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»Aufhören!« schrie Blaine. »Ich habe diese verdammte Hektik satt! Was ist los mit euch, könnt ihr euch nicht wie menschliche Wesen benehmen? Jetzt haut aber ab!«

»O weh!« seufzte Marie Thorne und schloß die Augen. »Er mußte ja temperamentvoll sein. Ed, sprechen Sie mit ihm.«

Ein behäbiger, schwitzender Mann in mittleren Jahren trat an Blaines Bettkante. »Mr. Blaine«, sagte er beschwörend, »haben wir Ihnen nicht das Leben gerettet?«

»Ich schätze schon«, meinte Blaine mißmutig.

»Wir hätten das nicht zu tun brauchen, wissen Sie. Es hat eine Menge Zeit, Geld und Mühe gekostet, Ihr Leben zu retten. Aber wir haben es getan. Alles, was wir als Gegenleistung wollen, ist der Werbeeffekt.«

»Den Werbeeffekt?«

»Natürlich, Sie sind schließlich von einem Rex-Antriebssystem gerettet worden.«

Blaine nickte und verstand nun, warum seine Wiedergeburt in der Zukunft von allen in seiner Umgebung so ungerührt hingenommen wurde. Die hatten viel Zeit, Geld und Mühe darauf verwandt, es zu bewerkstelligen, hatten es zweifellos aus jeder möglichen Perspektive durchdiskutiert und waren nun gewissenhaft dabei, es auszuschlachten.

»Ich verstehe«, sagte Blaine. »Sie haben mich nur gerettet, um einen Werbegag zu haben, nicht wahr?«

Ed sah unglücklich drein. »Warum soll man es so formulieren? Ihr Leben mußte gerettet werden. Unsere Verkaufskampagne mußte einen neuen Impuls bekommen. Wir haben uns beider Bedürfnisse angenommen, zu Ihrem Wohle und zum Vorteil der Rex Corporation. Vielleicht waren unsere Motive nicht völlig uneigennützig, aber würden Sie es vorziehen, lieber tot zu sein?«

Blaine schüttelte den Kopf.

»Natürlich nicht«, stimmte Ed ihm zu. »Ihr Leben ist Ihnen wertvoll. Besser heute lebendig als gestern tot, eh? Schön. Warum erweisen Sie uns dann nicht ein bißchen Dankbarkeit? Warum unterstützen Sie uns nicht ein bißchen?«

»Ich würde es ja gerne tun«, versicherte Blaine. »Aber Sie gehen mir ein wenig zu schnell vor, da komme ich nicht mit.«

»Ich weiß«, sagte Ed, »und ich habe volles Verständnis für Sie. Aber Sie wissen doch, wie das in der Werbebranche ist, Mr. Blaine. Wir müssen Ihre Rettung jetzt sofort ausschlachten, das Eisen schmieden, solange es noch heiß ist. Sonst nützt es uns nichts mehr.«

»Ich weiß es schon zu schätzen, daß Sie mir das Leben gerettet haben«, sagte Blaine, »auch wenn es nicht völlig uneigennützig war. Ich werde Ihnen gern behilflich sein.«

»Danke, Mr. Blaine«, sagte Ed. »Und bitte: Stellen Sie erst einmal keine Fragen mehr! Sie werden schon im Laufe der Zeit alles verstehen. Miss Thorne, Sie haben freie Fahrt.«

»Danke, Ed«, sagte Marie Thorne. »Also, alles mal herhören! Wir haben vorläufig die Genehmigung von Mr. Reilly, fortzufahren, also werden wir weitermachen wie geplant. Billy, Sie erstellen eine Presseerklärung für die Morgenzeitungen. So eine Art Story à la ›Der Mann aus der Vergangenheit‹ oder so.«

»Ist schon mal gemacht worden.«

»Na und? Ist doch immer wieder neu, oder etwa nicht?«

»Ich schätze, einmal mehr wird auch nicht schaden. Also gut. Ein Mann aus 1988 wurde ergriffen -«

»Entschuldigen Sie«, sagte Blaine, »1958«.

»Also aus dem Jahre 1958, würde aus seinem Autowrack geholt, sobald er gestorben war, und in einen Wirtskörper verpflanzt. Kurzer Abschnitt über den Wirtskörper. Dann erwähnen wir, daß die Rex-Antriebssysteme diese Rettung über einen Zeitraum von einhundertundzweiundfünfzig Jahren hinweg vollbracht haben. Wir erzählen ihnen, wie viele Ergs an Energie wir dabei verbraucht haben oder was immer es auch sonst sein mag, was wir dabei verbrauchen. Ich werde mich wegen der Fachausdrücke an einen Ingenieur wenden. O.K.?«

