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verglichen wurden, konnten keine Unterschiede in deren Wirksamkeit entdecken.«33

Die geeignetste Person, die man mit seinen seelischen Problemen ansprechen kann, ist offenbar ein

guter Freund. Psychotherapeuten sind nach dem überwältigenden Tenor der Forschungsliteratur nichts

anderes als» gekaufte Freunde«. Das ist natürlich eine Bankrotterklärung für die Psychotherapie: Wenn

man seinen Chirurgen oder den Elektriker durch einen guten Freund ersetzen würde, müsste man mit

einem furchtbaren Ergebnis rechnen. Wenn man den Psychotherapeuten durch einen guten Freund

ersetzt, hat man am Ende noch Geld und Leid gespart.

Die meisten darauf angesprochenen Psychotherapeuten versuchen erst gar nicht, das gerade skizzierte

Dilemma als solches abzuleugnen, konstatiert der Psychologie-Professor Robyn M. Dawes. Sie nehmen

höchstens Zuflucht bei verschrobenen Ausreden. So heißt es dann häufig, dass zumindest extrem stark

gestörte Klienten doch nur von der Obhut eines professionellen Therapeuten profitieren. Angesichts der

Ergebnisse der statistischen Vergleiche ist das jedoch eine abenteuerliche Argumentation, meint Dawes:

Wenn eine professionelle Behandlung für einige (zum Beispiel schwer gestörte) Patienten besser ist, wie

kann sie dann für andere (leicht gestörte) schlechter sein? Denn unter dem Strich sind die Profis und die

Laien ja eben gleich wirkungsvoll.»Man hat aber noch nie gehört, dass Psychotherapeuten einen leicht

gestörten Patienten abgewiesen hätten, weil dieser bei Laienhelfern besser aufgehoben ist.«

Statt sich an einen persönlichen Freund zu wenden, kann es in vielen Fällen ratsam sein, sich mit

Gleichgesinnten zusammenzutun, die entweder unter der gleichen Problematik leiden oder aber ihr

Handikap bereits überwunden haben. Es gibt ein breites Netz von Selbsthilfegruppen, das praktischen

jeden Wunsch nach Anschluss erfüllt. Die beiden amerikanischen Ärzte Elaina M. Kyrouz und Keith

Humphreys halten im Internet eine umfangreiche Literaturstudie bereit, in der sie die therapeutische

Wirksamkeit von Selbsthilfegruppen und professionellen Psychotherapeuten vergleichen.34 Das Ergebnis

birgt für den aufmerksamen Leser vermutlich keine Überraschung mehr: Wo immer man eine

Gegenüberstellung vornahm, konnten die Selbsthilfegruppen den Therapeuten das Wasser reichen.

Selbsthilfegruppen halfen Alkoholikern genauso gut beim Trockenwerden und Übergewichtigen beim

Abnehmen. Und Frauen, die nach dem Verlust ihres Ehemanns unter schwerer Verzweiflung litten, kamen

nach dem Besuch einer Selbsthilfegruppe genauso schnell wieder auf den Damm wie nach einer

Psychotherapie.

«Psychotherapie hilft, Kosten im Gesundheitswesen einzusparen«

Wenn die ach so menschenfreundliche Argumentation (»Psychotherapie erlöst Menschen von

furchtbaren Seelennöten«) nicht mehr zieht, hauen Psychotherapeuten und ihre Lobbyisten gerne mit dem

volkswirtschaftlichen Hammer auf den Tisch: Psychotherapie zahle sich ökonomisch für das

Gemeinwesen aus, weil die von ihnen behandelten Patienten das Gesundheitswesen viel weniger in

Anspruch nähmen. Auch der Berner Psychologie-Professor Klaus Grawe, der von den Medien völlig zu

Unrecht als Kritiker der Psychotherapie gehandelt wird, streut diese schmeichelhafte Legende in einem

Beitrag im Nachrichtenmagazin» Der Spiegel «aus:»Zudem wurde in über hundert Kosten-Nutzen-

Analysen nachgewiesen, dass jede für Psychotherapie ausgegebene Mark mehrfach durch Einsparungen

an anderer Stelle wettgemacht wird.«35

Diese Argumentation ist haarsträubend, denn in Wirklichkeit führen alle seriösen Daten zu dem

Schluss, dass die Bereitstellung von Psychotherapie zu erhöhten Kosten und einer gesteigerten Nachfrage

herkömmlicher medizinischer Leistungen führt.

