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»Tut mir sehr leid«, sagte sie, »wir sind völlig ausgebucht.«

»Das ist aber eine ganz besondere Nummer.«

»Es tut mir ehrlich leid. Vielleicht nächste Woche.«

»Hören Sie«, sagte Blaine, »meine Nummer ist wirklich einmalig. Sehen Sie, ich bin ein Mann aus der Vergangenheit.«

»Es würde mich auch nicht interessieren, wenn Sie das Gespenst von Kirk Douglas wären«, flötete sie. »Wir sind ausgebucht. Versuchen Sie’s nächste Woche noch einmal.«

Blaine wandte sich ab, um zu gehen. Ein kurzer, gedrungener Mann schoß an ihm vorbei und nickte der Empfangsdame knapp zu.

»Morgen, Miss Thatcher.«

»Morgen, Mr. Barnex.«

Barnex! Einer der Agenten! Blaine rannte hinter ihm her und packte ihn am Ärmel.

»Mr. Barnex«, sagte er, »ich habe eine Nummer -«

»Jeder hat eine Nummer«, sagte Barnex gelangweilt.

»Aber diese Nummer ist einmalig!«

»Jedermanns Nummer ist einmalig«, sagte Barnex. »Lassen Sie meinen Ärmel los. Versuchen Sie’s nächste Woche noch einmal.«

»Ich bin aus der Vergangenheit!« rief Blaine und kam sich plötzlich ziemlich lächerlich vor. Barnex drehte sich um und starrte ihn an. Er sah so aus, als würde er gleich die Polizei oder die Feuerwehr anrufen. Aber Blaine redete weiter, ohne Rücksicht auf Verluste.

»Ich bin es wirklich!« sagte er. »Ich habe absolut sichere Beweise. Die Rex Corporation hat mich aus der Vergangenheit gerissen. Fragen Sie sie doch!«

»Rex?« sagte Barnex. »Ja, bei Lindys habe ich davon gehört … Hmm. Kommen Sie mit in mein Büro, Mister -«

»Blaine, Tom Blaine.« Er folgte Barnex in eine winzige überfüllte Nische. »Haben Sie eine Verwendung für mich?« fragte er.

»Vielleicht«, sagte Barnex und winkte Blaine in einen Sessel. »Kommt drauf an. Sagen Sie mir, Mr. Blaine, aus welcher Epoche der Vergangenheit stammen Sie?«

»Aus 1958. Ich habe genaue Kenntnisse der dreißiger, vierziger und fünfziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts. Ich habe auf der Schulbühne gestanden und eine Berufsschauspielerin, die ich mal kannte, hat mir gesagt, daß ich eine natürliche -«

»1958? Zwanzigstes Jahrhundert, ja?«

»Ja, genau.«

Der Agent schüttelte den Kopf. »Zu schade. Wenn Sie nun ein Schwede aus dem sechsten Jahrhundert gewesen wären oder ein Japaner aus dem siebten, dann hätte ich Ihnen eine Stelle verschaffen können. Ich hatte auch keine Schwierigkeiten damit, Verträge für unsere Römer aus dem ersten Jahrhundert und unseren Sachsen aus dem vierten Jahrhundert zu bekommen, und von denen könnte ich noch ein paar mehr gebrauchen. Aber es ist verdammt schwierig, jemanden aus diesen frühen Jahrhunderten zu bekommen, seitdem die Zeitreisen verboten wurden. Und vor Christus, das kann man erst recht vergessen.«

»Aber was ist mit dem 20. Jahrhundert?« fragte Blaine.

»Ausgebucht.«

»Ausgebucht?«

»Klar. Ben Therler aus 1953 bekommt schon alle zur Verfügung stehenden Auftritte.«

»Ich verstehe«, sagte Blaine und stand langsam auf. »Na ja, Mr. Barnex, trotzdem vielen Dank.«

»Keine Ursache«, sagte Barnex. »Hätte Ihnen gerne geholfen. Wenn Sie aus irgendeiner Zeit vor dem elften Jahrhundert gewesen wäre, egal von welchem Ort, dann hätte ich Sie wahrscheinlich unterbringen können. Aber so neues Zeugs wie das neunzehnte und zwanzigste Jahrhundert, dafür interessiert sich kaum jemand … He, warum gehen Sie nicht mal zu Therler? Es ist zwar kaum wahrscheinlich, aber vielleicht kann er Sie ja als Gehilfe oder sowas gebrauchen.« Er kritzelte eine Adresse auf einen Zettel und reichte sie Blaine.

Blaine nahm den Zettel, dankte ihm noch einmal und ging.

Auf der Straße blieb er einen Augenblick stehen und haderte mit seinem Schicksal. Seine einzige und unanfechtbare Fähigkeit – sein Neuheitswert – von Ben Therler aus dem Jahre 1953 usurpiert! Wirklich, dachte er, man sollte die Zeitreisen doch wesentlich exklusiver halten! Es war einfach nicht fair, einen Mann hier abzuwerfen und sich dann nicht mehr um ihn zu kümmern.