»Weisen Sie darauf hin, daß kein anderes Antriebssystem das hätte fertigbringen können«, sagte Joe. »Weisen Sie auf das neue Kalibrierungssystem hin, durch das dies ermöglicht wurde.«

»Das werden sie aber nicht alles drucken.«

»Vielleicht doch«, sagte Marie Thorne. »So, Mrs. Vaness. Wir brauchen einen Artikel über Blaines Empfindungen, als ihn die Rex-Antriebssysteme dem Tod entrissen haben. Machen Sie’s schön rührend. Schildern Sie seine ersten Gefühle in der erstaunlichen Welt der Zukunft. Ungefähr fünftausend Worte lang. Wir werden schon dafür sorgen, daß er gedruckt wird.«

Die grauhaarige Mrs. Vaness nickte. »Kann ich ihn jetzt interviewen?«

»Keine Zeit mehr«, sagte Miss Thorne. »Schreiben Sie es selbst zusammen. Erstaunt, verängstigt, aufgeregt, überrascht über all die Veränderungen, die seit seiner Zeit stattgefunden haben. Der wissenschaftliche Fortschritt. Möchte auf den Mars reisen. Mag die neue Mode nicht. Glaubt, daß die Leute in seiner Zeit glücklicher waren ohne die ganze Technik und mit weniger Hektik. Blaine ist schon einverstanden. Nicht wahr, Blaine?«

Blaine nickte stumm.

»Schön. Gestern abend haben wir seine Spontanreaktionen aufgenommen. Mike, Sie und die Jungs machen daraus eine Fünfzehn-Minuten-Spule, die in den Sensoriumsläden verkauft werden soll. Machen Sie daraus ein echtes Sammlerstück für den Snob Appeal. Aber fangen Sie mit einer kurzen, würdevollen technischen Erklärung an, wie Rex die Rettung durchgeführt hat.«

»Alles klar«, sagte Mike.

»Schön. Mr. Brice, Sie leiern ein paar Solido-Shows an, in denen Blaine auftreten kann. Er wird seine Reaktionen auf unsere Zeit wiedergeben, wie er sich fühlt, wie sie im Vergleich zu seiner Zeit wirkt. Sorgen Sie dafür, daß Rex erwähnt wird.«

»Aber ich weiß doch überhaupt nichts über diese Zeit!« warf Blaine ein.

»Das werden wir schon ändern«, versicherte Marie Thorne schnell. »Gut, ich glaube, das reicht für den Anfang. Abflug! Ich werde Mr. Reilly zeigen, was wir bisher alles geplant haben.«

Während die anderen das Zimmer verließen, wandte sie sich an Blaine.

»Vielleicht wirkt das auf Sie wie eine schäbige Behandlung. Aber Geschäft bleibt Geschäft, egal, in welchem Zeitalter man lebt. Morgen werden Sie ein berühmter Mann sein, und wahrscheinlich auch ein reicher. Ich glaube, daß Sie unter diesen Umständen keinen Grund haben, sich zu beklagen.«

Sie ging fort. Blaine sah ihr nach. Schlank und selbstbewußt. Er fragte sich, was in dieser Zeit wohl die Strafe dafür sein mochte, wenn man eine Frau schlug.

IV

Die Krankenschwester brachte ihm sein Mittagessen auf einem Tablett. Der bärtige Arzt trat ein, untersuchte ihn und erklärte, daß er völlig gesund sei. Er sagte, daß er nicht das kleinste Anzeichen einer Wiedergeburtsdepression finden könne, und daß das Todestrauma ganz offensichtlich überbewertet würde. Es gäbe keinen Grund, weshalb Blaine nicht aufstehen und umherwandeln könne.

Die Krankenschwester kehrte mit Kleidung zurück, einem blauen Hemd, braunen Hosen und weichen, runden Schuhen. Dieser Aufzug sei, so versicherte sie ihm, durchaus unauffällig.

Blaine aß mit gutem Appetit. Bevor er sich jedoch anzog, untersuchte er seinen Körper in dem großen, mannshohen Spiegel im Badezimmer. Es war das erste Mal, daß er die Möglichkeit hatte, sich sorgfältig und genau zu betrachten.

Sein früherer Körper war groß und hager gewesen, mit glattem schwarzen Haar und einem gutgelaunten, jungenhaften Gesicht. In den zweiunddreißig Jahren hatte er sich an diesen schnellen, geschickten, leichtgängigen Körper gewöhnt. Er hatte würdevoll seine Konditionsschwächen hingenommen, seine seltenen Erkrankungen, und hatte sie zu Tugenden hochstilisiert, zu einmaligen Eigenschaften seiner Persönlichkeit, die in ihm wohnten. Denn weitaus mehr als die Fähigkeiten waren es die Beschränktheiten gewesen, die das Wesen seines alten Körpers auszumachen schienen.

Er hatte seinen Körper gemocht. Sein neuer Körper war ein Schock.