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»Und sterben?« erkundigte sich Lucky grimmig.

»Die Beendigung eurer Leben wäre notwendig. Wir wären nicht sicher, wenn du dich mit dem Wissen, das du hast, unter deine Brüder mischt. Du könntest mit ihnen reden und sie dazu veranlassen, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Das wäre nicht gut.«

»Dann habe ich nichts zu verlieren, wenn ich euch nichts sage.«

»Du hättest sehr viel zu verlieren. Solltest du dich weigern, uns unsere Frage zu beantworten, würden wir uns gewaltsam zu deinem Geist Zugang verschaffen müssen. Das wäre nicht die beste Lösung. Dabei könnten uns wertvolle Informationen entgehen. Um diese Gefahr so gering wie möglich zu halten, wären wir gezwungen, deinen Verstand Stück für Stück auseinanderzunehmen, und das wäre unangenehm für dich. Es wäre für dich und für uns viel besser, wenn du uns aus freien Stücken helfen würdest.«

»Nein.« Lucky schüttelte den Kopf.

Eine Pause trat ein. Dann fing die Stimme wieder an: »Obgleich dein Volk die Tendenz hat, Leben zu beenden, fürchtet es sich davor, sein eigenes Leben beendet zu bekommen. Diese Furcht werden wir dir ersparen, wenn du uns hilfst. Wenn du auf den Meeresboden hinabsinkst, um dein Leben zu beenden, werden wir alle Furcht von deinem Geist nehmen. Solltest du dich hingegen entschließen, uns nicht zu helfen, dann werden wir dein Lebensende trotzdem erzwingen, die Furcht davor aber nicht wegnehmen, sondern sie sogar noch verstärken.«

»Nein«, sagte Lucky jetzt lauter.

Wieder trat eine Pause ein, diesmal dauerte sie länger. Dann sagte die Stimme: »Wir brauchen dein Wissen nicht, weil wir um unsere eigene Sicherheit fürchten, sondern um nicht unangenehme Maßnahmen ergreifen zu müssen. Wenn wir nur in den Besitz ungenauen Wissens über die Methoden, mit denen wir uns gegen dein Volk jenseits des Himmels schützen können, gelangen sollten, dann werden wir gezwungen sein, die Bedrohung dadurch zu beenden, daß wir das Leben aller deiner Brüder auf dieser Welt zu Ende bringen. Wir werden den Ozean in alle ihre Städte lassen, wie wir es bereits einmal fast getan haben. Das Leben deines Volkes wird wie eine Kerze verlöschen. Es wird ausgeblasen werden, und das Lebenslicht wird nie wieder brennen.«

»Bringt mich dazu!« Lucky lachte wild auf.

»Wozu sollen wir dich bringen?«

»Bringt mich zum sprechen. Bringt mich dazu, das Schiff zu tauchen. Bringt mich zu irgendwas.«

»Glaubst du etwa, wir könnten das nicht?«

»Ich weiß ganz bestimmt, daß ihr es nicht könnt.«

»Dann schau dich einmal um, und sieh', was wir schon zu Stande gebracht haben. Das gefesselte Wesen ist in unserer Hand. Das Wesen, das neben dir gestanden hat, befindet sich in unserer Hand.«

Lucky fuhr herum. Während der ganzen Zeit, die gesamte Unterhaltung hindurch, hatte er Bigmans Stimme nicht ein einziges Mal vernommen. Es war so, als habe er Bigmans Vorhandensein völlig vergessen. Und jetzt mußte er mitansehen, wie der kleine Marsbewohner mit verzerrten Gliedmaßen zusammengesunken zu seinen Füßen lag.

Lucky ließ sich auf die Knie fallen; ein ungeheures, mit Furcht vermischtes Gefühl der Verzweiflung dörrte ihm die Kehle aus. »Habt ihr ihn getötet?«

»Nein, er lebt. Er hat noch nicht einmal große Schmerzen. Aber wie du siehst, sind wir nun allein. Es gibt niemanden, der dir helfen könnte. Sie konnten uns nicht widerstehen, und du kannst es auch nicht.«

Lucky war kalkweiß im Gesicht, als er jetzt sagte: »Nein. Ihr werdet mich nicht dazu kriegen, etwas zu tun.«

»Deine letzte Chance. Triff deine Wahl. Entscheidest du dich dafür, uns zu helfen, damit dein Leben ruhig und friedlich für dich zuende gehen kann? Oder wirst du dich weigern, uns behilflich zu sein, so daß es in Schmerz und Kummer enden muß, und später folgt vielleicht doch noch das Ende des Lebens für alle deine Brüder in den Städten unter dem Meer. Was soll es sein? Antworte!«

Während er sich allein und ohne Freunde darauf vorbereitete, gegen die Hammerschläge einer geistigen Macht anzutreten, die er nicht kannte und von der er nicht wußte, wie sie zu bekämpfen war, außer ihr mit unbeugsamer Sturheit zu begegnen, hallten diese Worte wie ein sich vielfach wiederholendes Echo durch seinen Kopf.

