Выбрать главу

»Das tut er zweifellos auch«, meinte Jones. »Ich hoffe, daß die Wachposten nicht einschlafen.«

Im kleinen Lager ging das gedämpfte Gespräch weiter, und das Feuer wurde kleiner. Blaine wünschte, daß der Morgen bald käme. In der Dunkelheit waren die Rollen vertauscht. Die Jäger waren nun die Gejagten, von einem grausamen und amoralischen Selbstmörder gehetzt, der so viele Menschenleben mit sich fortreißen wollte, wie er nur konnte.

Mit diesem Gedanken im Sinn schlief er ein.

*

Kurz vor der Morgendämmerung wurde er von einem Schrei geweckt. Er packte sein Gewehr und sprang auf, um in die Dunkelheit hineinzustarren. Ein weiterer Schrei, diesmal näher, erscholl, dann war eiliges Dahinhuschen im Wald zu hören. Irgend jemand warf schließlich eine Handvoll Blätter auf die Glut.

In dem plötzlichen gelben Aufflackern erblickte Blaine einen Mann, der zum Lager zurücktaumelte. Es war einer der Wachposten, der seinen Speer hinter sich her zog. Er blutete aus zwei Wunden, schien aber nicht tödlich verletzt zu sein.

»Dieser Bastard!« schluchzte der Speermann, »dieser lausige Bastard!«

»Gemach, Chico, gemach«, sagte einer der Männer und riß das Hemd des Speermanns auf, um die Wunde zu reinigen und zu verbinden. »Hast du ihn erwischt?«

»Er war zu schnell«, jammerte der Speermann. »Ich hab ihn verfehlt.«

Damit war es für diese Nacht mit dem Schlafen vorbei.

*

Beim ersten Licht der Morgendämmerung waren die Jäger wieder auf und verteilten sich weithin, um eine Spur des Opfers ausfindig zu machen. Theseus fand einen zerbrochenen Knopf und dann einen halb verwischten Fußabdruck. Die Jagd ging weiter, den schmalen Berghang hoch.

An der Spitze der Horde rief Otto plötzlich: »He! Hier! Ich habe ihn!«

Theseus rannte auf ihn zu, gefolgt von Blaine und Jones. Sie sahen Hull, der sich langsam zurückzog und konzentriert zusah, wie Otto, die Bola um seinen kurzhaarigen Kopf wirbelnd, auf ihn zukam. Das argentinische Lasso zischte durch die Luft, und seine drei Eisenkugeln waren nun unscharf zu erkennen. Dann ließ Otto los. Sofort warf sich Hull zu Boden. Die Bola flog nur wenige Inches über seinem Kopf an ihm vorbei, wickelte sich um einen Ast und riß ihn ab. Hull rannte mit breitem Grinsen auf den waffenlosen Mann zu.

Bevor er ihn erreicht hatte, war Theseus angekommen und hatte seinen Dreizack gehoben. Sie parierten ihre gegenseitigen Schläge, dann wirbelte Hull herum und rannte davon.

Theseus stieß zu. Das Opfer heulte vor Schmerz auf, lief jedoch weiter.

»Hast du ihn verwundet?« fragte Jones.

»Eine Fleischwunde am Hintern«, sagte Theseus. »Wahrscheinlich sehr schmerzlich für seinen Stolz.«

Die Jäger rannten weiter, schwer atmend den Abhang hoch. Doch wieder einmal hatten sie ihr Opfer verloren.

Sie verteilten sich, umringten den schmalen Berg und arbeiteten sich langsam auf seine Spitze hoch. Vereinzelte Geräusche und Fußabdrücke sagten ihnen, daß das Opfer sich immer noch vor ihnen befand und sich nach oben zurückzog. Als die Bergspitze immer schmaler wurde, konnten sie ihre Reihen noch dichter schließen und verringerten damit jede Möglichkeit für Hull, zwischen ihnen durchzuschlüpfen.

Gegen Spätnachmittag waren die Pinien und Nadelbäume rar geworden. Über ihnen befand sich ein planloses Labyrinth aus Granitfelsen und dahinter schließlich der Gipfel selbst.

»Vorsichtig, jetzt!« rief Jones den Jägern zu.

Noch während er es sagte, griff Hull an. Er sprang hinter einer Felsenspitze hervor, lief auf den alten Bjorn, den Streitkolbenmann, zu und versuchte mit zischendem Rapier, den Mann so schnell wie möglich niederzustrecken und aus der Falle der Jäger zu entkommen.

Doch Bjorn gab nur langsam nach, parierte die Stöße des Rapiers vorsichtig, indem er seinen Streitkolben mit beiden Händen umfaßte als sei er ein Kampfstock. Hull schrie den phlegmatischen Mann fluchend an, griff ihn wild an und wich ihm gerade noch rechtzeitig aus, um einem Schlag des Streitkolbens zu entgehen.

