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Sie verbeugten sich lächelnd auch vor ihm, und der mit dem Humpen hub an:

»Gegrüßet sei das EhepaarUnd leb zusamt noch manches Jahr;Um euch zu fristen langes LebenWill Stuttgart euch ein Tränklein geben.Des Lebens Tränklein ist der Wein,Komm guter Geselle schenk mir ein.«

Der andere Bürger goß aus der Flasche den Humpen voll, und sprach während der erste trank:

»Von diesem Tränklein steht ein FaßVor eurer Wohnung auf der Gaß.Es ist vom besten, den wir haben,Er soll euch Leib und Seele laben;Er geb euch Mut, Gesundheit, Kraft,Das wünscht euch Stuttgarts Bürgerschaft.«

Der erstere hatte indessen ausgetrunken und füllte den Becher von neuem, und sprach, indem er ihn dem jungen Mann kredenzte:

»Und wenn ihr trinkt von diesem WeinSoll euer erster Trinkspruch sein:›Es leb der Herzog und sein Haus!‹Ihr trinkt bis auf den Boden aus;Dann schenkt ihr wieder frischen ein:›Hoch leb Sturmfeder und Lichtenstein.‹Und lüstet euch noch eins zu trinken,Mögt ihr an Stuttgarts Bürger denken.«

Georg von Sturmfeder reichte beiden die Hand, und dankte ihnen für ihr schönes Geschenk; Marie ließ ihre Weiber und Mädchen grüßen, und auch der Herzog bezeugte sich ihnen gnädig und freundlich. Sie legten den silbernen Becher und die Kanne in den Korb zu den übrigen Geschenken, und entfernten sich ehrbaren und festen Schrittes aus der Tyrnitz. Doch die Bürger waren nicht die letzten gewesen, welche Geschenke gebracht hatten; denn kaum hatten sie die Halle verlassen, so entstand ein Geräusch an der Türe, wo die Landsknechte Wache hielten, das selbst die Aufmerksamkeit des Herzogs auf sich zog. Man hörte tiefe Männerstimmen fluchen und befehlen, dazwischen ertönten hohe Weiberstimmen, von denen besonders eine, die am heftigsten haderte, der Gesellschaft am obersten Ende der Tafel sehr bekannt schien.

»Das ist wahrhaftig die Stimme der Frau Rosel!« flüsterte Lichtenstein seinem Schwiegersohn zu, »Gott weiß, was sie wieder für Geschichten hat.«

Der Herzog schickte einen Edelknaben hin, um zu erfahren was das Lärmen zu bedeuten habe; er erhielt zur Antwort, einige Bauernweiber wollen durchaus in die Halle, um den Neuvermählten Geschenke zu bringen; da es aber nur gemeines Volk sei, so wollen sie die Knechte nicht einlassen. Ulerich gab Befehl sie vorzubringen, denn die Sprüchlein der Bürger hatten ihm gefallen, und auch von den Bauersleuten versprach er sich Kurzweil. Die Knechte gaben Raum, und Georg erblickte zu seinem Erstaunen die runde Frau des Pfeifers von Hardt mit ihrem schönen Töchterlein, geführt von der Frau Rosel ihrer Base.

Schon auf dem Wege in die Kirche hatte er die holden Züge des Mädchens von Hardt, die er nicht aus seinem Gedächtnis verloren, zu bemerken geglaubt; aber wichtigere Gedanken und die Heiligkeit des Sakraments, die seine ganze Seele füllten, hatten diese flüchtige Erscheinung verdrängt. Er belehrte die Gesellschaft, wer die Nahenden seien, und mit großem Interesse blickten sie alle auf das Kind jenes Mannes, dessen wunderbares Eingreifen in das Schicksal des Herzogs ihnen oft so unbegreiflich gewesen war, dessen Treue ihnen so erhaben, dessen Hülfe in der Not so willkommen erschienen war. Das Mädchen hatte die blonden Haare, die offene Stirne, die Züge ihres Vaters; nur die List, die aus seinen Augen, die Kühnheit und Kraft, die aus seinem Wesen sprach, war bei ihr, wenn sie nicht schüchtern und blöde war, in eine neckende Freundlichkeit und in rüstiges behendes Wesen übergegangen. So hatte sie Georg erkannt, als er im Hause des Pfeifers wohnte, doch heute schien sie vor den vielen vornehmen Leuten etwas schüchtern, ja es wollte ihm sogar scheinen, als sei ein neuer Zug in ihr Gesicht gekommen, den er früher nicht an ihr bemerkt hatte, eine gewisse Wehmut und Trauer, die sich um ihren Mund und in ihren Augen aussprach.

