Выбрать главу

VI.

AUF DEM ASTEROIDEN

Selbst unten auf der Erde hatte Lucky nur wenige Räume gesehen, die derartig luxuriös eingerichtet waren. Das Zimmer war zehn Meter lang, sechs Meter breit und zehn Meter hoch. Oben befand sich eine Galerie. Die Wände waren von oben bis unten mit Mikrofilmspulen bedeckt. Auf einem Podest stand ein Projektor, auf einem weiteren befand sich ein Modell der Milchstraße aus einem edelsteinähnlichen Material. Überall herrschte indirekte Beleuchtung.

Im gleichen Augenblick, als er den Fuß in das Zimmer setzte, spürte er den Zug von Pseudo-Grav-Motoren. Er entsprach nicht den Erdwerten. Nach dem Gefühl zu urteilen, schien es sich um einen Mittelwert aus Mars- und Erdstandard zu handeln. Ein wunderbares Gefühl von Leichtigkeit machte sich bemerkbar, gleichzeitig war genügend Anziehungskraft vorhanden, um eine vollständige Koordination der Muskeln zu ermöglichen.

Der Einsiedler hatte den Raumanzug ausgezogen und ihn über einem weißen Plastikbecken aufgehängt, in das der Reif beim Abschmelzen tropfen konnte, der sich, nachdem sie aus dem eisigen All in die warme, feuchte Luft des Raumes gekommen waren, als dicke Kruste auf dem Anzug abgelagert hatte.

Er war groß und hielt sich gerade, das Gesicht zeigte eine gesunde rosa Farbe und wies keine Furchen auf. Sein Haar hingegen war weitgehend weiß, die dichten Augenbrauen ebenfalls, und die Adern auf seinen Händen traten deutlich hervor.

Er sagte mit höflicher Betonung: »Darf ich Ihnen beim Ablegen des Anzuges behilflich sein?«

Lucky erwachte aus seiner Träumerei. »Oh, es geht schon.« Er befreite sich schnell aus seiner Montur. »Sie haben hier eine ungewöhnliche Behausung.«

»Gefällt sie Ihnen?« Hansen gestattete sich ein Lächeln. »Es hat viele Jahre gedauert, um es so herzurichten. Und das ist noch nicht alles von meinem bescheidenen Heim.« Er schien von stillem Stolz ergriffen zu sein.

»Das kann ich mir denken«, erwiderte Lucky. »Es muß noch ein Kesselraum für Beleuchtung, Wärmeversorgung und für das Pseudo-Grav-Feld dasein. Sie müssen eine Luftaufbereitungsanlage und eine Umwälzpumpe, Wassertanks, Lebensmittelvorratslager und ähnliche Dinge haben.«

»Richtig.«

»Das Einsiedlerleben ist gar nicht schlecht.«

Der Einsiedler war offensichtlich stolz und gleichzeitig erfreut. »Das braucht es auch nicht zu sein«, meinte er. »Setzen Sie sich, Williams, nehmen Sie Platz. Hätten Sie gerne etwas zu trinken?«

»Nein, besten Dank.« Lucky ließ sich in einen Lehnstuhl sinken. Die scheinbar ganz normale Sitzfläche und die Rückenpolsterung verdeckten ein weiches diamagnetisches Feld, das unter seinem Gewicht gerade soviel nachgab, um sich jeder seiner Körperkonturen anzupassen. »Es sei denn, Sie könnten eine Tasse Kaffee auftreiben.«

»Nichts leichter als das!« Der alte Mann trat in eine Nische. Sekundenschnell war er mit einer duftverströmenden, dampfenden Tasse in Händen wieder zurück. Für sich selbst hatte er ebenfalls eine mitgebracht.

Auf den entsprechenden Druck von Hansens Fuß entstand in der Lehne von Luckys Sessel eine Vertiefung, und der Einsiedler stellte die Tasse in der dafür vorgesehenen Einbuchtung ab. Währenddessen hielt er inne, um den Jüngeren anzustarren.

Lucky sah auf. »Ja?«

»Es ist nichts«, Hansen schüttelte den Kopf.

Sie sahen sich beide an. Die Lampen in den etwas entfernteren Teilen des großen Zimmers gingen aus, bis nur noch der Raum unmittelbar um die beiden Männer herum erleuchtet war.

»Und wenn Sie jetzt Nachsicht mit der Neugier eines alten Mannes haben«, begann der Einsiedler, »möchte ich Sie fragen, warum Sie hierher gekommen sind.«

»Ich bin nicht hergekommen. Ich bin hergebracht worden«, antwortete Lucky.

»Wollen Sie etwa sagen, daß Sie kein.«, Hansen machte eine Pause.

