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»Ohne jeden Zweifel. Mr. Blaine, das Jenseits gehört Ihnen.«

Blaine trank seinen Sherry aus und stand auf, ein bißchen schwankend. »Das Leben nach dem Tode gehört mir? Wann immer ich sterben mag? Woran ich auch sterben mag?«

»Genau. Egal wie oder warum sie sterben mögen, Ihr Geist wird nach dem Tode überleben. Wie fühlen Sie sich?«

»Ich weiß nicht«, sagte Blaine.

Erst eine halbe Stunde später, als er in sein Apartment zurückkehrte, kam die Reaktion.

Das Jenseits gehörte ihm!

Plötzlich fühlte er sich wild und ekstatisch. Nichts war jetzt noch wichtig, überhaupt nichts! Er war unsterblich! Man könnte ihn auf der Stelle töten und er würde dennoch weiterleben!

Er fühlte sich wunderbar trunken. Fröhlich überlegte er, ob er sich nicht unter die Räder eines vorüberfahrenden Lasters stürzen sollte. Was machte das schon? Nichts konnte ihn wirklich mehr verwunden! Er konnte nun amoklaufen und fröhlich die Menge niedermetzeln. Warum nicht? Das einzige, was die Bullen töten konnten, war sein Körper!

Das Gefühl war unbeschreiblich. Nun wurde Blaine zum erstenmal klar womit die Menschheit hatte leben müssen, bevor das wissenschaftliche Jenseits entdeckt worden war. Er erinnerte sich an die schwermütige, triste, ständige, unbewußte Angst vor dem Tode, die sich wie ein schauriger Bandwurm durch die Windungen des menschlichen Geistes gezogen hatte, ein Gespenst, das Tag und Nacht umherspukte, der Lauerer hinter der Ecke, der Schatten hinter der Tür, der ungesehene Gast bei jedem Bankett, die undefinierbare Gestalt in jeder Landschaft, immer präsent, immer wartend -

Nie wieder.

Denn nun war seinem Geist eine gewaltige Last abgenommen worden. Die Furcht vor dem Tode war vorüber, betäubend vorüber und er fühlte sich leicht wie Luft. Der Tod, dieser Erzfeind, war besiegt worden!

Er kehrte euphorisch gestimmt in sein Apartment zurück. Als er die Tür aufschloß, klingelte das Telefon.

*

»Blaine.«

»Tom!« Es war Marie Thorne. »Wo bist du gewesen? Ich habe den ganzen Nachmittag versucht, dich zu erreichen.«

»Ich bin ausgegangen, Liebling«, sagte Blaine. »Wo zum Teufel warst du denn?«

»Bei Rex«, sagte sie. »Ich habe versucht, rauszukriegen, was sie vorhaben. Jetzt hör gut zu, ich habe ein paar wichtige Neuigkeiten für dich.«

»Ich habe ein paar Neuigkeiten für dich, meine Liebe«, sagte Blaine.

»Hör mir zu! Heute wird ein Mann dein Apartment aufsuchen. Es wird ein Vertreter der Jenseits, Inc. sein, und er wird dir eine kostenlose Jenseitsversicherung anbieten. Nimm sie nicht an.«

»Warum nicht? Ist er nicht echt?«

»Doch, er ist völlig echt und das Angebot auch. Aber du darfst es nicht annehmen.«

»Das habe ich schon«, sagte Blaine.

»Du hast was?«

»Er war vor ein paar Stunden hier. Ich habe es angenommen.«

»Haben sie dich schon behandelt?«

»Ja. War das unecht?«

»Nein«, sagte Marie, »natürlich nicht. Ach, Tom, wann wirst du endlich einmal lernen, keine Geschenke von Fremden anzunehmen? Es gab doch noch genug Zeit für eine spätere Jenseitsversicherung … Oh, Tom!«

»Was ist los?« fragte Blaine. »Es war ein Stipendium von der Main-Farbenger Textilien Corporation.«

»Die gehört zu hundert Prozent der Rex Corporation«, sagte Marie ihm.

»Oh … Na ja, und?«

»Tom, die Direktoren haben dir dieses Stipendium bewilligt, sie haben Main-Farbenger als Tarnung genommen, aber das Stipendium hat dir Rex gegeben! Siehst du denn nicht, was das heißt?«

»Nein. Würdest du bitte aufhören zu schreien, und es mir erklären?«

»Tom, es geht um den Paragraphen über Genehmigten Mord im Selbstmordgesetz. Sie werden seine Anwendung erzwingen.«

»Wovon redest du?«

»Ich rede von dem Teil des Selbstmordgesetzes, der die Annahme von Wirtskörpern für legal erklärt. Rex hat das Überleben deines Geistes nach dem Tode garantiert, und du hast es angenommen. Jetzt können Sie dir ganz legal deinen Körper wieder abnehmen und verwenden, wie sie wollen. Er gehört ihnen. Sie können deinen Körper töten, Tom!«

»Mich töten?«

»Ja. Und natürlich werden sie das auch tun. Die Regierung plant rechtliche Schritte gegen sie zu unternehmen, weil sie dich illegal aus der Vergangenheit geholt haben. Wenn du nicht da bist, dann wird es auch keine Anklage geben. Jetzt hör zu. Du mußt New York verlassen und dann das Land. Vielleicht lassen sie dich dann in Ruhe. Ich werde dir helfen. Ich meine, du solltest -«

Das Telefon war tot.

