kompromisse abringen. Trotzdem ist für zwei Stunden Schicht, wenn Clinton kommt. Unsere Leute werden in Busse verfrachtet und dürfen da ihre Stullen essen. Lächerlich!«

»Er ist immerhin der Präsident der Vereinigten Staaten.«

»Na und? Was erwarten die denn? Dass wir mit Schaufeln nach der Air Force One werfen?«

»Ich weiß nicht, ob es so lächerlich ist«, sagte O’Connor. »Ich denke an Patrick Clohessy, will sagen, O’Dea.«

»Das ist natürlich wahr«, gab Mahder mürrisch zu. Er kratzte sich hinterm Ohr und sah O’Connor an. »Was kann ich eigentlich für Sie tun? Oder wollten Sie nur plaudern?«

»Nein.« O’Connor schüttelte den Kopf. »Mich würde interessieren, wo Clohessy überall gearbeitet hat.«

»Warum fragen Sie nicht Lavallier?«

»Er ist nicht da«, log O’Connor. »Außerdem schätze ich, Sie haben die detaillierteren Informationen.«

»Schon«, sagte Mahder zögerlich.

O’Connor trat zu dem Abteilungsleiter und senkte seine Stimme.

»Heute Mittag waren Sie der Ansicht, dass man Ihnen nicht genug erzählt. Nun, ich erzähle Ihnen was. Vielleicht können Sie ja bei der Aufklärung helfen, ohne sich mit den Institutionen herumärgern zu müssen, die Ihnen jeden Schritt verbieten.«

Mahders Augen verengten sich. Dann lächelte er.

»Ich muss zugeben, dass ich mir tatsächlich schon meine eigenen Gedanken gemacht hatte.«

»Ich auch.«

»Aber wir haben alles untersucht. Meine Leute, die SI, die Polizei. Ich habe Lavallier eine komplette Liste der Einsätze gegeben, an denen O’Dea – Clohessy beteiligt war. Ich bin selbst vorhin noch über die Gerüste balanciert. Wir haben nichts gefunden.«

»Wo war er denn am häufigsten?«

»Im neuen Terminal. Ich sagte ja, wir müssen da ständig aushelfen.«

O’Connor trat einen Schritt beiseite und rief sich in Erinnerung, was Mahder ihnen auf der Rundfahrt alles gezeigt hatte. In Höhe des neuen Terminals landete möglicherweise die Air Force One. Oder auch nicht. Sie machten ein Geheimnis draus. Sich dort auf die Lauer zu legen, war sinnlos. Zumal man ein ziemliches Kaliber ins Feld führen musste, um den bestgeschützten Jumbo der Welt aus der Luft zu holen.

Derjak schießt.

Wer in Herrgottsnamen war Derjak? Womit wollte er schießen?

Pieza Datspiglen.

»Können Sie mir auf dem Plan noch mal zeigen, wo Clinton genau landet?«, sagte O’Connor.

Mahder breitete die Hände aus.

»Sicher. Aber was soll das bringen?«

»Aufschluss.«

»Kein Problem. Kommen Sie hier rüber.« Mahder ging zu einer weiß getünchten Wand, an der mit Heftzwecken ein gezeichneter Plan des gesamten Flughafengeländes befestigt war. Daneben hingen mehrere Luftaufnahmen. O’Connor folgte ihm.

Erstmals sah O’Connor den Airport aus der Vogelperspektive.

Es war verwunderlich, wie klein das Hufeisen des alten Terminals im Vergleich zu der Gesamtgröße des Airports wirkte. Tatsächlich machte es nur einen winzigen Teil aus, erweitert durch das T2 und das riesige angrenzende Parkhaus. Ein Stück davor, auf der anderen Seite des Autobahnzubringers, konnte O’Connor die Gebäude des Holiday Inn, der Verwaltung und der Polizeiwache ausmachen. Sie lagen dicht beieinander und erschienen irgendwie abgeschlagen, als gehörten sie nicht wirklich zum großen Ganzen. Wie unliebsame Verwandte, die nicht im Schloss wohnen dürfen, sondern im Häuschen an der Auffahrt.

