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«Es gibt kaum Hinweise dafür, dass Werbung auch nur im Entferntesten die erwünschten Wirkungen

erbringt, die ihre gewaltigen Kosten rechtfertigen würden«, fasst McGuire den zentralen Trend der

Befunde zusammen.

Was die objektive Messung der Werbewirkung angeht, haben die so genannten»ökonometrischen«

Studien die größte Aussagekraft, erläutert Dr. Hans Mayer, Wirtschaftspsychologe an der Universität

Mannheim, im akademischen Standardlehrbuch» Werbepsychologie«5. Bei dieser Art von Kosten-Nutzen-

Rechnung wird der globale Werbeaufwand für bestimmte Marken und Produkte zu den Verkaufszahlen in

Beziehung gesetzt. Die Qualität der ökonometrischen Berechnungen liegt nach Darstellungen von

McGuire weit über dem Niveau, das sonst für Forschungsarbeiten in der Psychologie und

Sozialforschung bezeichnend ist. Ihre Ergebnisse sollten daher auch eine besondere Relevanz für die

Praxis haben.

Umso dürftiger fällt das Ergebnis dieser Gegenüberstellung aus, zieht Mayer Bilanz.»Neben der

Mehrheit, die entweder keine oder bestenfalls mäßig ausgeprägte Effekte vorhanden sieht, findet sich eine

kleine Zahl von Untersuchungen, die entweder durchgängig oder zumindest fallweise ausgeprägte

Auswirkungen nachweisen… Der finanzielle Aufwand für Werbung erweist sich in seiner Funktion als

potenzieller Prädikator für die Vorhersage des Werbeertrages als weitgehend untauglich.«

Den gleichen Schluss zieht McGuire in seinem Überblick über den ökonometrischen Forschungsstand:

«Der Zusammenhang zwischen dem Werbeaufwand für bestimmte Marken und der darauf folgenden

Größe ihres Marktanteils ist insgesamt gesehen äußerst entmutigend. «Zu einem ähnlichen, wenig

schmeichelhaften Fazit seien vor kurzem sogar Marktforscher in einer Übersichtsarbeit für den Verband

Amerikanischer Werbeagenturen gelangt. Um die Werbung für ganze Produktgruppen, unabhängig von

den Einzelmarken, sei es gleichermaßen düster bestellt. Weder die Aufwendungen der Industrie für

Zigarettenreklame noch die öffentlichen Ausgaben für Anti-Raucher-Kampagnen haben demnach einen

messbaren Effekt auf die nationalen Verkaufszahlen. Nicht einmal dann, gibt der Medien-Forscher zu

bedenken, wenn das Erhebungsinstrumentarium so sensibel ist, dass es Absatzschwankungen als Folge

von Preisänderungen registriert.

Mit den Investitionen in das Image einer bestimmten Marke schwindet auch keineswegs die

Konsumententreue zu den Marken, bestätigen die beiden Kommunikationspsychologen Uli Gleich und Jo

Groebel von der Universität Koblenz/Landau.6 Ihr Fazit:»Nur schwer lassen sich unmittelbare

Beziehungen zwischen der Schaltung bestimmter Spots einerseits und Produktumsätzen andererseits

finden. Das gilt für die Neueinführungen von Produkten, die in der Regel von vielen Maßnahmen

begleitet werden, erst recht aber für Treue- und Erinnerungswerbung. «Diese Tatsachen sind nach Ansicht

von Mayer umso weniger verständlich, je mehr man sich die Höhe der jährlich für Werbemaßnahmen

«verpulverten «Summen vor Augen führt — allein im Westen Deutschlands rund 50 Milliarden DM. Wenn

man die Werbung mit anderen verkaufsfördernden Maßnahmen (besonders mit Preissenkungen)

vergleicht, zieht sie fast ausnahmslos den Kürzeren.

Auch Labor- und Feldexperimente, in denen die Wirkungen einzelner» Werbekontakte «auf

Einstellungen und Verhaltensweisen getestet werden, tragen nicht gerade zur Untermauerung des

Reklameerfolges bei. Äußerst akribische Untersuchungen, die auf Betreiben der US-Regierung

durchgeführt wurden, betrafen die Werbung für freiverkäufliche Medikamente. Man hatte befürchtet, dass

die in den USA inflationären TV-Spots der Volksgesundheit schaden könnten. Quintessenz:

Werbekontakte mit Arzneimittelreklame sind höchstens für einen Prozentbruchteil der Schwankungen

(Varianz) im tatsächlichen Gebrauch verantwortlich.