Die Pfeifersfrau wußte was Lebensart sei, sie verbeugte sich daher von der Türe der Tyrnitz in einem fort, bis sie zum Stuhl des Herzogs kam. Frau Rosel hatte noch die Röte des Zornes auf ihren magern Wangen, denn die Landsknechte, namentlich der Magdeburger und Kaspar Staberl, hatten sie höchlich beleidigt, und sie eine dürre Stange geheißen. Ehe sie noch sich sammeln und den Herrschaften geziemend die Familie ihres Bruders vorstellen konnte, hatte die runde Frau schon einen Zipfel von des Herzogs Mantel gefaßt und ihn an die Lippen gedrückt: »Guetan Obed, Herr Herzich«, sprach sie dazu mit tiefen Knicksen; »wie got Ich's, seit Er wieder in Schtuagerdt send; mei Ma loßt Ich schö grüaßa; mer komme aber et zum Herr Herzich, noi, zu dem Herra dort drübe welle mer. Mer hent a Hochzeitschenke für sei Frau. Do sieztt se jo, gang Bärbele, lang's aus em Krättle.«

»Ach! du lieber Gott«, fiel Frau Rosel ihrer Schwägerin ins Wort; »bitt' untertänigst um Verzeihung, Euer Durchlaucht, daß ich die Leut reingebracht habe; 's ist Frau und Kind vom Pfeifer von Hardt; ach! du Herr Gott, nehmet doch nichts übel, Herr Herzog; die Frau meint's gwiß gut.«

Der Herzog lachte mehr über diese Entschuldigung der Frau Rosel, als über die Reden ihrer Schwägerin: »Was macht denn dein Mann, der Pfeifer? Wird er uns bald besuchen? Warum kam er nicht mit euch?«

»Sell hot sein Grund, Herr!« erwiderte die runde Frau; »wenn's Krieg geit, bleibt er gwiß et aus; do ka mer'n brauche; aber im Frieda? Noi, do denkt er, mit grauße Herra ist's et guet Kirscha fressa.«

Frau Rosel wollte beinahe verzweifeln über die Naivetät der runden Frau, sie zog sie am Rock und am langen Zopfhand, es half nichts, die Frau des Pfeifers sprach zu großer Ergötzung des Herzogs und seiner Gäste immer weiter, und das unauslöschliche Gelächter, das ihre Antworten erregten, schien ihr Freude zu machen. Bärbele hatte indessen mit dem Deckel des Körbchens gespielt, sie hatte einigemal gewagt, ihre Blicke zu erheben, um jenes Gesicht wiederzusehen, das im Fieber der Krankheit so oft an ihrem Busen geruht, und in ihren treuen Armen Ruhe und Schlummer gefunden hatte, jenen Mund wiederzusehen, den sie so oft heimlicherweise mit ihren Lippen berührt hatte, und jene Augen, deren klarer, freundlicher Strahl ewig in ihrem Gedächtnis fortglühte. Sie erhob ihre Blicke immer wieder von neuem doch, wenn sie bis an seinen Mund gekommen war, schlug sie sie wieder – aus Furcht, seinem Auge zu begegnen – – herab.

»Siehe, Marie«, hörte sie ihn sagen, »das ist das gute Kind, das mich pflegte als ich krank in ihres Vaters Hütte lag; das mir den Weg nach Lichtenstein zeigte.«

Marie wandte sich um und ergriff gütig ihre Hand; das Mädchen zitterte, und ihre Wangen färbte ein dunkles Rot; sie öffnete ihr Körbchen und überreichte ein Stück schöner Leinwand und einige Bündel Flachs, so fein und zart wie Seide. Sie versuchte zu sprechen, aber umsonst, sie küßte die Hand der jungen Frau, und eine Träne fiel herab auf ihren Ehering.

»Ei, Bärbele«, schalt Frau Rosel, »sei doch nicht so schüchtern und ängstlich; gnädige Fräulein – wollte sagen, gnädige Frau, habt Nachsicht, sie kommt selten zu vornehmen Leuten. ›Es ist niemand so gut, er hat zweierlei Mut‹ , heißt es im Sprüchwort: das Mädchen kann sonst so fröhlich sein wie eine Schwalbe im Frühling –«

»Ich danke dir, Bärbele!« sagte Marie, »wie schön deine Leinewand ist! Die hast du wohl selbst gesponnen?«

Das Mädchen lächelte durch Tränen; sie nickte ein Ja! – zu sprechen schien ihr in diesem Augenblick unmöglich zu sein. Der Herzog befreite sie von dieser Verlegenheit, um sie noch in eine größere zu ziehen. »Wahrhaftig, ein schönes Kind hat Hanns der Spielmann«, rief er aus, und winkte ihr näher zu treten; »hoch gewachsen und lieblich anzuschauen! schaut nur, Herr Kanzler, was ihr das rote Mieder und das kurze Röckchen gut ansteht; wie? Ambrosius Volland, meinst du nicht, wir könnten durch ein allgemeines Edikt diese niedliche Tracht auch bei unseren Schönen in Stuttgart einführen?«