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keineswegs besser da. Verhaltenstherapeuten, die häufig mit universitären Instituten assoziiert sind und

einen Wust an publizierten Forschungsarbeiten vorweisen können, brüsten sich gerne damit, über eine

solidere wissenschaftliche Basis zu verfügen als die Vertreter der als» antiquiert «belächelten freudschen

Redekur. Die Verhaltenstherapie hat in der Öffentlichkeit erfolgreich die Behauptung etabliert, dass sie

mit hoch effizienten Maßnahmen zur Bekämpfung von Angststörungen, wie etwa Phobien

(unangemessene Furcht vor spezifischen Situationen oder Objekten), aufwarten könne. Dabei zeichnet

sich die Verhaltensforschung selbst durch eine» phobische «Angst vor Placebo-Kontrollen aus.

Mit gutem Grund, stellte sich heraus, als die Psychiaterin Katherine M. Shear von der Universität

Pittsburgh Patienten untersuchte, die an einer Panikerkrankung litten.29 Das ist eine Angststörung, die

durch plötzliche Attacken extremer, unbegründeter Furcht gekennzeichnet ist. Ein Teil der Probanden

wurde mit der kognitiven Verhaltenstherapie behandelt, die behauptet, dass sie Panikattacken an ihren

Wurzeln auslöschen kann. Der andere Teil erhielt eine Placebo-Therapie, die» reflektierendes Zuhören«

genannt wird und bei der die Therapeuten den Patienten» verständnisvoll «zuhören, ohne irgendwelche

Bemerkungen abzugeben. Fazit: Das therapeutische Ergebnis war in beiden Fällen gleich.

Zu den vielversprechendsten Interventionen gegen Ängste gehört nach Ansicht der

Verhaltenstherapeuten die» systematische Desensibilisierung«. Patienten, die unter Panikattacken,

Phobien oder ähnlichen Störungen leiden, werden bei diesem Verfahren mit Situationen konfrontiert, die

in steigender Intensität dem Objekt ihrer Furcht ähneln, zum Beispiel einer großen, gefährlich

aussehenden Schlange. Mit Hilfe von Entspannungstechniken werden sie aber zur gleichen Zeit derart

«relaxt«, dass sie die Gefahr ertragen lernen und nach einer Weile dagegen regelrecht immun sind. Doch

auch der Effekt der systematischen Desensibilisierung ist nicht besser als der einer Zuckerpille,

konstatiert der amerikanische Psychologe Joel Cooper.30

In seiner Untersuchung» blitzte «der Wissenschaftler seinen unter Schlangenphobie leidenden

Versuchspersonen mit einem» Tachistoskop «für ultrakurze Momente Bilder zu, die immer stärker an ihre

schlimmsten Ängste heranreichten. Bei einem Teil der Probanden enthielten die» Blitzbilder «gar keine

Inhalte; sie bestanden nur aus Lichtimpulsen. Die Teilnehmer wurden instruiert, sich bei jeder

Bildprojektion durch eine Muskelentspannungsübung aufzulockern. Fazit: Am Ende der» Therapie«

hatten die Probanden in beiden Gruppen ihre Ängste vor Schlangen abgebaut. In einer Variante des

Experimentes leitete der Forscher seine Versuchspersonen übrigens an, die Muskeln bei jedem Bild zu

verkrampfen, anstatt sie im Sinne der Therapie zu entspannen. Trotz dieses» Kunstfehlers «hatte die

Behandlung den gleichen Heileffekt.

Die Placebo-Wirkung basiert wahrscheinlich zum Teil darauf, dass Klienten bei einer Psychotherapie

freiwillig ein erhebliches Maß an Mühe und Anstrengung auf sich nehmen, behauptet Cooper. Um diese

Investition zu rechtfertigen, nehmen die Patienten vermutlich Korrekturen an ihren eigenen Gedanken

und Überzeugungen vor: Sie interpretieren sich selbst als» geheilt«, um nicht als dumm dazustehen.