Ein Blick auf die hier vorgestellten großen statistischen Auswertungen müsste jeden skeptisch

machen, was die Kosten-Nutzen-Bilanz der Psychotherapie angeht.

Die Frage nach dem ökonomischen Kalkül wurde in den betreffenden Studien nicht ausdrücklich

gestellt, obwohl die Ergebnisse bereits das Schlimmste ahnen lassen. In dem gründlichsten und

gewissenhaftesten Projekt zur wirtschaftlichen Effizienz der Psychotherapie, das überhaupt jemals

durchgeführt wurde, haben sich nach Darstellung der kanadischen Psychologin Tana Dineen die

schlimmsten Erwartungen bestätigt.4 Beim» Fort Bragg Demonstration Project «im amerikanischen

Bundesstaat North Carolina schütteten die Versicherungsträger ab 1990 fünf Jahre lang insgesamt 80

Millionen Dollar aus, um Kindern und Jugendlichen mit seelischen Nöten einen raschen und

unbürokratischen Zugang zur Psychotherapie zu gewähren. Das Unternehmen wurde — übrigens auch von

den Vertretern der Psychoszene — mit gewaltigen Vorschusslorbeeren bedacht. Es galt als» einzigartiges

Aushängeschild«, das die» modernsten Methoden der Wissenschaft «heranzog, um die Nützlichkeit

psychologischer Dienstleistungen zu ergründen.

Der methodische Aufwand war in der Tat bemerkenswert. Die beteiligten Forscher befragten zum

Beispiel die jungen» Konsumenten «der Dienstleistungen nicht nur einfach nach ihrem subjektiven

Befinden, sondern legten ihnen auch standardisierte Psychotests vor. Die Inanspruchnahme

medizinischer Angebote wurde sorgfältig dokumentiert — nicht nur im Gebiet von Fort Bragg, sondern

auch bei einer Vergleichsstichprobe in einer anderen Region, die nicht in den Genuss des ungewohnten

Service kam.

Das Ergebnis war ein Fiasko und ein Schlag ins Gesicht aller Psychotherapie-Befürworter, resümiert

Tana Dineen:»Die Kosten waren höher und die klinischen Ergebnisse bei den Behandelten nicht die Spur

besser als in der Vergleichsstichprobe, absolut nicht das, was die Psychologie-Industrie erhofft und

erwartet hatte. «Kinder und Jugendliche, die in den Genuss der Zuwendungen kamen, nahmen alle Arten

von medizinischen und psychologischen Dienstleistungen länger und intensiver in Anspruch als ihre

Altersgenossen in der Kontrollgruppe.»Sechs Monate nach Beginn ihrer Behandlung waren 41 Prozent

der Betreffenden im Gebiet von Fort Bragg immer noch in einer Therapie, aber nur 13 Prozent der

Vergleichsstichprobe«, führt Dineen die genauen Zahlen auf.»Es zeigt sich eindeutig, dass die

Einbeziehung von Psychotherapeuten die Gesamtkosten steigert, während es diesen zu einem

zusätzlichen Einkommen verhilft.«

Auch die Forscher, die das Projekt wissenschaftlich begleiteten, räumten den Fehlschlag ausdrücklich

ein:»Die Ergebnisse sollten ernsthafte Zweifel wecken, was den verbreiteten Glauben an die

Wirksamkeit psychotherapeutischer Dienstleistungen angeht. «Es wäre jedoch grenzenlos naiv, zu

erwarten, dass die Psychologie-Industrie sich durch solche Befunde jemals irritieren ließe: Die Ergebnisse

des Fort-Bragg-Projektes wurden schlicht und einfach unter den Teppich gekehrt und finden bei keiner

Diskussion um die Kosten-Nutzen-Bilanz der Psychotherapie auch nur Erwähnung.

Die desolaten Fort-Bragg-Resultate gleichen übrigens verblüffend jenen, welche das Schweizer

Gesundheitssystem mit der Alternativmedizin gemacht hat. Seit 1999 übernehmen die Krankenkassen

dort die Kosten für fünf» komplementärmedizinische «Methoden (Homöopathie, Neuraltherapie,

Phytotherapie, chinesische und anthroposophische Medizin). Das sind durch die Bank Methoden, deren