Mediums in einem Bewusstseinswandel niederschlagen. De facto ist aber genau das Gegenteil der Falclass="underline"
«Je mehr jemand fernsieht, desto unwahrscheinlicher ist es, dass diese Person äußert, ökologisch zu
handeln. «Und auch der häufige Konsum von Zeitschriften, Tageszeitung und Radio hat nicht den
geringsten Einfluss auf den Ökologischen Bewusstseinsstand. Lediglich die Personen, die ganz gezielt
Umweltberichte aus den Medien herauspicken und Bücher mit ökologischen Themen lesen, behaupten
von sich, umweltbewusst zu handeln. Aber auch in diesem Fall führt ein Mehr an Informationsaufnahme
nicht zu einem Mehr an Bewusstsein. Es besteht also insgesamt kein erwähnenswerter Zusammenhang
zwischen der Quantität der Berichterstattung und dem ökologischen Denken.
Es gibt zwar ein paar vereinzelte Studien, in denen bestimmte politische Streitfragen erst dann
Bedeutung in den Köpfen der Menschen gewannen, nachdem die Medien sich ausgiebig damit beschäftigt
hatten. Wieder einmal, fährt McGuire dazwischen, ist die Effekt-Größe jedoch minimal. Das räumten
sogar die betreffenden Experten ein.»Das kausale Verhältnis, das dieser Beziehung zugrunde liegt, ist
jedoch quälend zwiespältig: Es könnte an der Thematisierungs-Funktion der Medien liegen; es könnte
aber genauso gut sein, dass die Präsenz einer Sache für die Wähler den Ausschlag gibt, wie viel
Beachtung ihr die Medien schenken, da Nachrichtenredakteure und Kandidaten danach streben, Themen
abzudecken, an denen Interesse besteht.«
Menschen haben ein sehr feines Gespür dafür, so die Aliensbach-Chefin und Publizistik-Professorin
Noelle-Neumann in ihrer Theorie der» Schweige-Spirale«, welche Standpunkte in der öffentlichen
Meinung Aufwind haben. Wenn sie wittern, dass die von ihnen vertretene Position auf dem absteigenden
Ast ist, halten sie sich fortan mit der Meinungsäußerung zurück. Niemand will, so weiß die
Sozialpsychologie schon lange, Vertreter einer» einsamen «Auffassung sein. Die Gewinnerpartei, die
ihren Standpunkt medial auf dem Vormarsch sieht, wirft sich jetzt natürlich erst recht ins Zeug — und
erfährt im Fahrtwind der Medien ihren Siegeszug.
Diese Theorie setzt laut McGuire die Richtigkeit von drei eher fragwürdigen Prämissen voraus: dass
die Darstellungen in den Medien von der Bevölkerung überhaupt als» Konsensus «aufgefasst werden;
dass dies die Vertreter der Minderheit zum Schweigen bringt, und dass die anderen auf den fahrenden Zug
aufspringen. Letztere Annahme sei auf jeden Fall durch empirische Studien widerlegt. Zudem muss man
immer mit der Möglichkeit rechnen, dass viele Menschen sich emphatisch auf die Seite des Verlierers
werfen.»Sogar dann, wenn alle drei Voraussetzungen einigermaßen gültig wären, bestünde der Netto-
Effekt aus der Summe von drei Wahrscheinlichkeiten und wäre daher verschwindend klein.«
«Massenmedien übertragen ein verzerrtes Bild der Welt in die Köpfe«
Man sollte eigentlich denken, dass den Menschen, die sich unaufhörlich von den flimmernden TV-
Illusionen berieseln lassen, allmählich das Unterscheidungsvermögen für die Welt auf dem Bildschirm
und jene vor der Haustür abhanden kommt. Wer die Realität nur noch durch das» Fester «der Mattscheibe
wahrnimmt, so die Kernaussage der» Kultivierungsthese«, nimmt den Schein zunehmend für die
Wirklichkeit. Anders ausgedrückt: Mit steigendem Fernsehkonsum machen sich die Zuschauer immer
stärker die fernsehtypischen, systematischen Verzerrungen der Realität zu Eigen.