Genauso wenig, wie es der Zigarettenindustrie gelingt, das querköpfige Publikum mit dem Marlboro-

Mann und anderen Attraktionen auf ihre viel gescholtenen Glimmstängel einzuschwören, genauso wenig

halten staatliche Gesundheitsapostel das Heer der Raucher mit Furchtappellen und medizinischen

Aufklärungskampagnen vom Qualmen ab. Die gesundheitlichen Warnhinweise, die durch staatlichen

Zwang seit Jahren auf den Verpackungen von Tabakwaren prangen, sind nämlich genau das, was man auf

den ersten Blick erkennen kann: leere Drohungen. Selbst wenn die Mahnung überhaupt bei den Rauchern

ankommt, bestehen kaum Chancen, das dies jemals zu einem Sinneswandel führt, wie Jürgen Barth und

Prof. Jürgen Bengel vom Psychologischen Institut der Universität Freiburg aus der bisherigen Forschung

ableiten.7

Offen ist bereits die Frage, ob Warnhinweise auch nur das Bewusstsein für die eigene Gefährdung

erhöhen. In den USA hat man dazu Jugendliche vor und nach dem Inkrafttreten eines Gesetzes befragt,

das auf Alkoholika seit 1989 solche Hinweise gebietet. Ernüchterndes Ergebnis des Alkoholtests: Nach

Beginn der Auszeichnungspflicht schätzten die Jugendlichen Alkohol kein bisschen gefährlicher ein als

zuvor. Kein Wunder, dass die Warnungen nicht befolgt werden: In den USA war im Zeitraum eines Jahres

vor und nach dem Inkrafttreten des Gesetzes keine Veränderung des Trinkverhaltens zu verzeichnen. Die

Psychologen folgern aus diesen und anderen Daten,»dass durch Warnhinweise kurzfristig keine

substanziellen Verhaltensänderungen in der Bevölkerung erreicht werden können.«

Es bestehen ohnehin größte Zweifel daran, dass die Methode der Abschreckung mit Furchtappellen

überhaupt jemals funktioniert, geben die beiden Forscher zu bedenken. So ist ungewiss, ob solche Appelle

überhaupt von der jeweiligen Zielgruppe beachtet werden, und ob Ängste ab einer bestimmten Intensität

nicht abgeblockt werden. Dafür spricht auch ein Befund aus einer weiteren Untersuchung: Starke Raucher

und Trinker fanden die Warnungen auf den Verpackungen besonders unglaubwürdig — und zeichneten

sich durch besonders positive Einstellungen zu ihrem Genussmittel aus.

Nicht einmal der geballte Einfluss durch eine jahrelange» Berieselung «mit gleich lautenden

Argumenten schlägt bei den widerspenstigen Adressaten an, betont McGuire. Das macht eine

ausgeklügelte US-Untersuchung deutlich, bei der einige Gemeinden über zwei Jahre lang mit einer

regelrechten» Gehirnwäsche«(in Presse und TV) auf einen Herz und Kreislauf förderlichen Lebensstil

getrimmt werden sollten. Mit wenig berauschendem Erfolg:»Der Widerhall scheint sich in der

verschwindend kleinen Größenordnung zu bewegen, wie er für kommerzielle Werbung und politische

Kampagnen beschrieben wurde.«

Werbefeldzüge, die nicht Verhalten lenken, sondern lediglich die Einstellungen zu bestimmten sozialen

oder industriellen Gegebenheiten verändern sollen, sind zu einer ähnlichen Einflusslosigkeit verdammt.

So macht der widerspenstige Umgang mit den Informationen häufig den Versuch zunichte, bei der

Bevölkerung Verständnis für bestimmte großtechnische Projekte zu erzeugen, hebt Gerhard de Haan,

Professor für allgemeine Erziehungswissenschaft an der Freien Universität Berlin hervor.8 Um den

Bürgern eine Müllverbrennungsanlage» schmackhaft «zu machen, starten die Betreiber oft intensive

Kampagnen, mit denen etwaige Befürchtungen abgewiegelt werden sollen. Tatsächlich ist es aber nahezu