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Ein Laserattentat.

Gott und alle Gerechten! Sie hatten versucht, Clinton mit einem Laser umzubringen.

Die Lincolns wurden langsamer und stoppten. Guterson stieg aus und sah zu, wie dienstbare Geister Clinton den Schlag öffneten. Ein roter Teppich war ausgerollt worden. Von den Aufzügen, die ins Innere des Hotels führten, näherte sich eine Hand voll Menschen. Der Präsident kam zum Vorschein, die Herzlichkeit selbst. Keine Spur mehr von Übellaunigkeit. Guterson hoffte, dass sich Clintons Laune tatsächlich gebessert hatte und nicht nur auf der Oberfläche seines Gesichts. Im Geiste rekapitulierte er, wem Mr. President gerade die Hand schüttelte: Erstens Nadja Horst, Verkaufsdirektorin des Hyatt. Zweitens Jan Peter van der Ree, Hoteldirektor. Die anderen waren Beiwerk, unwichtig für den Augenblick. Aber natürlich waren auch sie einer dezidierten Prüfung unterzogen worden. Wer immer in diesem Hotel Dienst tat und auch nur im Entferntesten mit der Anwesenheit des Präsidenten zu tun hatte, war von Carl Seamus Drake, dem Abteilungsleiter Sicherheit für den Bereich Wohnen, dermaßen unter die Lupe des Secret Service genommen worden, dass ein Röntgenapparat dagegen ein Topf trüber Suppe war.

Aus der dritten Limousine gesellten sich Botschafter Kornblum und seine Frau hinzu. Clinton plauderte angeregt mit seinen Gastgebern. Getränke wurden gereicht. Gemeinsam gingen sie zu den Aufzügen. Van der Ree erkundigte sich nach Hillary und Chelsea. Clinton erwiderte, sie würden wie geplant in zwei Tagen aus Palermo eintreffen, und er freue sich darauf, sie wiederzusehen. Wohlklingende Worte über das Wesen der Familie wurden gewechselt. Guterson beorderte drei Männer zu sich, dann fuhren sie mit dem Präsidenten in den sechsten Stock. Clinton hieß ihn mit in seine Suite kommen, schloss hinter Guterson die Tür und nahm einen Schluck von seiner Cola light.

»Also«, sagte er.

Guterson sah aus dem Augenwinkel den gigantischen Strauß champagnerfarbener Rosen, den das Hyatt für seinen Gast bereitgestellt hatte. Die Suite sah phantastisch aus. Nichts erinnerte daran, dass sie ausgebrannt war und die Instandsetzung seinen Leuten zusätzliche Sorgen bereitet hatte.

»Mr. President«, sagte er langsam, »wie es sich im Augenblick darstellt, hat man auf dem Flughafen versucht, Sie mit einer… ähem… Laserwaffe anzugreifen.«

Clinton starrte ihn an.

»Das ist ja mal was ganz Neues«, sagte er.

Tatsächlich war es nicht das erste Mal, dass der Secret Service Clinton vor einem Anschlag bewahrt hatte, aber derlei drang für gewöhnlich nicht in die Presse. Wer sich schlau machte, konnte bei der CIA ein paar Daten abrufen – rund achttausend potentielle Clinton-Attentäter allein in den Staaten waren den Sicherheitsorganen namentlich bekannt. Dass einige es bereits versucht hatten und gescheitert waren, andere darüber ihr Leben verloren hatten, fand Einzug in geheime Akten. Man wollte keine Atmosphäre der Verunsicherung schaffen. Bill Clinton hatte sich angewöhnt, unkompliziert mit dem fortwährenden Risiko umzugehen, das ihm vor allem aus den Reihen der weißen Suprematisten und fundamentalistischen Milizen drohte. Rechtslastige Homepages im Internet brachten unverhüllte Aufrufe zum Präsidentenmord, und immer wieder fühlten sich Hitzköpfe dazu bemüßigt, schlecht geplante Angriffe durchzuführen. Das meiste flog auf, bevor es überhaupt den Status der Praktikabilität erreicht hatte.

Guterson erläuterte dem Präsidenten in kurzen Zügen, was Lex ihm berichtet hatte.

»Dubios«, sagte Clinton schließlich. »Aber es gibt keinen wirklichen Beweis dafür, dass der Anschlag mir gegolten hat.«

»Wir geben uns keinen Illusionen hin«, erwiderte Guterson. »Eher könnten wir uns fragen, ob an der ganzen Geschichte überhaupt was dran ist. Sie haben ein paar Spiegel gefunden, na schön. Lex meinte, es gäbe einen Mann, der ihnen den Floh ins Ohr gesetzt hat. Im Augenblick vertrauen sie im Wesentlichen seinen Aussagen, und er scheint Recht zu behalten. Andererseits deutet vieles darauf hin, dass Mitglieder der IRA involviert sind. Das klingt, falls es diesen Laser tatsächlich gibt, eigentlich eher, als hätten sie Tony Blair ans Leder gewollt.«

»Hm.« Clinton begann, im Raum auf und ab zu wandern.