Der alte Bjorn kam näher – zu schnell. Das Rapier huschte in seine Brust und wieder zurück wie eine züngelnde Schlange. Bjorns Streitkolben fiel zu Boden, und sein Körper rollte den Abhang hinunter.

Doch die Jäger hatten den Kreis bereits wieder geschlossen. Hull zog sich zurück in das Felsengewirr.

Die Jäger schritten vorwärts. Blaine bemerkte, daß die Sonne schon fast versunken war; schon jetzt war die Luft vom Zwielicht leicht getönt, und lange Schatten erstreckten sich über die grauen Felsen.

»Wird langsam Abend«, sagte er zu Jones.

»Haben vielleicht noch eine halbe Stunde Licht«, sagte Jones und schielte an den Himmel. »Besser, wenn wir ihn möglichst bald erledigen. Wenn es dunkel ist, kann er jeden von uns einfach vom Fels pieksen.«

Sie stiegen nun schneller hoch und suchten die hohen Felsen ab.

»Er könnte Felsen auf uns herabrollen«, meinte Blaine.

»Der nicht«, sagte Jones. »Dazu ist er viel zu verflucht stolz.«

Und dann trat Hull hinter einem hohen Felsen neben Blaine hervor.

»Also gut, Gewehrmann«, sagte er.

Blaine, der sein Gewehr hoch trug, konnte gerade noch einen Stich parieren. Die Klinge des Rapiers kratzte am Gewehrlauf entlang und verfehlte seinen Hals. Automatisch drehte er ihn beiseite. Irgend etwas brachte ihn dazu, zu brüllen, als er vorstieß, dem Stoß eine verzückte Schlitzbewegung folgen zu lassen und dann einen hoffnungsfrohen Hieb mit dem Kolben zu machen, der das Gehirn seines Feindes über die Felsen verspritzen sollte. In diesem Augenblick war Blaine kein zivilisierter Mann mehr, der in einer schmerzlichen Notlage handeln mußte; er war ein viel primitiveres Wesen, das voller Freude seiner wahren Berufung des Mordens nachging.

Das Opfer wich seinen Stößen mit schneller, seidiger Eleganz aus. Blaine torkelte ihm nach, die Wut fraß an seinem Können. Plötzlich wurde er von Sammy Jones beiseite gestoßen.

»Meiner«, sagte Jones. »Ganz meiner. Ich bin dein Mann, Hull. Versuch’s doch mal mit deinem Schweinestecher.«

Hull griff mit ausdruckslosem Gesicht an, sein Rapier blitzte auf. Jones stand fest auf leicht gebeugten Beinen, die Streitaxt drehte sich leicht in seinen Händen. Hull machte einen Ausfallschritt und stieß vor. Jones parierte so hart, daß die Funken flogen und das Rapier sich bog wie ein frischer Zweig.

Die anderen Jäger waren inzwischen auch eingetroffen. Sie setzten sich auf die herumliegenden nahen Felsen und atmeten schwer und tief von der Anstrengung des Laufens. Sie gaben Kommentare zu dem Duell ab und riefen Ratschläge.

»Dräng ihn an die Klippe, Sammy!«

»Nein, über den Rand mit ihm!«

»Brauchst du Hilfe?«

»Nein, verdammt!« brüllte Jones zurück.

»Paß auf, daß er dir keinen Finger absäbelt, Sammy!«

»Keine Bange«, sagte Jones.

Blaine sah zu, und seine Wut ließ so schnell nach, wie sie gekommen war. Er hatte gedacht, daß eine Streitaxt eine unbeholfene Waffe war, bei der man bei jedem Schlag erst voll ausholen müßte. Doch Sammy Jones ging mit der kurzen, schweren Axt um, als sei sie ein Taktstock. Er holte nicht aus sondern ließ sie aus jeder Stellung hervorschnellen und zurückwirbeln, und er drängte Hull mit seinem unerschütterlichen Gewicht und seinem Schub an den Rand der Klippe. Blaine begriff, daß die beiden Männer nicht wirklich miteinander zu vergleichen waren. Hull war ein begabter Amateur, ein dilettantischer Mörder; Jones war ein gewiefter professioneller Killer. Es war, als ob man einen wilden Haushund gegen einen Dschungeltiger kämpfen ließ.

Das Ende kam schnell im blauen Zwielicht des Berggipfels. Sammy Jones parierte einen Stich und stampfte vor, die Axt aus der Rückhand schwingend. Die Klinge hieb tief in Hulls linke Seite. Hull stürzte brüllend den Berg hinunter. Sekundenlang hörten sie, wie sein Körper aufstieß und weiterrollte.