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»Kennst du den Höcker so schlecht?« fragte der Herzog lachend. »Sieh nur, er hat einen ganz absonderlichen Panzer an, der wie eine große Nußschale anzusehen, um seinen teuren Rücken zu verwahren, wenn es etwa zur Flucht käme. Es ist mein getreuer Kanzler, Ambrosius Volland!«

»Bei der heiligen Jungfrau! dem habe ich bitter unrecht getan«, entgegnete Georg; »ich dachte er werde nie ein Schwert ziehen und ein Roß besteigen, und da sitzt er auf einem Tier so hoch wie ein Elefant, und trägt ein Schwert so groß als er selbst ist. Diesen kriegerischen Geist hätte ich ihm nimmer zugetraut.«

»Meinst du, er reite aus eigenem Entschluß zu Felde? Nein ich habe ihn mit Gewalt dazu genötigt. Er hat mir zu manchem geraten, was mir nicht frommte, und ich fürchte er hat mich mit böslicher Absicht aufs Eis geführt; drum mag er auch die Suppe mit verzehren, die er eingebrockt hat. Er hat geweint, wie ich ihn dazu zwang; er sprach viel vom Zipperlein und von seiner Natur, die nicht kriegerisch sei; aber ich ließ ihn in seinen Harnisch schnüren und zu Pferd heben, er reitet den feurigsten Renner aus meinem Stall!«

Während dies der Herzog sprach, schlug der Ritter vom Höcker das Visier auf, und zeigte ein bleiches, kummervolles Gesicht. Das ewig stehende Lächeln war verschwunden, seine stechenden Äuglein waren groß und starr geworden, und drehten sich langsam und schüchtern nach der Seite; der Angstschweiß stand ihm auf der Stirne und seine Stimme war zum zitternden Flüstern geworden: »Um Gottes Barmherzigkeit willen, wertgeschätzter Herr von Sturmfeder, viellieber Freund und Gönner, leget ein gutes Wort ein, beim gestrengen Herrn, daß er mich aus diesem Fastnachtsspiel entläßt. Es ist des allerhöchsten Scherzes jetzt genug. Der Ritt in den schweren Waffen hat mich grausam angegriffen, der Helm drückt mich aufs Hirn, daß meine Gedanken im Kreise tanzen, und meine Kniee sind vom Zipperlein gekrümmt; bitte, bitte! leget ein gutes Wort ein, für Euren demütigen Knecht, Ambrosius Volland; will's gewißlich vergelten.«

Der junge Mann wandte sich mit Abscheu von dem grauen feigen Sünder. »Herr Herzog«, sagte er, indem ein edler Zorn seine Wangen rötete; »vergönnt ihm, daß er sich entferne. Die Ritter haben ihre Schwerter gelüftet und die Helme fester in die Stirne gerückt, das Volk schüttelt die Speere und erwartet mutig das Zeichen zum Angriff, warum soll ein Feigling in den Reihen von Männern streiten?«

»Er bleibt, sag ich«, entgegnete der Herzog mit fester Stimme »bei dem ersten Schritt rückwärts hau ich ihn selbst vom Gaul herunter. Der Teufel saß auf deinen blauen Lippen, Ambrosius Volland, als du Uns geraten, Unser Volk zu verachten und das Alte umzustoßen. Heute, wenn die Kugeln sausen und die Schwerter rasseln, magst du schauen, ob dein Rat Uns frommte.«

Des Kanzlers Augen glühten vor Wut, seine Lippen zitterten, und seine Mienen verzerrten sich greulich. »Ich habe Euch nur geraten; warum habt Ihr es getan?« sagte er, »Ihr seid Herzog, Ihr habt befohlen und Euch huldigen lassen; was kann denn ich dafür?«

Der Herzog riß sein Pferd so schnell um, daß der Kanzler bis auf die Mähnen seines Elefanten niedertauchte, als erwarte er den Todesstreich. »Bei Unserer fürstlichen Ehre«, rief er mit schrecklicher Stimme, indem seine Augen blitzten, »Wir bewundern Unsere eigene Langmut. Du hast Unsern ersten Zorn benützt, du hast dich in Unser Vertrauen einzuschwatzen gewußt; hätten Wir dir nicht gefolgt, du Schlange, so stünden heute zwanzigtausend Württemberger hier, und ihre Herzen wären eine feste Mauer für ihren Fürsten. Oh, mein Württemberg! mein Württemberg! daß ich deinem Rat gefolgt wäre, alter Freund; ja, es heißt was, von seinem Volk geliebt zu sein!«

»Entfernet diese Gedanken vor einer Schlacht«, sagte der alte Herr von Lichtenstein, »noch ist es Zeit, das Versäumte einzuholen. Noch stehen sechstausend Württemberger um Euch, und bei Gott, sie werden mit Euch siegen, wenn Ihr mit Vertrauen sie in den Feind führet. O Herr! hier sind lauter Freunde, vergebet Euren Feinden, entlaßt den Kanzler, der nicht fechten kann!«