»Nein, ich gehöre nicht zu den Piraten. Wenigstens noch nicht.«

Hansen stellte seine Tasse ab und setzte eine besorgte Miene auf. »Das verstehe ich nicht, vielleicht habe ich an Dinge gerührt, die ich besser nicht angesprochen hätte.«

»Machen Sie sich deswegen keine Gedanken. Ich werde bald dazugehören.«

Lucky trank seinen Kaffee aus, und dann erzählte er, wie er sich an Bord der Atlas geschlichen hatte, er berichtete der Reihe nach, dabei wählte er seine Worte mit Bedacht.

Hansen hörte gespannt zu. »Und sind Sie sich wirklich sicher, daß Sie das tun wollen, junger Mann, jetzt, wo Sie einen kleinen Einblick in diese Art von Leben bekommen haben?«

»Da bin ich mir ganz sicher.«

»Warum, um der Erde willen?«

»Das ist es, wegen der Erde und wegen dem, was sie mir angetan hat. Dort kann man nicht leben. Warum sind Sie hierher gekommen?«

»Das ist eine lange Geschichte, fürchte ich. Sie brauchen keine Angst zu kriegen, ich werde sie nicht erzählen. Ich habe diesen Asteroiden vor vielen Jahren gekauft, um meine Ferien dort zu verbringen, und mit der Zeit hat er mir immer besser gefallen. Nach und nach habe ich die Wohnfläche vergrößert und brachte Möbel und Mikrofilme von der Erde mit. Schließlich gelangte ich zu der Überzeugung, daß ich hier alles hatte, was mein Herz begehrte. Warum sollte ich also nicht für immer bleiben, fragte ich mich. Und ich bin hiergeblieben.«

»Klar, warum auch nicht? Sie sind clever. Da unten geht alles drunter und drüber. Zu viele Menschen, zu viele miese Jobs. Fast unmöglich, auf einen der Planeten zu kommen, und wenn man es schafft, bekommt man doch bloß Knochenarbeit angeboten. Ein Mann hat heutzutage keine Möglichkeiten mehr, außer er kommt auf die Asteroiden. Ich bin noch nicht alt genug, um mich wie Sie zur Ruhe zu setzen. Aber für einen jungen Burschen bietet sich hier ein ungebundenes und aufregendes Leben. Hier kann man noch der große Boß werden.«

»Diejenigen, die bereits Bosse sind, haben es gar nicht gern, wenn junge Springinsfelds mit der Vorstellung im Kopf herumlaufen, sie könnten auch ganz nach oben kommen. Anton zum Beispiel, ich habe ihn erlebt und weiß Bescheid.«

»Vielleicht, aber bisher hat er sein Wort gehalten«, sagte Lucky. »Er hat gesagt, wenn ich diesen Dingo schlage, hätte ich gute Aussichten, bei den Männern von den Asteroiden mitmachen zu dürfen. Es sieht ganz so aus, als ob mir die Chance dazu geboten würde.«

»Es sieht ganz so aus, als seien Sie hier, das ist alles. Was wird, wenn er mit dem Beweis in Händen zurückkommt, oder mit dem, was er einen Beweis nennt, daß Sie ein Regierungsmann sind?«

»Das wird er nicht.«

»Und wenn er es doch tut? Einfach nur, um Sie loszuwerden?«

Luckys Züge verdunkelten sich, und wieder schaute Hansen ihn interessiert an, dabei runzelte er etwas die Stirn.

Lucky sagte: »Das würde er nie tun. Einen guten Mann kann er immer gebrauchen, das weiß er genau. Und überhaupt, warum lesen Sie mir eigentlich die Leviten? Sie sind doch selbst hier draußen und lassen sich mit denen ein.«

Hansen schlug die Augen nieder. »Das ist wahr. Ich sollte Ihnen nicht dreinreden. Das kommt nur daher, daß ich zu lange allein bin, dann neigt man dazu, zuviel zu reden, wenn jemand vorbeikommt, einfach nur, um das Geräusch von Stimmen zu hören. Schauen Sie, es ist Zeit zum Abendessen. Mir wäre es recht, wenn Sie und ich schweigend unsere Mahlzeit einnehmen würden, falls Ihnen das lieber ist. Oder sonst reden wir über Themen, die Ihnen lieber sind.«

»Ja, schönen Dank, Mr. Hansen. Und nichts für ungut.«

»Gut.«

Lucky folgte Hansen in eine kleine Küche. An den Wänden standen dicht an dicht Dosen mit Konzentratnahrung aller Art. Von den Markenzeichen, die Lucky vertraut waren, keine Spur, statt dessen war der Inhalt jeder Dose in buntkolorierten Radierungen, die Bestandteil des Metalls waren, beschrieben.

»Für gewöhnlich pflege ich Frischfleisch in einem besonderen Tiefkühlraum aufzubewahren«, sagte Hansen erläuternd. »Auf einem Asteroiden können Sie jede gewünschte Minustemperatur herstellen, müssen Sie wissen. Aber es ist zwei Jahre her, daß ich an solche Verpflegung kommen konnte.«