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Blaine duckte sich hinter eine Gebäudeecke. Langsam flog ein Heli in Dachhöhe vorüber.

»Jäger«, sagte Melhill. »Junge, heute ist dein großer Tag! Man hat eine Belohnung ausgesetzt. Sogar für Hinweise, die zu deiner Ergreifung führen. Tom, ich habe Marie gesagt, daß sie versuchen sollte, dir zu helfen. Ich weiß nicht, wie lange ich das hier kann. Es laugt mich aus. Danach muß ich ins Jenseits.«

»Ray, ich weiß gar nicht, wie ich dir -«

»Hör auf damit. Hör mal, Tom, ich kann nicht viel reden. Marie hat ein paar Freunde dazu bewogen, dir behilflich zu sein. Wenn ich dich zu ihnen bringen kann, dann haben sie einen Plan. Stop!«

Blaine blieb stehen und versteckte sich hinter einem Briefkasten. Lange Sekunden verstrichen. Dann eilten drei Jäger vorbei, die Seitenwaffen griffbereit. Nachdem sie um eine Ecke gebogen waren, konnte Blaine weitergehen.

»Du hast vielleicht Augen!« sagte er zu Melhill.

»Die Sicht hier oben ist ziemlich gut«, antwortete Melhill. »Schnell über diese Straße!«

Blaine machte einen Sprint. Die nächsten fünfzehn Minuten folgte er nach Melhills Anleitungen den gebogenen Straßen, schritt auf dem Schlachtfeld der Stadt vor und machte wieder Rückzüge.

»Hier ist es«, sagte Melhill schließlich. »Die Tür da drüben, Nummer 341. Du hast es geschafft! Tschüß, Tom! Paß auf, daß -«

In diesem Augenblick kamen zwei Männer um eine Ecke, blieben stehen und starrten Blaine an. Einer von ihnen sagte: »He, das ist doch der Bursche!«

»Welcher Bursche?«

»Auf den die Belohnung ausgesetzt ist. He, Sie!«

Sie stürzten vor. Blaine schlug den ersten Mann schnell bewußtlos. Er wirbelte herum, um den zweiten Mann anzugehen, doch Melhill hatte die Situation schon voll unter Kontrolle.

Der zweite Mann hatte die Arme um den Kopf gelegt und versuchte sich zu schützen. Ein Mülleimerdeckel, der auf mysteriöse Weise in der Luft schwebte, prügelte ihn wütend um die Ohren. Blaine schritt vor und erledigte den Mann auch noch.

»Macht verdammt viel Spaß«, sagte Melhill mit schwächer werdender Stimme. »Wollte immer schon mal Gespenst spielen. Aber das kostet Energie … Viel Glück, Tom!«

»Ray!« Blaine wartete, aber er erhielt keine Antwort, und das Gefühl van Melhills Gegenwart war verschwunden.

Blaine wartete nicht länger. Er lief zu Nummer 341 hinüber, öffnete die Tür und trat ein.

Er befand sich in einer engen Eingangshalle. Am Ende des Ganges war eine Tür. Blaine klopfte an.

»Herein!« sagte jemand.

Er öffnete die Tür und trat in einen kleinen, schäbigen Raum, der dicht verhangen war.

Blaine hätte gedacht, daß er mittlerweile vor weiteren Überraschungen sicher wäre. Aber er zuckte unwillkürlich zusammen, als er Carl Orc, den Körperräuber, erblickte, der ihn angrinste. Und neben ihm saß, ebenfalls grinsend, Joe, der kleine Transplantationshändler. 

XXIX

Blaine bewegte sich wie instinktiv wieder in Richtung Tür, aber Orc winkte ihm zu, zu bleiben. Der Körperräuber war unverändert, immer noch sehr groß und schlank, sein Gesicht trug immer noch einen langen, trauernden Ausdruck, seine Augen waren immer noch eng geschlitzt und blickten offen und ehrlich. Seine Kleider hingen etwas schlampig an ihm herunter, als wäre er es mehr gewöhnt, Jeans zu tragen als maßgeschneiderte Hosen.

»Wir haben Sie erwartet«, sagte Orc. »Sie erinnern sich wohl noch an Joe?«

Blaine nickte und erinnerte sich an den kleinen Mann mit dem verschlagenen Blick, der ihn abgelenkt hatte, damit Orc seinen Drink vergiften konnte.

»Freut mich, Sie wiederzusehen«, sagte Joe.

»Darauf gehe ich jede Wette ein«, sagte Blaine und blieb an der Tür stehen.