Der Anstrengungs-Rechtfertigungs-Effekt ist offenbar genauso stark wie die Implosionstherapie, die

stärkste Waffe der Verhaltenstherapie gegen Angststörungen. Bei der Implosionstherapie werden die

Patienten unmittelbar mit ihren schlimmsten Angstphantasien konfrontiert; Schlangenphobiker müssen

sich zum Beispiel vorstellen, wie eine Boa an ihrem Bein hochkriecht. Patienten mit Höhenangst werden

zum höchsten Turm der Stadt begleitet. Cooper behandelte einen Teil der Patienten mit Schlangenphobie

nach allen Regeln der Kunst» implosiv«. Der andere Teil nahm — freiwillig — an einer absurden

«Anstrengungstherapie «teil, die ihnen als» neuartige Angsttherapie «verkauft wurde. Sie bestand zum

Beispiel darin, dass die Klienten für die Dauer jeder Therapiesitzung in die Pedale eines Fahrrad-

Ergometers treten mussten.

Quintessenz: Die Klienten, die freiwillig die körperlichen Mühen auf sich genommen hatten, waren

am Ende gegenüber Schlangen genauso abgebrüht wie die Absolventen einer echten Implosionstherapie.

So wissenschaftlich fundiert die Techniken der Verhaltenstherapie nach außen auch wirken mögen: Ihre

Tragfähigkeit geht doch nicht über jene von Aderlass, Geisterbeschwörung und Gesundbeten hinaus.

«Professionelle Therapeuten sind wirkungsvoller als Laien oder Selbsthilfegruppen«

Psychotherapeuten geben sich in der Öffentlichkeit als» wissenschaftliche Experten «der Seele aus. Ihr

Anspruch beruht auf der Suggestion, dass sie bei ihrer Ausbildung Fachkenntnisse in der Diagnose und

Therapie von Neurosen gewonnen haben, die weit über den gesunden Menschenverstand hinausgehen.

Das ist eine Illusion, die das neue» Psychotherapeutengesetz «weiter unterstützt.»Psychotherapeut«

dürfen sich danach nur noch Mediziner oder Diplompsychologen nennen, die nach abgeschlossenem

Studium eine dreijährige psychotherapeutische Berufsausbildung absolviert haben und denen nach einer

staatlichen Prüfung die Approbation erteilt wurde.

Tatsache ist jedoch, dass auch die besten Kurse keine Kompetenzen vermitteln können, die einen

«Psychotherapeuten «einem Laien überlegen machen.»Mehrere Metaanalysen kommen übereinstimmend

zu dem Schluss, dass die verschiedensten Formen der Selbsthilfe und der Hilfe durch Laien die gleiche

Wirksamkeit besitzen wie eine professionelle Therapie«, skizziert das Team um die Psychologin Karin

Tallman den Forschungsstand.21»Wir sollten unsere kostbaren Ressourcen nicht verschwenden, um

sündteure Leute zu finanzieren, die Patienten auch nicht besser helfen können als Personen mit sehr viel

weniger Ausbildung«, schließt der Psychologie-Professor Robyn M. Dawes aus den gleichen Daten.

Im» Psychological Bulletin«, dem offiziellen Referatsblatt des Amerikanischen

Psychologenverbandes, wurden seit 1979 drei große Metaanalysen veröffentlicht, die einen Vergleich

zwischen professionellen Psychotherapeuten und willkürlich ausgesuchten Laien ohne psychologische

Ausbildung anstellten. Die Ergebnisse könnten für die» Profis «nicht verheerender sein. Der Psychologe

Joseph A. Durlak von der University at Carbondale nahm 42 vergleichende Studien unter die Lupe. 31

Ergebnis:»Die klinischen Resultate, die Laien erzielen, sind genauso gut oder sogar signifikant besser als

jene der professionellen Therapeuten. «Eine Forschergruppe um den australischen Psychologen John A.

Hattie wertete noch einmal 39 Einzelstudien aus.32 Fazit:»Der allgemeine Schluss lautet, dass Laien

genauso wirkungsvoll und in vielen Fällen noch wirkungsvoller sind als professionelle Therapeuten.«

Und auch die texanischen Psychologen Jeffrey S. Berman und Nicholas C. Norton, die ausdrücklich

antraten, um diese katastrophalen Ergebnisse mit einer neuen Auswertung der Daten zu revidieren,

mussten am Ende konsterniert Farbe bekennen:»Studien, in denen professionelle Helfer mit Laien