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»Mhm.«

»Amerikanischer Präsident ist hier.«

»Ich weiß.«

Er lenkte den Wagen auf den Parkstreifen des Taxistandes am Crowne Plaza und schaltete den Taxameter aus.

»Alles voll Polizei«, sagte er missbilligend. »Übertreiben, die Stadt. Überall Straßen gesperrt.«

»Ist halt ‘n wichtiger Mann«, sagte Jana.

»Ja, aber hier kein Problem. Köln ist anders. In andere Städte ist viele Kriminalität. Frankfurt, sagt mir ein Kollege, ganz schlimm. Düsseldorf auch. Aber Köln? Dreizehn Mark, bitte.«

»Fünfzehn«, sagte Jana und reichte ihm einen Zwanzigmarkschein.

Der Mann kramte in seinem Portemonnaie und gab ihr das Wechselgeld zurück, lauter Einmarkstücke.

»Ist in Hyatt heute Abend«, sagte er. »Wenn Sie Foto machen wollen.«

»Wer? Clinton?«

»Ja.«

»Danke.« Sie öffnete die Tür und stieg aus. »Ich werd’s mir überlegen.«

In gemäßigtem Tempo ging sie bis zu dem Schacht, der hinunter zu den Parkebenen führte. In den Grünanlagen vor dem Hotel lungerte ein halbes Dutzend Punker mit struppigen Hunden herum. Sie tranken Bier und unterhielten sich lautstark. Einer urinierte auf den Gehsteig. Jana betrat den Aufzug und fuhr auf die zweite Ebene, wo der Audi stand. Sie verstaute die Kameras im Kofferraum, startete den Motor und fuhr den Wagen aus dem Parkhaus hinaus auf die Straße. Nach wenigen Metern kam sie vor eine rote Ampel, griff nach dem FROG und wählte Gruschkows Nummer.

»»Da«, meldete sich die Stimme des Russen.

»Negativ«, sagte Jana ohne Überleitung.

»Ich weiß. Wo sind Sie?«

»Auf dem Weg. Beim Rauskommen gab es keine Probleme. Irgendwas Bedenkliches bei Ihnen?«

»MM ist hier und will sein Geld.«

»Gibt es sonst was, worauf ich achten muss?«

»Nichts. Noch hat uns keiner aufgespürt.« Gruschkow zögerte. Dann sagte er: »Unserem Gast geht es nicht gut. Ich fürchte, ich habe ihm ein paar Rippen gebrochen. Oder sonst was.«

Jana seufzte.

Sie hatte gehofft, Gruschkow würde nie wieder die Nerven verlieren. Sie hatte die Hand über ihn gehalten unter der Bedingung, dass er sich unter Kontrolle behielt.

Andererseits – was änderte es jetzt noch?

»Brechen Sie ihm nicht noch mehr«, sagte sie. »In zehn Minuten

bin ich da, wenn nichts dazwischenkommt.«

»Es… es tut mir leid.«

»Schon gut.«

Sie beendete die Verbindung und bog auf die Hahnenstraße ein. Während sie mit der Linken steuerte, wanderte ihre Rechte zum Handschuhfach und öffnete es. Ihr Blick fiel auf das Schulterhalfter mit der Glock 17 und auf die kleine Walther PP. Der Anblick der beiden Waffen beruhigte sie. Mit leichtem Schwung ließ sie die Klappe wieder zufallen und ging die nächsten Schritte durch.

In die Spedition. Dort wieder Laura werden. Zwei Probleme lösen: Mahder. Dann Kuhn.

Für eine Nacht zurück ins Hoppers.

Abreisen am nächsten Morgen. Am liebsten hätte sie schon jetzt die Zelte abgebrochen, aber die Polizei würde jeder Unregelmäßigkeit nachgehen. Sie würden sämtliche Hotels checken, um herauszufinden, wer an diesem Abend überstürzt aufgebrochen war.

Sie und Gruschkow würden abreisen, wie es sich gehörte. Nach dem Frühstück. Die Rechnung bezahlen und losfahren. Über die Grenze in die Schweiz. Von dort auf verschlungenen Wegen weiter. Gruschkow in seine Richtung, Jana in die ihre.

Nein, dachte sie, Jana wird nirgendwohin fahren. Jana wird es dann nicht mehr geben.

Wie sollte sie sich nennen?

Wer sollte sie sein?

Wer konnte sie sein?

WAGNER

Sie nahm Silberman an Bord, der andernfalls auf den nächsten Shuttlebus hätte warten müssen. Wagner lenkte den Golf durch den Frachtflughafen bis zum Checkpoint, der den flughafeninternen Teil der Heinrich-Steinmann-Straße vom offiziell befahrbaren trennte. Die Beamten des Checkpoints waren informiert. Sie warfen einen kurzen Blick auf das Nummernschild und ließen den Wagen passieren.