»Kommen Sie rein und setzen Sie sich«, sagte Orc. »Wir werden Sie schon nicht auffressen, Tom. Ehrlich nicht. Lassen wir die Toten ruhen, hehe.«

»Sie haben versucht, mich umzubringen.«

»Das war Geschäft«, sagte Orc offen heraus. »Jetzt stehen wir auf derselben Seite.«

»Und wieso sollte ich das glauben?«

»Niemand«, erklärte Orc, »hat jemals meine Ehrlichkeit bezweifelt. Nicht, wenn ich wirklich ehrlich gewesen bin, so wie jetzt. Miss Thorne hat uns eingestellt, um Sie sicher aus dem Land zu schaffen, und das werden wir auch tun. Setzen Sie sich und lassen Sie uns darüber reden. Haben Sie Hunger?«

Zögernd setzte Blaine sich hin. Auf einem Tisch standen Sandwiches und eine Flasche Rotwein. Er merkte plötzlich, daß er den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte. Er fing an, die Sandwiches herunterzuschlingen, während Orc sich eine dünne braune Zigarre anzündete und Joe scheinbar vor sich hin döste.

»Wissen Sie«, sagte Orc und blies blauen Dunst aus, »fast hätte ich diesen Job nicht angenommen. Nicht, daß die Bezahlung nicht gestimmt hätte; ich glaube, Miss Thorne war mehr als großzügig. Aber Tom, dies ist eine der größten Menschenjagden, die in unserer Stadt seit langem stattgefunden hat. Hast du schon einmal etwas Derartiges miterlebt, Joe?«

»Noch nie«, sagte Joe und wackelte schnell mit dem Kopf. »Die Stadt ist voll wie Fliegenpapier.«

»Rex will Sie wirklich haben«, sagte Orc. »Sie haben es sich nun einmal in den Kopf gesetzt, Ihren Korpus festzunageln, wo sie ihm auch begegnen mögen. Macht einen nervös, es mit solch einer großen Organisation aufnehmen zu müssen. Aber es ist eine Herausforderung, eine richtig große Herausforderung.«

»Carl mag große Herausforderungen«, sagte Joe.

»Das will ich zugeben«, sagte Orc. »Besonders dann, wenn man viel Geld damit verdienen kann.«

»Aber wo kann ich schon hin?« fragte Blaine. »Wo würde Rex mich denn nicht finden können?«

»So ziemlich nirgendwo«, sagte Orc traurig.

»Von der Erde weg? Mars? Venus?«

»Noch schlimmer. Die Planeten besitzen nur ein paar Dörfer und Kleinstädte. Da kennt jeder jeden. Die Nachricht wäre innerhalb von einer Woche schon überall herum. Außerdem würden Sie da nicht hinpassen. Abgesehen von den Chinesen auf dem Mars sind die Planeten überwiegend mit Wissenschaftsfritzen und ihren Familien besiedelt sowie mit ein paar Jugendbildungsprogrammen. Da würde es Ihnen nicht gefallen.«

»Wohin dann?«

»Das habe ich Miss Thorne auch gefragt«, sagte Orc. »Wir sind mehrere Möglichkeiten durchgegangen. Zunächst einmal gibt es da eine Operation, mit deren Hilfe man Sie zum Zombie machen könnte. Ich könnte sie durchführen. Rex würde Sie niemals unter der Erde suchen.«

»Da würde ich lieber sterben«, antwortete Blaine.

»Ich auch«, stimmte Orc ihm zu. »Deshalb haben wir diese Möglichkeit verworfen. Wir dachten daran, vielleicht eine kleine Farm für Sie im Atlantischen Becken zu finden. Ist ein ziemlich einsames Gebiet da. Aber man braucht schon eine bestimmte Mentalität, um unter Wasser leben zu können, und wir waren der Meinung, daß Sie die nicht hätten. Sie würden wahrscheinlich durchdrehen. Also kamen wir zu der Entscheidung, daß der beste Ort für Sie auf den Marquesas ist.«

»Auf den was?«

»Die Marquesas. Eine kleine Inselgruppe, ursprünglich polynesisch, mitten im Pazifik. Sie sind nicht weit von Tahiti entfernt.«

»In der Südsee«, sagte Blaine.

»Genau. Wir meinten, daß Sie sich dort wohler fühlen müßten als sonstwo auf der Erde. Ich habe mir sagen lassen, daß es dort genau wie im zwanzigsten Jahrhundert sein soll. Und was noch wichtiger ist: Rex könnte Sie vielleicht in Ruhe lassen.«

»Warum sollten sie?«

»Aus naheliegenden Gründen, Tom. Warum wollen sie Sie denn überhaupt töten? Weil Sie illegal aus der Vergangenheit geholt wurden und sie nun Angst haben, daß die Regierung etwas deswegen unternehmen wird. Aber wenn Sie auf den Marquesas sind, dann sind Sie außerhalb der US-Gerichtsbarkeit. Ohne Sie wird es keinen Prozeß geben. Und die Tatsache, daß Sie so weit weggehen, ist für Rex ein Beweis Ihres guten Willens. Das ist bestimmt nicht die Handlung eines Mannes, der bei Onkel Sam petzen gehen will. Außerdem sind die Marquesas eine unabhängige kleine Nation, seit die Franzosen sie aufgegeben haben, also müßte Rex dort eine besondere Jagdgenehmigung einholen. Alles in allem also gerade ein bißchen zuviel Aufwand für alle Beteiligten. Die US-Regierung läßt die Sache dann zweifellos fallen, und ich glaube, daß Rex Sie dann auch in Ruhe lassen wird.«