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Anton lächelte genau wie zuvor. »Noch fünfzig Meilen«, sagte er. »Fünfundvierzig.« Nach einer kurzen Pause: »Vierzig. Hast du schon dein letztes Vaterunser aufgesagt, Regierungsbubi?«

Lucky antwortete nicht. Für ihn gab es keinen Ausweg. Er würde den Piraten rammen müssen. Ehe er Anton entwischen ließ, ehe er es zuließ, daß die Erde mit Krieg überzogen wurde, würde er den Piraten aufhalten müssen, selbst wenn er dafür mit seinem eigenen Leben bezahlen mußte. Die Schiffe näherten sich auf einem flachen spiralförmigen Tangentialkurs.

»Dreißig«, kommentierte Anton gelangweilt. »Du jagst hier niemandem einen Schrecken ein. Am Schluß stehst du als Trottel da. Dreh' ab und mach, daß du wegkommst, Starr.«

»Fünfundzwanzig«, erwiderte Lucky fest. »Sie haben noch fünfzehn Minuten, um sich zu ergeben oder zu sterben.« Er selbst, mußte er sich eingestehen, hatte dieselbe Zeitspanne, um entweder das Spiel zu gewinnen oder ebenfalls zu sterben.

Hinter Anton erschien auf einmal ein Gesicht auf dem Bildschirm. Der Mann legte einen Finger an die blutleeren zusammengepreßten Lippen. Luckys Augen hätten vielleicht alles verraten, deswegen schaute er weg.

Beide Schiffe rasten jetzt mit Höchstbeschleunigung dahin.

»Was liegt an, Starr?« erkundigte sich Anton. »Schiß? Herzklopfen?« Seine Augen flackerten, und sein Mund war halb geöffnet.

Lucky wurde plötzlich klar, daß Anton an der Sache Spaß hatte, diese Erkenntnis wurde ihm zur sicheren Erkenntnis. Anton betrachtete das Ganze als ein Spiel, für den Piraten war es eine Möglichkeit, seine Macht zu demonstrieren. In diesem Augenblick war Lucky sich bewußt, daß Anton sich niemals ergeben würde. Er würde sich eher rammen lassen, als klein beizugeben! Und Lucky wußte, daß er selbst dem Tod nicht würde entrinnen können.

»Fünfzehn Meilen«, sagte Lucky.

Es war Hansen, der da hinter Anton stand. Der Einsiedler! Und da war etwas in seiner Hand.

»Zehn Meilen«, sagte Lucky. Dann: »Sechs Meilen. Ich werde euch rammen! Beim All, ich werde euch rammen!«

Das war ein Blaster! Hansen hielt einen Blaster in der Hand.

Luckys Atem ging schwer. Wenn Anton sich jetzt umdrehte.

Aber Anton ließ sich Luckys Mienenspiel nicht einen Augenblick lang entgehen, das wollte er einfach nicht verpassen. Er wartete darauf, daß sich auf Luckys Gesicht die Furcht abzumalen begann und dann langsam immer deutlicher zutage treten würde. Lucky konnte es ganz klar in den Zügen seines Gegenübers erkennen. Anton hätte sich selbst auf ein viel lauteres Geräusch hin, als es das vorsichtige Heben eines Blasters verursacht, nicht umgedreht.

Anton erwischte es voll im Rücken. Der Tod kam viel zu schnell, um das intensive Lächeln von Antons Gesicht verschwinden zu lassen, und obwohl das Leben seine Züge verließ, blieb der Ausdruck grausamer Freude erhalten. Anton fiel nach vorne auf den Bildschirm. Einen Augenblick lang kam sein Gesicht vor der Kamera zu liegen, überlebensgroß, und starrte Lucky aus toten, bösen Augen an.

Lucky konnte Hansen rufen hören: »Alle Mann zurück an die Wand. Wollt ihr etwa alle draufgehen? Wir ergeben uns. Kommen Sie rüber, und nehmen Sie uns fest, Starr!«

Lucky verließ seine Anflugbahn um zwei Grad, gerade genug, um die Kollision zu vermeiden.

Seine Ergometer registrierten jetzt sehr deutlich die Maschinenausstrahlungen näherkommender Regierungsschiffe. Endlich.

Die Bildschirme an Bord von Antons Schiff zeigten nur weißen Schnee, das war das Zeichen der Aufgabe.

*

Es war beinahe eine Binsenweisheit, daß die Flotte nie besonders begeistert davon war, wenn der Wissenschaftsrat die Nase in Angelegenheiten steckte, die die Militärs als ihre ureigenste Domäne betrachteten. Das galt natürlich in besonderem Maße, wenn die Aktion überaus erfolgreich gewesen war. Lucky wußte das genau. Deswegen war er auf die schlecht verborgene Mißbilligung des Admirals durchaus vorbereitet.