»Nein! her zu mir, Schildkröte! an meine Seite her, Hund von einem Schreiber! wie er zu Rosse sitzt, als hätte ihn unser Herrgott hinaufgeschneit, den Schneemann! Du hast mein Volk verachtet in deiner Kanzlei, und ihnen Gesetze gegeben mit deiner Schwanenfeder, jetzt sollst du sehen wie sie streiten; jetzt sollst du sehen wie Württemberg siegt oder – untergeht. Ha! seht ihr sie dort auf dem Hügel? seht ihr die Fahnen mit dem roten Kreuz? seht ihr das Banner von Bayern? wie ihre Waffen blitzen im Morgenrot, wie ihre Glieder von tausend Lanzen starren, wie der Wind in ihren Helmbüschen spielt. – Guten Tag ihr Herren vom Schwabenbund! jetzt geht mir das Herz auf; das ist ein Anblick für einen Württemberg.«

»Schaut! sie richten schon die Geschütze«, unterbrach ihn Lichtenstein; »zurück von diesem Platz, Herr! hier ist Euer Leben in augenscheinlicher Gefahr; zurück, zurück, wir halten hier; schickt uns Eure Befehle von dort zu, wo Ihr sicher seid.«

Der Herzog sah ihn groß an: »Wo hast du gehört«, sagte er, »daß ein Württemberg gewichen sei, wenn der Feind zum Angriff blasen ließ? meine Ahnen kannten keine Furcht, und meine Enkel werden noch aushalten wie sie, furchtlos und treu! Sieh wie der Berg sich dunkler und dunkler füllt von ihren Scharen. Siehst du jene weißen Wolken am Berg, Schildkröte? hörst du sie krachen? das ist der Donner der Geschütze, der in unsere Reihen schlägt; jetzt wenn du ein gutes Gewissen hast, wirst du leichter Atem holen, denn um dein Leben gibt dir keiner einen Pfennig.«

»Lasset uns beten«, sagte Marx von Schweinsberg, »und dann drauf in Gottes Namen.«

Der Herzog faltete andächtig die Hände, seine Begleiter folgten seinem Beispiel und beteten zum Anfang der Schlacht, wie es Sitte war in den alten Tagen. Der Donner der feindlichen Geschütze tönte schauerlich in diese tiefe Stille, in welcher man jeden Atemzug, jedes leise Flüstern der Betenden hörte. Auch der Kanzler faltete die Hände, aber seine Augen richteten sich nicht gläubig auf zum Himmel, sie irrten zagend an den Bergen umher, und das Beben seines Körpers, sooft Blitz und Rauch aus den Feldstücken des Feindes fuhr, zeigte, daß seine Seele nicht zu dem sich aufzuschwingen vermöge, der aus den Strahlen seiner Morgensonne über Freunde und Feinde herabblickte.

Ulerich von Württemberg hatte gebetet, und zog sein Schwert aus der Scheide; die Ritter und Reisigen folgten ihm, und in einem Augenblick blitzten tausend Schwerter um ihn her. »Die Landsknechte sind schon im Gefecht«, sagte er, indem sein Adlerauge schnell das Tal überschaute; »Georg von Hewen! Ihr rückt ihnen mit tausend zu Fuß nach. Schweinsberg lehne sich mit achthundert an den Wald, und warte bis auf weiteres. Reinhardt von Gemmingen! wollet mit den Eurigen geradeaus ziehen, und den mittleren Raum zwischen dem Wald und dem Neckar einnehmen. Sturmfeder, du bleibst mit deiner Abteilung Reitern; doch bist du jeden Augenblick bereit, vorzubrechen. Gott befohlen, ihr Herren; sollten wir uns hier unten nicht wiedersehen, so grüßen wir uns desto freudiger oben.« Er grüßte sie, indem er sein großes Schwert gegen sie neigte. Die Ritter erwiderten den Gruß und zogen mit ihren Scharen dem Feinde zu, und ein tausendstimmiges »Ulerich für immer!« ertönte aus ihren Reihen.

Das bündische Heer, das auf dem Hügel, den die Herzoglichen früher besetzt gehalten hatten, angekommen war, begrüßte seinen Feind aus vielen Feldschlangen und Kartaunen; dann zogen sie sich allmählich herab ins Tal; sie schienen durch ihre ungeheure Anzahl das kleine Heer des Herzogs erdrücken zu wollen. In dem Augenblick, als die letzten Glieder den Hügel verlassen wollten, wandte sich der Herzog zu Georg von Sturmfeder. »Siehst du ihre Feldstücke auf dem Hügel?« fragte er.