Die Furcht, dass der Realitätssinn des Publikums allein durch den starken Gebrauch eines bestimmten
Mediums beeinträchtigt wird, hat in der Geistesgeschichte eine große Tradition. Schon Sokrates, der
antike Denker, wetterte, dass das menschliche Gedächtnis an der Erfindung der Schrift zugrunde gehen
werde. Die moderne Kultivierungstheorie geht von der Tatsache aus, dass das Bildschirm-Universum
beträchtlich von der Welt» da draußen «abweicht. So kommen auf der Mattscheibe etwa viel mehr
gewalttätige Handlungen und weniger Alte und Angehörige von Minderheiten vor, als den objektiven
Gegebenheiten entspricht. Vielseher, so die Folgerung,»pfropfen «der Wirklichkeit schließlich die im
Fernsehen aufgeschnappten Verzerrungen auf.
Einige Studien, denen zufolge» Fernsehsüchtige «das Ausmaß der tatsächlich begangenen Gewalttaten
überschätzen und generell ängstlicher sind als Wenigseher, schienen zunächst die Kultivierungsthese zu
stützen. Es ist nun allerdings sehr gut möglich, dass die betreffenden Forscher selber einer
«systematischen Verzerrung «der empirischen Daten erlegen sind, meint McGuire. Unabhängige
Forscher, die die (ohnehin wieder einmal nur sehr schwachen) Zusammenhänge am gleichen
Umfragematerial reproduzieren wollten, suchten vergeblich. Es entbrannte eine Fehde im
Forschungsbetrieb, die nie richtig beigelegt werden konnte.
Aber selbst dann, wenn die behaupteten Beziehungen zwischen TV-und Zuschauer-Ideologie
überhaupt existieren, sagt das noch nichts über das Kausalitätsverhältnis:»Es ist aber weniger klar, ob das
Fernsehen für solche Stereotypen verantwortlich ist, da diese ja auch schon vor dem Einzug des Mediums
in den fünfziger Jahren verbreitet waren… Das verzerrte Porträt der Welt im Fernsehen könnte eine Folge
und nicht die Ursache der öffentlichen Stereotypen sein, da Drehbuchautoren und Produzenten dazu
neigen, geläufige Stereotypen aufzugreifen oder zu glauben, dass Programme, die die Weltanschauung
des Publikums widerspiegeln, beliebter sind.«
Der Saarbrücker Psychologe Peter Winterhoff-Spurk hat in eigenen Forschungsarbeiten Beweise gegen
die Kultivierungsthese angehäuft.2 Er ging zum Beispiel der Frage nach, inwieweit der ausgedehnte TV-
Konsum Einfluss darauf hat, wie Zuschauer bestimmte Bevölkerungsgruppen und Situationen
wahrnehmen. Zudem machten die Probanden Angaben darüber, wie hoch die Quote der Männer und
Gewaltverbrechen oder wie groß die durchschnittliche Kinderzahl sei.
Fazit: Weder legten die Vielseher ein abweichendes (zum Beispiel besonders zynisches) Menschenbild
an den Tag, noch gaben sie abweichende Schätzungen zum Vorkommen der einschlägigen
Menschengruppen und Ereignisse ab. Ihre Vorstellungen waren nur dann ein wenig in Richtung TV-
Vorbild verzerrt, wenn es sich um sehr alltagsferne Bedingungen, zum Beispiel die Arbeit eines
Kommissars handelte. Daraus zieht der Autor den Schluss, dass sogar der Vielseher klar zwischen der
Welt auf dem Bildschirm und der seinigen unterscheiden kann.
«Massenmedien beeinflussen Wahlen durch die Veröffentlichung von Umfrageergebnissen«
In einem wichtigen Punkt, so lautet eine häufig vertretene These, wirken Massenmedien entscheidend
auf die Entwicklung der politischen Machtverhältnisse ein: Menschen lassen sich bei ihrer Stimmabgabe
durch die in den Medien veröffentlichten demoskopischen Wahlprognosen beeinflussen. Es wird
angenommen, dass sich die Statistiken auf die Wahlbeteiligung auswirkten und die Wähler zu einem
Votum für den vermeintlichen Wahlsieger oder Wahlverlierer bewegen könnten. Es sei aber auch möglich,
dass ein so genannter Fallbeileffekt existiere, der kleinen Parteien, die Gefahr laufen, unter der 5-Prozent-