»Also jetzt hören Sie mal beide zu«, fuhr der Admiral dazwischen, »keine langen Vorreden, wenn ich bitten darf. Starr, kommen Sie zur Sache, Ihr Schiff wollen wir fürs erste mal aus dem Spiel lassen.«
»Die Situation ist folgende, Mr. Hansen«, sagte Lucky, »mit Ihrer unschätzbaren Hilfe, für die ich Ihnen danken möchte, ist es uns gelungen, Anton aufzuhalten. Im Klartext bedeutet das, daß wir den Zeitpunkt des Ausbruches von Feindseligkeiten mit den Sirianern hinausgezögert haben. Aber wir brauchen mehr als einen Aufschub. Wir müssen die Gefahr vollständig aus der Welt schaffen, und wie Ihnen der Admiral versichern wird, haben wir nur sehr wenig Zeit zur Verfügung.«
»Wie kann ich helfen?« wollte Hansen wissen.
»Indem Sie meine Fragen beantworten.«
»Mit dem größten Vergnügen, aber ich habe Ihnen bereits alles gesagt, was ich wußte. Es tut mir leid, daß meine Informationen sich als so unzureichend erwiesen haben.«
»Aber trotzdem haben die Piraten Sie für gefährlich gehalten. Sie haben schließlich allerhand riskiert, um Sie aus unserer Gewalt zu befreien.«
»Dafür habe ich keine Erklärung zur Hand.«
»Ist es möglich, daß Sie über eine Information verfügen, von der Sie gar nicht annehmen, daß sie wichtig ist? Irgend etwas, was tödlich für sie sein könnte?«
»Nicht das ich wüßte.«
»Nun, man hat Ihnen Vertrauen entgegengebracht. Nach dem, was Sie mir erzählt haben, sind Sie ein wohlhabender Mann mit gut angelegtem Vermögen auf der Erde, Mit Sicherheit sind Sie reicher als der durchschnittliche Einsiedler. Trotzdem haben die Piraten Sie gut behandelt. Oder sagen wir einmal so, man hat Sie nicht schlecht behandelt. Man hat Sie nicht ausgeplündert. Wenn man es recht betrachtet, dann bleibt festzustellen, daß man Ihr Luxusheim völlig in Ruhe gelassen hat.«
»Aber bedenken Sie, Mr. Starr, ich habe den Piraten dafür ja auch geholfen.«
»Nicht sonderlich. Sie sagten; daß Sie ihnen gestattet haben, auf Ihrem Brocken zu landen, manchmal Leute zurückzulassen, und das ist auch schon so ziemlich alles gewesen. Wenn man Sie einfach abgeknallt hätte, hätten sie das alles auch haben können, und Ihre Unterkunft hätten sie sozusagen als Dreingabe bekommen. Darüber hinaus hätten die Piraten nicht fürchten müssen, daß Sie zum Informanten wurden. Zu guter Letzt sind Sie es ja geworden, stimmt's?«
»So ist es aber gewesen, ich habe Ihnen die Wahrheit erzählt.« Hansen konnte Lucky nicht in die Augen sehen, während er sprach.
»Doch schon, was Sie mir erzählt haben, entspricht der Wahrheit, allerdings handelt es sich dabei nicht um die ganze Wahrheit. Ich bleibe dabei, die Piraten müssen einen guten Grund gehabt haben, Ihnen dermaßen vertrauen zu können. Sie mußten gewußt haben, daß es für Sie den Tod bedeuten mußte, zur Regierung zu gehen.«
»Auch das habe ich Ihnen schon gesagt«, antwortete Hansen mit Nachsicht in der Stimme.
»Sie haben gesagt, daß Sie sich durch Ihre Hilfeleistung für die Piraten kompromittiert hätten, aber man hat Ihnen vertraut, bevor Sie damit begonnen hatten, ihnen zu helfen. Sonst wären Sie beim ersten Mal umgelegt worden. Jetzt lassen Sie mich raten. Ich würde annehmen, daß Sie, bevor Sie ein Einsiedler geworden sind, selbst Pirat gewesen sind, Hansen, und daß Anton und Männer seines Schlages das gewußt haben. Was sagen Sie dazu?«
Hansens Gesicht wurde kalkweiß.
»Was sagen Sie dazu, Hansen?« wiederholte Lucky.
Hansens Stimme klang ganz sanft, als er jetzt sagte: »Sie haben recht, Mr. Starr. Ich bin einmal Mitglied einer Piratenmannschaft gewesen. Das war vor langer Zeit. Ich habe versucht, es zu vergessen. Ich habe mich auf die Asteroiden zurückgezogen und alles in meiner Macht Stehende getan, um für die Erde so gut wie tot zu sein. Als im Sonnensystem eine neue Gruppe von Piraten entstand und mich mit hineinzog, blieb mir keine andere Wahl, als ihr Spiel mitzumachen.
