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Klapdor räusperte sich.

»Was wissen wir über diesen O’Dea, was nicht in unseren Akten steht?«, fragte er.

Lavallier schüttelte den Kopf.

»Nichts.«

»Das ist nicht eben viel.«

»Ich schätze, Ryan O’Dea hat bis vor einem halben Jahr noch gar nicht existiert. Ich bin sogar sicher, dass er es bewusst vermieden hat, Freundschaften zu knüpfen. Beschäftigen müssen wir uns also mit Patrick Clohessy. Und das sieht gelinde gesagt nicht gut aus.«

»Sie sagten, er war bei der IRA .«

»Ja, richtig, bei der IRA«, unterbrach ihn Stankowski. »Na und? Machen wir nicht die Pferde scheu. Die IRA hat nie außerhalb der Britischen Inseln operiert.«

»Wie man’s nimmt«, wandte Knott vorsichtig ein.

»Wieso?«

»Den Semtex-H-Plastiksprengstoff, mit dem sie Ende der Achtziger so gern rumspielten, hat ihnen zum Beispiel Gaddafi geschickt, für spezielle Dienste.«

»Ach, Gaddafi! Das ist über zehn Jahre her.«

»Ich weiß, worauf Sie hinauswollen«, sagte Lavallier. »Wir haben heute Morgen schon die Frage erörtert, ob es die Landungen betrifft. Keine Ahnung, um ehrlich zu sein. Kommissar Bär hat so eine Theorie, wonach es sich um einen internen Clinch der Iren dreht.« Er zögerte. »Andererseits könnte man sich die Frage stellen, was ein IRA-Aktivist dort verloren hat, wo in Kürze Tony Blair landen wird.«

Verschiedentlich wurde scharf die Luft eingesogen.

»Das würden sie nicht wagen.« Knott schüttelte heftig den Kopf. »Nicht so kurz vor der Nordirland-Lösung.«

»Warum nicht?«, sagte Gombel. »Sie wollten auch Thatcher in die Luft sprengen, vierundachtzig in Brighton.«

»Das war eine andere Zeit.«

»Und Major ebenfalls.«

»Aber getan haben sie’s dann doch nicht.«

»Vielleicht ist ihnen aufgegangen, dass sie den Engländern damit eine zu große Freude bereitet hätten. Aber Sie haben Recht. Blair ist ihr Garant für den Frieden, oder nicht?« Gombel sah Lavallier an. »Warum sollten sie Blair umpusten, wo sich die Wogen gerade glätten?«

»Das sehen Sie zu idealistisch«, sagte Lavallier. »Ich bin kein Irlandexperte, aber wenn die IRA ihrer Entwaffnung zustimmt und die Iren sich mit den Engländern einigen, zerschlägt sich eine Riesenorganisation. Sinn Fein, der legale Flügel, ist zerrissen, die IRA gespalten. Der harte extremistische Kern wird weiterkämpfen. Die meisten von ihnen sind hoffnungslos kriminalisiert, was sollen sie tun, wenn sich der Streit mit den Engländern erledigt hat? Ich meine, was tut der KGB, und der war immerhin legal? Es ist schon mehrfach passiert, dass IRA-Extremisten gemordet haben, einfach um einen Friedensprozess zu stoppen, der sie arbeitslos machen würde. Nicht alle in Irland wollen diesen Frieden. Glauben Sie im Ernst, wenn es Blair hier und heute erwischt, hier in Köln, würde sich London noch eine Minute mit denen an den Tisch setzen?«

Klapdor zupfte am Band seiner Brille.

»Ich verstehe«, sagte er langsam. »Sie geben uns zu bedenken, dass wir im schlimmsten Fall die prominenten Flüge umleiten sollen.«

Es war raus.

Lavallier seufzte. Clinton, Jelzin, Blair und die übrigen Politiker des Gipfels auf andere Flughäfen umzuleiten, würde einem Alptraum gleichkommen. Aber ein Anschlag wäre noch viel schlimmer.

»In letzter Konsequenz wird das BKA diese Entscheidung zu treffen haben«, sagte er. »Oder die Amerikaner. Und das werden sie so lange nicht, bis ich eine entsprechende Empfehlung ausgesprochen habe.«

Stankowski schüttelte wütend den Kopf.

»Sehen Sie«, fuhr Lavallier fort, »ich hoffe auf weitere Ergebnisse. In den nächsten Stunden kann ich mehr dazu sagen und .«

»Solange Sie nichts anderes haben als diese Räuberpistole, sehe ich keine Veranlassung, das Programm zu ändern! Herrgott! Die Russen, die Serben, die Algerier, die Kurden, selbst der Irak, alle backen kleine Brötchen, und da kommen Sie mit der IRA!«

Lavallier verstand die Erbitterung des Verkehrsleiters. Er und Knott hatten monatelang jede Kleinigkeit mit den ausländischen Delegationen verhandelt, bis das Protokoll stand. Bestand er darauf, die Flüge umzuleiten, wäre das glanzvolle Willkommen dahin. Unendliche Mühe wäre umsonst gewesen. Ein paar Außenminister, ein paar Diplomaten, während die Häuptlinge Frankfurt oder Düsseldorf beehrten.