Dahinter begann das Straßengewirr der Riesenbaustelle. Während Wagner versuchte, sich nicht zu verfahren, berichtete O’Connor in kurzen Zügen von den Ereignissen der letzten Stunden.

Silberman hörte mit wissendem Lächeln zu und sagte nichts.

»Bär und dieser Muffel vom PPK haben mir übrigens eingeschärft, den Mund zu halten«, schloss O’Connor. »Das gilt auch für euch. Wie im Krimi.«

»Nix wie. Wir sind in einem Krimi«, bemerkte Wagner.

»Na ja, eigentlich sind wir fast schon wieder draußen.« O’Connor seufzte. »Der arme Kuhn. Das ist jetzt unser Krimi.«

»Wenn das Attentat ohnehin misslungen ist«, sagte Silberman, »lassen sie ihn vielleicht laufen.«

»Wenn es misslungen ist«, sagte O‘Connor.

»Was heißt das?«

»Es könnte irgendwo in Köln ein zweites Spiegelsystem geben. Solange der höchste Punkt nicht gefunden ist, gibt es keinen Grund zur Entwarnung. Bär muss den Laser finden, um den Fall abzuschließen.«

»Du bist der Experte«, sagte Wagner. »Die werden dich nicht das letzte Mal bemüht haben.«

Er sah sie von der Seite an und krauste die Nase.

»Ich hoffe, Frau Wagner, Sie werden mich auch nicht das letzte

Mal bemüht haben.«

Sie lachte leise. Der Wagen näherte sich der Autobahnauffahrt.

»Wie geht’s dir?«, fragte sie. »Schmerzen?«

»Kaum.« O’Connor hielt seine bandagierten Hände vor sich und betrachtete sie beinahe mit Stolz. »Gefallen fürs Vaterland. Wenn deutsche Regisseure in den Staaten die patriotischsten Filme drehen, kann ein Ire ja auch mal dem Präsidenten der Vereinigten Staaten das Leben retten. – Tja. Es hätte ein großer Spaß werden können, wenn nicht Kuhn…« Er stockte und sah zum Fenster hinaus. »Okay, es war kein Spaß. Vergessen wir’s. Da wir alle den Mund halten müssen, kommen wir nicht mal auf die Titelseiten mit unserer Geschichte, also können wir ebenso gut meine Tournee fortsetzen. Ein paar saubere Anzüge habe ich noch.«

»Falls sie dich lassen.«

»Papperlapapp. Ich reise, wohin ich will.«

Wagner schwieg. Da war es wieder, das Gefühl von… nein, nicht Distanziertheit. Angst, er könnte einfach aus ihrem Leben verschwinden. Ein fahrender Zug, aus dem man bei voller Fahrt hinausgeworfen wird. Und zugleich Angst davor, an Bord zu bleiben. Eine Liebe mit O’Connor wäre das Paradies, aber ein Leben?

O’Connor schien ihre Gedanken erraten zu haben.

»Ich fahre natürlich nur unter der Voraussetzung, dass du mitkommst«, fügte er hinzu. Er wedelte hilflos mit seinen Händen und grinste. »Du musst die Seiten wenden, wenn ich lese. Es, ähm… hat rein praktische Gründe.«

»Praktischen Gründen kann ich mich nicht verschließen«, erwiderte sie. Dann schüttelte sie traurig den Kopf. »Aber ich kann nicht. Ich muss hier bleiben, Liam. Bis ich weiß, was mit Kuhn ist.«

Er sah sie ernst an. Dann nickte er.

»Ja. Natürlich.«

Sie fuhren auf die Autobahn. O’Connor drehte sich zu Silberman um und wollte etwas sagen, aber er tat es nicht. Stattdessen blieb sein Mund einige Sekunden lang geöffnet, und er starrte wie paralysiert an dem Korrespondenten vorbei.

»Halt mal an«, sagte er endlich.

Wagner glaubte sich verhört zu haben.

»Ich kann hier nicht anhalten.«

»Mist! Es ist weg.« O’Connor drehte sich wieder nach vorne und machte ein nachdenkliches Gesicht. »Kannst du noch mal zurückfahren?«

»Was war denn da?«

»Vielleicht irre ich mich. Ich muss es noch mal sehen, okay?«

»Was immer du willst«, sagte Wagner. »Nur gedulde dich zwei Minuten.«

Sie steuerte die nächste Ausfahrt an, wendete und fuhr zurück. Nach kurzer Zeit näherten sie sich wieder dem Kreuz Flughafen.