Blaine drückte ein paarmal auf die Gabel, doch es kam kein Freizeichen. Offenbar war die Leitung unterbrochen worden.

Die ekstatische Fröhlichkeit, die ihn noch vor wenigen Sekunden erfüllt hatte, verließ ihn. Das berauschende Gefühl der Befreiung vom Tode verschwand. Wie hatte er nur an Amoklaufen denken können? Er wollte leben. Er wollte im Fleische leben, auf der Erde, die er kannte und liebte. Geistige Existenz war prima, aber jetzt wollte er sie noch nicht. Noch lange nicht. Er wollte unter festen Gegenständen leben, Luft atmen, Brot essen und Wasser trinken, Fleisch um sich herum fühlen, fremdes Fleisch berühren.

Wann würden sie versuchen, ihn umzubringen? Jederzeit. Sein Apartment war eine Falle. Schnell stopfte Blaine sein ganzes Geld in seine Tasche und eilte zur Tür. Er öffnete sie und blickte hoch und in den Gang. Er war leer.

Er lief hinaus, rannte durch den Korridor und blieb stehen.

Ein Mann war gerade um die Ecke gekommen. Der Mann stand mitten in der Eingangshalle. Er trug einen großen Projektor, den er auf Blaines Magengegend gerichtet hatte.

Der Mann war Sammy Jones.

»Ach, Tom, Tom«, sagte Jones seufzend. »Glaub mir, es tut mir verdammt leid, daß du es bist. Aber Geschäft bleibt Geschäft.«

Als sich der Projektor hob und auf seine Brust richtete, blieb Blaine wie angefroren stehen.

»Warum du?« konnte er noch herausbringen.

»Wer sonst?« fragte Sammy Jones. »Bin ich nicht der beste Jäger der westlichen Hemisphäre und wahrscheinlich auch Europas? Rex hat alle von uns im Gebiet New York angeheuert. Aber diesmal mit Strahler- und Projektorwaffen. Es tut mir leid, daß du es sein mußtest, Tom.«

»Aber ich bin doch auch ein Jäger«, sagte Blaine.

»Du bist nicht der erste, der umgelegt wird. Das gehört nun einmal zum Spiel dazu, Junge. Beweg dich nicht, ich mach’s schnell und sauber.«

»Ich will nicht sterben!« japste Blaine.

»Warum nicht?« fragte Jones. »Du hast doch deine Jenseitsversicherung.«

»Man hat mich reingelegt! Ich will leben! Sammy, tu’s nicht!«

Sammy Jones’ Gesicht verhärtete sich. Er zielte sorgfältig, dann senkte er das Gewehr.

»Ich werde wohl langsam zu weichherzig für dieses Spiel«, sagte er. »Also gut, Tom, lauf los. Ich schätze, jedes Opfer sollte einen kleinen Vorsprung bekommen. Dadurch wird die Sache sportlicher. Aber ich lasse dir nur einen kleinen.«

»Danke, Sammy«, sagte Blaine und eilte durch die Halle.

»Aber Tom – paß auf, wo du hintrittst, wenn du wirklich leben willst. Ich sag’s dir, in New York gibt es im Augenblick mehr Jäger als Einwohner. Und alle Verkehrsmittel werden überwacht.«

»Danke«, rief Blaine, während er die Treppe hinunterlief.

Er war auf der Straße, wußte aber nicht, wohin er gehen sollte. Aber er hatte keine Zeit dafür, unentschlossen zu sein. Es war später Nachmittag, Stunden bevor die Dunkelheit ihm helfen würde. Er wählte eine Richtung und ging los.

Fast instinktiv führten ihn seine Schritte in die Slums der Stadt. 

XXVI

Er schritt an zerfallenen Mietshäusern und uralten Apartmenthäusern vorbei, vorbei an billigen Kneipen und Nachtklubs; die Hände in die Taschen gesteckt, versuchte er zu denken. Er mußte sich einen Plan machen. Wenn er sich keinen Plan machen konnte, wie er aus New York hinauskäme, würden ihn die Jäger innerhalb der nächsten ein bis zwei Stunden aufspüren.