Jenseits des Terminals begannen die Runways, die Vorfelder und das, was Kika als »kleine Stadt« bezeichnet hatte. Wie O’Connor jetzt sah, handelte es sich dabei fast zur Gänze um den Frachtflughafen. Der Komplex aus Verwaltungsgebäuden, Hangars, Fracht- und Lagerhallen zog sich parallel zu den Landebahnen dahin. Sie hatten ihn durchquert, aber O’Connor war trotzdem verblüfft über die Ausdehnung des Trakts.

Mahder zeigte auf das Ende des Super-Runway.

»Daran sind wir entlanggefahren. Erinnern Sie sich? Auf dieser Bahn wird die AFO landen.«

»AFO?«

»Air Force One. Sie können nicht in dieser Branche arbeiten, ohne Abkürzungen zu benutzen, andernfalls hätten Sie keinen Feierabend mehr. Wie schon gesagt, es ist nicht definitiv sicher, aber ich schätze mal, sie werden bei 14L runterkommen, also in Terminalhöhe.« Mahders Finger fuhr die Landebahn entlang. »Sehen Sie, jede Bahn hat ihre eigene Codierung. Das nordwestliche Ende des großen Runway heißt 14L, die südöstliche Seite 32R. L und R für links und rechts. Also, er kommt links rein, rollt am Frachtflughafen vorbei in südöstliche Richtung. Hinten in der Heide macht er einen Backtrack, fährt über Rollbahn A zurück, dann links und wieder rechts auf die westliche Seite des Frachtflughafens.«

»Er fährt auf den Frachtflughafen«, sinnierte O’Connor.

Mahder grinste.

»Was dachten Sie denn? Der POTUS zeigt seinen Pass, geht durch den Zoll und wartet am Gepäckband auf sein Köfferchen?«

»Ich hatte überhaupt keine klare Vorstellung«, sagte O’Connor. »Der Luxus eines eigenen Vorfelds wurde mir noch nicht zuteil.«

»Darf ich Sie was fragen?«

»Natürlich.«

»Sie sind doch bestimmt ein wohlhabender Mann. Warum leisten Sie sich keinen eigenen Flieger?«

Da war er wieder, der hohle Neid, verpackt in Anteilnahme.

»Es wäre langweilig«, sagte O’Connor. »Man ärgert immer dieselbe Crew.« Er wies auf ein großes Gebäude, das in die westlichen Vorfelder hineinragte. »Was ist das hier?«

»Die Lärmschutzhalle. Hier auf der Luftaufnahme können Sie sie gut erkennen, ein ziemlicher Brocken. Wir testen darin Turbinen, darum mussten wir eine nach oben offene Halle anschaffen. Wenn die AFO in Richtung Frachtflughafen rollt, fährt sie über die beiden anderen Landebahnen auf die westliche Seite, dreht hier ein weiteres Mal, sehen Sie, über 14R auf Rollbahn T und kommt auf dem Vorfeld Fracht West zum Stehen. Es liegt gleich rechts von der Lärmschutzhalle, genau hier.«

»Und da verlässt Clinton die Maschine?«

»Alle Staatsgäste steigen da aus. Das VIP-Zelt steht da, Presse, Auswärtiges Amt, Polizei und Bundeswehrbataillon. Clinton schreitet die Ehrenformation ab, schüttelt ein paar Hände und steigt in seine Limousine. Der Frachtflughafen wird von der Heinrich- Steinmann-Straße durchquert, wir sind sie heute ein Stück entlanggefahren. Die Fahrzeugkolonne verlässt das Vorfeld, biegt auf die Straße ein und verlässt den Flughafen Richtung Autobahn.«