Er überlegte, was für ein Mann Therler wohl sein mochte. Na ja, er würde es ja merken. Selbst wenn Therler keinen Assistenten brauchen sollte, wäre es immer noch eine Freude und ein Trost, mit jemandem von Zuhause reden zu können. Und Therler, der ja schon länger hier lebte, konnte vielleicht ein paar Tips geben, was ein Mensch aus dem zwanzigsten Jahrhundert im Jahre 2110 anfangen konnte.

Er winkte ein Helitaxi herbei und gab dem Piloten die Adresse. Fünfzehn Minuten später befand er sich in Therlers Hochhaus und drückte auf die Klingel seines Apartments.

Ein geschniegelter, rundlicher, selbstzufrieden wirkender Mann in einem Morgenmantel öffnete die Tür.

»Sind Sie der Fotograf?« fragte er. »Sie sind zu früh.«

Blaine schüttelte den Kopf. »Mr. Therler, wir sind einander noch nie begegnet. Ich stamme aus Ihrem Jahrhundert. Ich bin von von 1958.«

»Ach ja, tatsächlich?« fragte Therler mit offensichtlichem Mißtrauen.

»Es stimmt«, sagte Blaine. »Ich bin von der Rex Corporation hergeholt worden. Sie können sich meine Geschichte von ihnen bestätigen lassen.«

Therler zuckte mit den Schultern. »Na gut, was wollen Sie?«

»Ich hatte gehofft, daß Sie vielleicht einen Gehilfen brauchen oder so -«

»Nein, nein, ich arbeite nie mit Gehilfen«, sagte Therler und wollte die Tür schließen.

»Na ja, das habe ich auch nicht erwartet«, sagte Blaine. »Der wirkliche Grund, weswegen ich gekommen bin, war, um mit Ihnen zu reden. Man ist ziemlich einsam in einem fremden Jahrhundert. Ich wollte mal mit jemandem aus meiner Zeit reden. Ich dachte vielleicht ginge es Ihnen auch so.«

»Mit mir? Oh!« sagte Therler und lächelte plötzlich ein Bühnenlächeln. »Ach so, Sie meinen über das gute alte zwanzigste Jahrhundert! Tja, Kamerad, ich würde liebend gern irgendwann mal mit Ihnen darüber reden. Das kleine alte New York! Die Dodgers und Yankees, die Kutschen im Park, die Rollschuhbahn auf der Rockefeller Plaza! Das fehlt mir wirklich! Junge, Junge! Aber ich fürchte, daß ich im Augenblick ein bißchen arg beschäftigt bin.«

»Natürlich«, sagte Blaine. »Vielleicht ein anderes Mal.«

»Prima! Aber gern!« sagte Therler und lächelte noch strahlender. »Rufen Sie doch meine Sekretärin an, alter Junge, ja? Sie wissen ja, Termine, Termine! Wir werden uns mal ordentlich unterhalten, demnächst mal. Ich vermute, daß Sie vielleicht den einen oder anderen Dollar gebrauchen könnten -«

Blaine schüttelte den Kopf.

»Dann auf Wiedersehen«, sagte Therler fröhlich. »Und rufen Sie doch bald mal an!«

Blaine verließ hastig das Gebäude. Es war schon schlimm genug, wenn einer einem seinen Neuheitswert gestohlen hatte; aber es war noch viel schlimmer, wenn das ein völliger Scharlatan getan hatte, ein Zeitbetrüger, der dem Jahr 1953 niemals näher als hundert Jahre gekommen war. Die Rockefeller Rollschuhbahn! Und selbst dieser Patzer wäre gar nicht nötig gewesen. Alles an dem Mann wirkte unecht.

Aber traurigerweise war Blaine wahrscheinlich im Jahre 2110 der einzige Mann, der den Schwindel als solchen erkennen konnte.

An diesem Nachmittag kaufte Blaine Ersatzkleider und eine Rasurausrüstung. In einem billigen Hotel an der Fifth Avenue nahm er sich ein Zimmer. Die nächste Woche suchte er weiterhin nach Arbeit.

Er versuchte es mit den Restaurants, aber menschliche Tellerwäscher waren eine Sache der Vergangenheit. In den Docks und Raumhäfen erledigten Roboter die meiste körperliche Schwerarbeit. Eines Tages sprach man sich zögernd für ihn aus, als er sich um eine Stelle als Verpackungskontrolleur im Kaufhaus Gimbel-Macy’s bewarb. Doch nachdem die Personalabteilung sein Persönlichkeitsprofil, seinen Irritablitätsindex und seine Suggestibilitätseinstufung studiert hatte, entschied man sich doch für einen kleinen, stumpf dreinblickenden Mann aus Queens, der einen Magisterabschluß in Verpackungsdesign besaß.