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»So war das«, schloß Melhill. »Den Rest kannst du dir denken. Seit es die Jenseits, Inc. gibt, haben verflucht viel mehr Leute den Tod überlebt. Aber natürlich werden auch sehr viel mehr dabei wahnsinnig.«

»Und dadurch entstanden viel mehr Gespenster«, schloß Blaine.

»Genau. Eins davon ist hinter dir her«, sagte Melhill, und seine Stimme wurde schwächer. »Also paß auf dich auf, Tom, ich muß jetzt gehen.«

»Was ist denn das für ein Gespenst?« fragte Blaine. »Wessen Geist ist es? Und warum mußt du weg?«

»Man braucht Energie, um auf der Erde zu bleiben«, flüsterte Melhill. »Ich bin so gut wie verbraucht. Muß mich erst wieder aufladen. Hörst du mich noch?«

»Ja, red weiter.«

»Ich weiß nicht genau, wann sich das Gespenst zeigen wird, Tom. Und ich weiß auch nicht, wer es ist. Ich habe ihn gefragt, aber er wollte es mir nicht sagen. Hüte dich jedenfalls vor ihm.«

»Ich passe auf«, sagte Blaine und preßte das Ohr an den Lautsprecher. »Ray! Werde ich dich nochmal sprechen können?«

»Ich glaube schon«, sagte Melhill, dessen Stimme kaum noch zu hören war. »Tom, ich weiß, daß du einen Job suchst. Versuch es mal bei Ed Franchel, 322 West 19. Straße. Ist rauhe Arbeit, bringt aber auch gutes Geld. Und paß auf dich auf!«

»Ray!« schrie Blaine. »Was für eine Art von Gespenst ist das?«

Er erhielt keine Antwort. Der Lautsprecher blieb still, und er war allein in dem grauen Raum.

XIV

322 West 19. Straße, die Adresse, die Ray Melhill ihm gegeben hatte, war ein kleines, heruntergekommenes Braunsteinhaus in der Nähe der Docks. Blaine stieg die Stufen hoch und drückte den Erdgeschoßsummer, auf dem Edward J. Franchel Enterprises stand. Ein großer, beinahe glatzköpfiger Mann in Hemdsärmeln öffnete die Tür.

»Mr. Franchel?« fragte Blaine.

»Der bin ich«, sagte der Mann mit einem entschiedenen fröhlichen Lächeln. »Hier entlang, Sir.«

Er führte Blaine in ein Apartment, in dem es scharf nach gekochtem Kohl stank. Der vordere Teil des Apartments war als Büro eingerichtet, mit einem papierübersäten Schreibtisch, einem staubigen Aktenschrank und mehreren Stühlen mit steifen Rückenlehnen. Dahinter sah Blaine ein dunkles Wohnzimmer. Aus dem hinteren Innenraum des Apartments krächzte ein Solido eine Tagesshow heraus.

»Entschuldigen Sie bitte den Zustand«, sagte Franchel und winkte Blaine auf einen Stuhl. »Ich werde in ein richtiges Büro im oberen Teil der Stadt ziehen, sobald ich die Zeit dazu habe. Die Aufträge sind so schnell und wild reingekommen … Nun, Sir, was kann ich für Sie tun?«

»Ich suche einen Job«, sagte Blaine.

»Scheiße!« sagte Franchel. »Ich dachte, Sie wären ein Kunde.« Er drehte sich in die Richtung des lärmenden Solidos und rief: »Alice, würdest du mal das verdammte Ding leiser stellen!« Er wartete, bis die Lautstärke ein wenig nachgelassen hatte, dann wandte er sich an Blaine. »Kumpel, wenn das Geschäft nicht bald besser läuft, dann werde ich wohl wieder eine Selbstmordkabine in Coney Island aufmachen. Einen Job, eh?«

»Ja. Ray Melhill hat mir geraten, es bei Ihnen zu versuchen.«

Franchels Gesicht hellte sich auf. »Wie geht’s Ray denn?«

»Er ist tot.«

»Schade«, sagte Franchel. »Er war ein guter Bursche, wenn auch immer ein bißchen wild. Er hat einige Male für mich gearbeitet, wenn die Raumpiloten gerade streikten. Möchten Sie einen Drink?«

Blaine nickte. Franchel ging an den Aktenschrank und holte eine Flasche Ryewhiskey Marke »Mondsaft« hervor. Er fand zwei schartige Gläser und füllte sie mit einem geübten Schlenker.