»Dr. Conway hat die Angelegenheit hinreichend erklärt, Starr«, meinte der Admiral trocken, »und ich muß Ihnen meine Anerkennung aussprechen. Sie müssen sich aber im klaren sein, daß die Flotte sich schon seit geraumer Zeit über die sirianische Gefahr ein Bild gemacht und sich eine wohldurchdachte Strategie zurechtgelegt hat. Diese Alleingänge des Rates könnten eines Tages gefährlich werden. Das könnten Sie Dr. Conway gegenüber vielleicht einmal durchblicken lassen. Der Koordinator hat mich nun gebeten, in den nächsten Phasen des Kampfes gegen die Piraten mit dem Rat zusammenzuarbeiten, aber«, er blickte eigensinnig drein, »Ihrem Vorschlag, den Angriff auf Ganymed hinauszuzögern, kann ich mich nicht anschließen. Ich denke, die Flotte ist sehr gut selbst in der Lage, Entscheidungen zu treffen, wenn es um Kampfhandlungen und den Sieg geht.«

Der Admiral war Mitte Fünfzig und durchaus nicht gewohnt, sich mit irgend jemandem von gleich zu gleich zu beraten, von einem jungen Dachs, der noch nicht einmal halb so alt war wie er, ganz zu schweigen. Man konnte es seinem kantigen Gesicht mit dem grauborstigen Oberlippenbart überdeutlich ansehen.

Lucky war hundemüde. Jetzt, wo Antons Schiff im Schlepp und die Mannschaft in Gewahrsam genommen war, machte sich die Anstrengung bemerkbar. Er brachte es dennoch fertig, sehr respektvoll zu antworten. »Ich denke, wenn wir zuerst die Asteroiden ausräuchern, dann werden die Sirianer auf Ganymed ganz von selbst aufhören, uns Kopfzerbrechen zu bereiten.«

»Heilige Milchstraße, Mann, was meinen Sie mit >ausräuchern<. Das versuchen wir nun seit fünfundzwanzig Jahren, und zwar ohne Erfolg. Die Asteroiden zu säubern ist so, als wolle man einen Sack Flöhe hüten. Was die sirianische Base anlangt, so wissen wir wenigstens, wo sie sich befindet, außerdem haben wir recht genaue Vorstellungen über ihre Stärke.« Er gestattete sich ein flüchtiges Lächeln. »Oh, dem Rat fällt es vielleicht schwer sich vorzustellen, daß die Flotte ebenfalls weiß, was sie tut. Möglicherweise sogar besser als der Rat. Ich weiß zum Beispiel, daß die mir zur Verfügung stehenden Streitkräfte ausreichen, den Feind auf Ganymed zu schlagen. Wir sind auf den Einsatz vorbereitet.«

»Das steht für mich völlig außer Zweifel, ich bin auch felsenfest davon überzeugt, daß Sie den Feind auf Ganymed vernichten können. Aber die Einheiten dort auf Ganymed stellen nicht die gesamten sirianischen Streitkräfte dar. Sie mögen vielleicht für eine Schlacht vorbereitet sein, aber sind Sie es auch für einen langen verlustreichen Krieg?«

Das Gesicht des Admirals lief puterrot an. »Ich bin gebeten worden, mit Ihnen zusammenzuarbeiten, aber das kann ich nicht auf Kosten der Sicherheit der Erde tun. Unter keinen Umständen kann ich meine Zustimmung zu einem Plan geben, der darauf hinausläuft, unsere Flotteneinheiten im Asteroidengebiet aufzusplittern, während sich ein sirianisches Expeditionskorps in unserem Sonnensystem befindet.«

»Bekomme ich eine Stunde Zeit?« unterbrach Lucky den Redefluß des Admirals. »Eine Stunde, um mit Hansen zu reden, Sie wissen schon, der Gefangene von Ceres, den ich auf dieses Schiff geschafft habe, kurz bevor Sie an Bord gekommen sind, Sir?«

»Wozu soll das denn gut sein?«

»Geben Sie mir bitte eine Stunde, ich werde versuchen, es Ihnen zu zeigen.«

Die Lippen des Admirals wurden zu einem dünnen harten Strich. »Eine Stunde könnte kostbar sein. Eine Stunde könnte unbezahlbar sein. Na gut, fangen Sie an, aber ein bißchen dalli. Mal sehen, was dabei herauskommt.«

»Hansen!« rief Lucky laut, ohne seine ruhigen Augen dabei auch nur für einen Moment von dem Admiral abzuwenden.

Der Einsiedler erschien aus der Schlafraumsektion. Er machte einen müden Eindruck, aber trotzdem gelang es ihm, Lucky ein Lächeln zu schenken. Sein Aufenthalt an Bord des Piratenschiffes hatte seinem Selbstvertrauen offenbar nichts anhaben können.

»Ich habe bereits Ihr Schiff bewundert, Mr. Starr. Eine tolle Blechbüchse, alles was recht ist.«