XIV

Kampf der Geister

Wie errichtet man einen Verteidigungswall gegen einen geistigen Angriff? Lucky hatte das Bedürfnis sich zu widersetzen, aber es gab keine Muskeln, die er hätte anspannen können, keine Fäuste, die er schützend hätte hochnehmen können, keine Möglichkeit, Gewalt mit Gewalt zu vergelten. Er konnte nur so bleiben, wie er war, mußte all jenen Impulsen, die seinen Willen überfluteten und von denen er nicht mit Sicherheit sagen konnte, ob sie seine eigenen waren, widerstehen.

Und wie sollte er feststellen, ob es seine eigenen waren? Was wollte er selbst gerne tun? Was wollte er selbst am liebsten tun?

Nichts drang in seinen Verstand. Dort herrschte absolute Leere. Sicher mußte doch etwas da sein. Er war doch nicht ohne einen Plan hier heraufgekommen.

Hier herauf?

Dann war er also aufgetaucht. Ursprünglich war er unten gewesen. Tief unten in den Tiefen seines Verstandes, dachte er. Das war es. Er befand sich an Bord eines Schiffes. Es war vom Meeresboden hochgetaucht. Jetzt schwamm es an der Oberfläche. Gut. Was nun?

Warum an der Wasseroberfläche? Er konnte sich dunkel daran erinnern, daß es unten sicherer war.

Unter großen Schwierigkeiten senkte er den Kopf, schloß die Augen und öffnete sie dann wieder. Seine Gedanken waren wie Sirup. Er mußte irgendwo hin eine Nachricht absetzen... irgendwo... über irgendetwas.

Er mußte eine Nachricht absetzen.

Nachricht absetzen.

Und er brach durch! Es war so, als ob er sich meilentief in seinem Inneren irgendwo, mit schmerzender Schulter gegen eine Tür gestemmt und diese nachgegeben habe. Seine Absicht stand ihm blitzartig klar vor Augen, und er erinnerte sich an etwas, das er vergessen hatte.

Das Bordfunkgerät und die Raumstation, natürlich.

Mit heiserer Stimme sagte er: »Ihr habt mich nicht. Hört ihr mich? Ich kann mich erinnern, und ich werde mich immer wieder erinnern.«

Keine Antwort.

Er schrie laut und unzusammenhängend. Sein Gehirn beschäftigte sich am Rande mit dem Gleichnis eines Mannes, der sich gegen eine Überdosis Schlaftabletten sträubt. Halte deine Muskeln in Bewegung, dachte er. Lauf weiter, lauf weiter.

In seinem Fall mußte er seinen Verstand in Bewegung halten, er mußte dafür sorgen, daß seine geistigen Muskeln in Betrieb blieben. Tu' etwas. Tu' etwas, wenn du aufhörst, dann haben sie dich.

Er schrie weiter und die Rufe wurden zu Worten: »Ich werde es tun. Ich werde es tun.«

»Was tun?« Er konnte fühlen, wie es ihm wieder entglitt. Fieberhaft wiederholte er sich: »Raumstation anfunken. Raumstation anfunken.« aber das Geräusch begann seine Bedeutung zu verlieren.

Er war jetzt auf den Beinen. Sein Körper drehte sich schwerfällig, ganz so als ob seine Gelenke aus Holz und dabei noch festgenagelt wären. Aber er drehte sich. Er sah den Sender an. Einen Augenblick lang konnte er ihn klar und deutlich erkennen, dann begann das Gerät zu schwanken und wurde im Nebel undeutlich. Er kniete seinen Geist hinein, da wurde das Bild wieder klar. Er konnte den Sender erkennen, den Sucherknopf und den Wellenlängenkondensator. Er erinnerte sich daran und verstand ihre Funktion.

Er machte einen schleifenden Schritt darauf zu und ein Gefühl, als ob sich rotglühende Nägel in seine Schläfen bohrten, überwältigte ihn.

Er taumelte und fiel auf die Knie, dann stand er unter Qualen wieder auf. Durch seine vom Schmerz getrübten Augen konnte er den Sender immer noch erkennen. Erst bewegte sich das eine, dann das andere Bein.