Die Vorstellung war schrecklich!

Eine Weile herrschte Schweigen.

»Gut, Lavallier«, sagte Gombel schließlich. Er versuchte sich an einem Lächeln. Es misslang. »Sie tun Ihr Bestes. Noch haben wir keinen Beweis für einen Anschlag auf das Leben der Staatsgäste, nicht? Schauen wir erst mal. Wir können auch später noch die Reißleine ziehen, was?«

»Ich schließe mich dem an«, knurrte Stankowski.

Schön, dachte Lavallier, dann schließ dich an. Lass Clohessy eine Bombe versteckt haben, die uns durch die Lappen gegangen ist, und dein schönes neues Terminal fliegt dir um die Ohren.

Laut sagte er: »Nein, natürlich haben wir keine Beweise. Das ist es ja, was ich eingangs meinte.« Er erhob sich und strich sein Jackett glatt. Im Moment hatte er das Gefühl, als sei es ihm in der letzten Stunde zu eng geworden. »Aber wenn sich die Anzeichen mehren, dass es doch was mit uns zu tun hat, muss ich Sie bitten, sich etwaigen Konsequenzen nicht zu verschließen.«

»Natürlich«, nickte Knott.

»Mann, wir haben Clinton«, fuhr Stankowski auf. »Glauben Sie, wir lassen uns Clinton durch die Lappen gehen?«

»Ist ja noch gar nicht raus, ob.«

»Der Secret Service hat den ganzen verdammten Flughafen umgestülpt! Hier ist nichts! In Düsseldorf, du lieber Himmel, wenn er da landet, kann er sich gleich selbst erschießen, aber wo soll denn–«

»Es sagt doch gar keiner, dass er in Düsseldorf landet«, versuchte Klapdor den aufgebrachten Verkehrsleiter zu beruhigen.

»Wo soll denn hier was versteckt sein? Lavallier, Mensch! Haben wir irgendetwas übersehen?«

Lavallier schüttelte den Kopf.

»Nein.«

»Mannomann! Verdammt!«

Knott seufzte. Klapdor sah die Bilder an. Gombel strich sich nachdenklich über die Glatze.

»Na gut«, sagte er. »Es wäre schon eine Schande, nicht? Könnte der Flughafen schlecht gebrauchen in dieser Phase. Aber was ist, das ist. Lassen wir Lavallier seine Arbeit machen, in Ordnung?«

»Ja, finden Sie den Scheißkerl«, schnaubte Stankowski. »Sie haben unsere Gebete.«

»Wir tun, was wir können«, sagte Lavallier.

Gombel brachte ihn nach draußen und schüttelte ihm die Hand.

»Sie machen das schon«, sagte er leise. »Stankowski sieht das nicht anders. Ich wäre an seiner Stelle auch sauer, aber er vertraut Ihnen ebenso wie ich. Es ist Ihre Entscheidung.«

Lavallier nickte unglücklich.

Es war eine gute Zusammenarbeit zwischen ihm, der Geschäftsleitung, Stankowski, Knott und den anderen, die in das Procedere der Landungen involviert waren. Während er die Treppen hinuntertrottete, rief er sich in Erinnerung, unter welch enormem Druck sie alle standen. Trotzdem kamen sie blendend miteinander aus, nur dass dieser Druck mit jedem Tag, den die Ankunft der Spitzenpolitiker näher rückte, immer mörderischer wurde. Jeder war ergriffen von den höheren Weihen, die dem Airport zuteil wurden, aber die Nerven lagen umso blanker.

Ohnehin war man hier in einer schwierigen Situation. Das ehrgeizige Projekt des neuen Terminals konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass Köln-Bonn in der Öffentlichkeit nach wie vor eklatante Imagedefizite aufwies. Als Beamtenflughafen entstanden, klein und provinziell, im Niemandsland der Heide, hatte ihn jahrelang keiner so recht zur Kenntnis genommen. Selbst nachdem immer mehr Airlines Köln-Bonn anflogen, hatten Kölner Reisebüros Urlauber mit beharrlicher Regelmäßigkeit in Düsseldorf eingebucht. Der Schatten der Nachbarstadt hatte jahrelang auf Köln-Bonn gelastet wie ein böser Fluch. Man gab sich alle Mühe, das Angebot zu erweitern, flog auf die Seychellen und in die Karibik, aber wer vier Kilometer weiter in einem Reisebüro der Kölner Innenstadt zwei Wochen Dominikanische Republik buchte, musste sich jemanden suchen, der ihn morgens früh um fünf nach Düsseldorf fuhr.