»Wir können die Sicherheit verstärken«, sagte Guterson. »Und das tun wir auch. Wenn Sie meine Empfehlung hören wollen, nehmen Sie ein Essen im Hyatt ein und gehen Sie schlafen.«

»Ihre Empfehlung in allen Ehren«, sagte Clinton. »Aber glauben Sie im Ernst, wenn ich heute Abend in einem dieser Brauhäuser auftauche, werden sie mit einer Laserkanone in der Küche auf mich warten?«

Guterson seufzte.

»Nein. Natürlich nicht.«

Das Dumme war, dass Clinton Recht hatte. Im Grunde waren Orte wie die Malzmühle oder das Küppers Brauhaus sicherer als jeder andere Platz.

»Der Hoteldirektor hat mir übrigens gerade was Interessantes erzählt«, grinste Clinton. »Gleich hier in der Nähe muss es eine Kneipe geben, in der sie Koteletts dick wie Bibeln servieren. Lommetsman oder so ähnlich.«

»Nie gehört«, sagte Guterson, geplagt von bösen Vorahnungen. »Haben wir garantiert nicht gecheckt.«

»Dann tun Sie’s jetzt. Mein Gott, Norman, machen Sie kein Gesicht! Sie können doch mal fragen, oder?«

»Das ist unklug. Wir wissen nicht–«

»Wenn der Laden voll ist, hocken sie sich auf Kisten und legen Telefonbücher drauf«, kicherte Clinton. »Als Kissen. Und das Bier muss großartig sein. Van der Ree sagt, es sei das beste.«

»Wir kümmern uns drum«, versprach Guterson.

Clinton wurde augenblicklich wieder ernst.

»Kümmern Sie sich vor allem um diese Attentatsgeschichte, Norman. Keine Pannen.«

»Bestimmt nicht.«

»Meine Familie trifft übermorgen ein. Ich will keinerlei Risiken eingehen.«

»Nichts wird geschehen, Mr. President.«

Das Telefon klingelte. Guterson wollte zum Apparat eilen, aber Clinton hielt ihn zurück und ging selbst ran.

»Ah, guten Abend!«, sagte er. »Ja, danke… Ja, ich warte…«

Guterson wandte sich ab und ging nach draußen.

»Herr Bundeskanzler«, hörte er noch. »Besten Dank, ich bin gut angekommen. Traumhaftes Hotel, alles ausgesprochen nette Leute. Ich liebe die Stadt jetzt schon. Wie bitte? Nein, keine Probleme, überhaupt nicht… Bis auf eines vielleicht .«

HYATT. SECRET SERVICE HEADQUARTER

»Mr. Carl Seamus Drake?«

»Am Apparat.«

»Colonel Graham Lex für Sie, Sir. Ich verbinde.«

Drake stand am Fenster der Hotelsuite im sechsten Stock, die zur Zentrale des Secret Service, Bereichsleitung Wohnen, umfunktioniert worden war, und sah hinaus auf den Rhein. Er hatte gewusst, dass der Anruf kommen würde. Er hatte ihn regelrecht herbeigesehnt, nachdem Norman Guterson ihn vor einer halben Stunde telefonisch über die Vorkommnisse am Flughafen informiert hatte. Der Sicherheitschef hatte aus der fahrenden Kolonne angerufen, im Moment, als Clintons Tross den Köln-Bonn Airport verließ, und Drake hatte augenblicklich Anweisung gegeben, die Sicherheitskräfte im und um das Hotel herum zu verstärken.

Wie immer bei derartigen Anlässen war der Secret Service mit erheblich mehr Personal angereist, als für den routinemäßigen Ablauf des Staatsbesuchs vonnöten war, damit die Bereichsleiter notfalls auf umfangreiche Reserven zurückgreifen konnten. Guterson war keineswegs sicher gewesen, ob es sich tatsächlich um einen Notfall handelte. Ungeachtet dessen hatte er durchblicken lassen, dass der Präsident auf seinem Besuch in der Malzmühle insistierte, so schmackhaft die Steaks im Hyatt auch sein mochten. Also war Drake seiner Pflicht und Schuldigkeit nachgekommen und hatte sich mit Pete Nesbit kurzgeschlossen, der den Bereich Innenstadt leitete. Nesbit war bereits auf demselben Kenntnisstand gewesen und hatte die Zahl der Secret-Service-Leute in den Brauereien drastisch erhöht, während Drake dafür Sorge trug, dass auf dem Weg vom Hotel bis zur Brauerei nichts schief gehen konnte. Noch war nicht sicher, in welchen der Läden Clinton gehen würde.