Als Sie bei mir landeten, bot sich mir zum ersten Mal die Chance zu verschwinden; meine erste Chance, um mich dem Gesetz zu stellen, wenn man es richtig betrachtet. Was für mich sprach, war der Umstand, daß ich mein Leben riskiert hatte, um ein Ratsmitglied zu retten. Das war der Grund, warum ich so scharf darauf war, die Angreifer auf Ceres zu bekämpfen. Da wollte ich mir noch einen Pluspunkt verdienen. Am Ende habe ich dann noch Anton getötet, Ihnen das Leben zum zweitenmal gerettet, und darüber hinaus der Erde eine Atempause verschafft, in der, wie Sie mir sagen, vielleicht ein Krieg verhindert werden kann. Ich bin Pirat gewesen, ja, Mr. Starr, aber das ist aus und vorbei, und ich schätze, ich habe es wiedergutgemacht.«
»Gut«, räumte Lucky ein, »jedenfalls, was das betrifft. Aber jetzt sagen Sie endlich, gibt es noch irgend etwas, das Sie uns bisher verheimlicht haben?«
Hansen schüttelte den Kopf.
»Bisher haben Sie uns auch nicht gestanden, daß Sie Pirat gewesen sind.«
»Das war doch nun wirklich nicht von Bedeutung. Außerdem haben Sie es doch auch herausgefunden. Ich habe gar nicht versucht, es abzustreiten.«
»Gut, dann wollen wir jetzt mal sehen, ob es sonst noch Sachen gibt, die Sie nicht ableugnen werden. Verstehen Sie, Sie haben uns immer noch nicht die ganze Wahrheit gesagt.«
Hansen machte einen überraschten Eindruck.
»Was soll denn noch sein?«
»Die Tatsache, daß Sie nie aufgehört haben ein Pirat zu sein. Die Tatsache, daß Sie ein Mann sind, von dem in meiner Gegenwart nur ein einziges Mal die Rede war, und zwar seitens eines Besatzungsmitgliedes an Bord von Antons Schiff, kurz nach meinem Stoßpistolenduell mit Dingo. Die Tatsache, daß Sie der sogenannte Boß sind. Sie, Mr. Hansen, sind der Drahtzieher hinter den Operationen der Piraten der Asteroiden.«
XVI.
DIE GANZE ANTWORT
Hansen sprang wie von der Tarantel gestochen von seinem Stuhl auf. Sein Atem ging pfeifend durch die halbgeöffneten Lippen.
Der Admiral, der kaum weniger überrascht war, rief: »Heilige Milchstraße, Mann! Ist das Ihr Ernst?«
»Setzen Sie sich, Hansen«, sagte Lucky, »wir wollen einmal sehen, ob alles zusammenpaßt. Falls ich mich irre, dann müßte in der Geschichte irgendwo eine Ungereimtheit auftauchen, oder etwa nicht? Es fängt alles mit Captain Antons Landung auf der Atlas an. Obwohl sein Verstand in der verkehrten Richtung operierte, war er doch ein fähiger und intelligenter Mann. Er mißtraute mir und meiner Geschichte. Er machte also eine dreidimensionale Aufnahme von mir (das dürfte kein Problem gewesen sein, selbst wenn ich es nicht bemerkt habe) und schickte das Photo zum Boß, um sich Anweisungen zu holen. Dem Boß kam es so vor, als ob er mich erkennen würde. Wenn Sie, Hansen, der Boß waren, ist das logisch, denn schließlich haben Sie mich ja tatsächlich erkannt, als wir uns begegnet sind.
Der Boß gab also Anweisung, daß ich zu töten sei. Anton amüsierte sich damit, mich zu diesem Zweck in ein Stoßpistolenduell mit Dingo zu schicken. Dingo erhielt eindeutige Anweisung, mich zu liquidieren. Das hat Anton in seiner letzten Unterhaltung mit mir offen zugegeben. Aber als ich dann zurückkam und zudem noch Antons Ehrenwort hatte, daß ich eine Chance bekäme, falls ich überleben sollte, mußten Sie höchstpersönlich eingreifen. Ich wurde also auf Ihren Asteroiden geschickt.«
»Aber das ist doch der helle Wahnsinn«, platzte Hansen heraus. »Ich habe Ihnen nichts zuleide getan. Ich habe Ihnen die Haut gerettet und Sie zur Ceres gebracht.«
»Stimmt, das haben Sie getan und sind auch noch mitgekommen. Ich hatte mir vorgenommen, in die Piratenorganisation zu gelangen, um mir dort die notwendigen Informationen zu verschaffen. Sie verfielen auf die gleiche Idee, mit umgekehrten Vorzeichen, versteht sich, und waren dabei auch noch viel erfolgreicher als ich. Sie haben mich zur Ceres gebracht und sind gleich selbst mitgekommen. Sie merkten, wie unvorbereitet wir waren, und wie sehr wir die Piratenorganisation unterschätzten. Das bedeutete, daß Sie mit Volldampf zu Werke gehen konnten.