»Auf den alten Ray«, sagte Franchel. »Ich vermute, daß er wohl eingetütet worden ist, wie?«

»Eingetütet und verpackt«, sagte Blaine. »Ich habe gerade mit ihm über die Geistervermittlung gesprochen.«

»Dann ist er ja bis zur Schwelle gekommen!« sagte Franchel bewundernd. »Kumpel, so ein Glück müßten wir mal haben! Sie wollen also einen Job? Na ja, vielleicht kann ich das einrichten. Stehen Sie mal auf.«

Er ging um Blaine herum, prüfte seine Armmuskeln und tastete mit einer Hand über seine harten Schultermuskeln. Er stellte sich vor Blaine auf, nickte mit gesenktem Blick und machte dann plötzlich mit der Faust eine Finte auf Blaines Gesicht. Blaines Rechte schoß sofort empor und blockte den Schlag rechtzeitig ab.

»Gute Statur, gute Reflexe«, sagte Franchel. »Ich glaube, Sie sind geeignet dafür. Verstehen Sie was von Waffen?«

»Nicht viel«, sagte Blaine und wunderte sich, was er da wohl für eine Stelle bekommen würde. »Nur – äh – antike. Garands, Winchester, Colts.«

»Ehrlich?« fragte Franchel. »Wissen Sie, ich wollte schon immer mal antike Rückstoßlader sammeln. Aber auf dieser Jagd sind keine Projektil- und Strahlenwaffen erlaubt. Was haben Sie noch aufzuweisen?«

»Ich kann mit einem Bajonettgewehr umgehen«, sagte Blaine und dachte daran, wie schallend sein Unteroffizier in der Grundausbildung jetzt gelacht hätte.

»Ja? Stoßen und Parieren und so? Sagenhaft, ich dachte, der Bajonettkampf wäre eine ausgestorbene Kunst! Sie sind der erste, dem ich in fünfzehn Jahren begegnet bin, der das kann. Kumpel, Sie sind angestellt!«

Franchel ging an seinen Schreibtisch zurück, schrieb etwas auf einen Zettel und reichte ihn Blaine.

»Morgen gehen Sie zu dieser Adresse und bekommen Ihre Instruktionen. Sie bekommen den üblichen Jägerlohn, zweihundertfünfzig Dollar plus fünfzig für jeden Arbeitstag. Haben Sie eigene Waffen und Zubehör? Na gut, dann besorge ich Ihnen das Zeug, aber es wird Ihnen vom Lohn abgezogen. Und ich bekomme zehn Prozent Provision. O.K.?«

»Klar«, sagte Blaine. »Könnten Sie mal die Jagd ein wenig erklären?«

»Da gibt es nichts zu erklären. Es ist eine Standardjagd. Aber erzählen Sie es nicht überall herum. Ich bin mir nicht sicher, ob Jagden immer noch erlaubt sind. Ich wünschte, daß der Kongreß die Gesetze über Selbstmord und Genehmigten Mord endlich mal deutlich klären würde. Man weiß ja überhaupt nicht mehr, woran man ist.«

»Ja«, stimmte Blaine ihm von Herzen zu. Wer wußte das schon?

»Wahrscheinlich werden Sie beim Briefing auch was über die rechtlichen Aspekte sagen«, erklärte Franchel. »Die anderen Jäger werden auch da sein, und das Opfer wird euch alles erklären, was ihr wissen müßt. Grüßen Sie Ray von mir, falls Sie nochmal mit ihm reden sollten. Sagen Sie ihm, daß es mir leid tut, daß er getötet wurde.«

»Mache ich«, sagte Blaine. Er entschied sich, keine weiteren Fragen mehr zu stellen, weil er befürchtete, daß ihn das seinen Job kosten könnte. Was immer für eine Jagd das sein mochte, er und sein Körper würden es mit Sicherheit schaffen. Und ein Job, irgendein Job, war nun nötig, sowohl für sein Selbstwertgefühl wie auch für seinen schrumpfenden Geldbeutel.

Er dankte Franchel und ging.

An diesem Abend aß er in einem billigen Imbiß und kaufte sich mehrere Illustrierte. Er war guter Stimmung, daß er eine Stelle bekommen hatte und war sich sicher, daß er seinen Weg in diesem Zeitalter schon machen würde.

Als er auf dem Weg ins Hotel einen Mann in einer Seitenstraße stehen sah, der ihn betrachtete, dämpfte dies seine Freude ein wenig. Der Mann hatte ein bleiches Gesicht und ruhige Buddhaaugen und seine groben Kleider hingen an ihm herunter wie an einer Vogelscheuche.