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Alik merkte fast keine Änderungen im seinen Leben nach der Heirat. Ja, er wohnte jetzt im Zentrum der Stadt in einer großen Wohnung, das war aber alles. Er sorgte wie früher für sich selbst – kochen, waschen, bügeln u. s.w. Für seine Frau, die ganze Tage vor der Glotze saß, sorgte der Schwiegervater. Neuvermählte hielten nichts von Sex, aber niemand erwartete von ihnen einen Nachwuchs, und so war es auch schön und gut.

Dann einer Nacht zerfiel die Sowjetunion. Auf einmal wohnte Alik in einem anderen Staat. Zuerst scherzte man, dass man bald ein Visum bräuchte, um nach Russland zu fahren. Später waren Scherze vorbei. Jedem in der Ukraine wurde bewusst, dass hiesige Oligarchen das ganze Geld des Landes brauchten, um wie würdige ukrainische Kapitalisten in Nizza oder Saint-Tropez aussehen können. Für solch ein Ziel wollte das einfache ukrainische Volk alles opfern. Niemand wurde erstaunt, als man über keine Mittel fürs Gesundheitssystem der unabhängigen Ukraine verfügte. Alik und Igor wurden als erste gefeuert.

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Alik saß in seiner Wohnung und dachte nach. Wie soll sein Leben weitergehen? Er hatte keine Arbeit mehr. Seine Frau war eigentlich keine Frau für ihn. Jetzt hatte er keinen Freund. Igor wurde in letzter Zeit zu anderem Menschen. Jetzt sprach er immer über „kljaty moskali“ (gottverhasste Russen). Alik fühlte sich nicht als „kljaty moskal“. Er unterdrückte Ukrainer nie, nicht heute und nicht zu den sowjetischen Zeiten. Nach seiner Erfahrung waren es ehe Russen, die von Ukrainer sich unterdrückt fühlen sollten. Genau so sprachen die Bewohner von Rostower Gebiet, die nach Ukraine fahren mussten, um etwas Fleisch, Wurst, Butter, Toilettenpapier, Seife, Shampoo, Waschmittel und so weiter zu kaufen, weil in Rostower Gebiet gab es so was nicht, doch in Ukraine, hundert Kilometer westlicher, da war alles. Dann wer unterdrückte wen? Nur so ein Gedanke...

Alik wusste nicht, was mit Igor passierte. Früher interessierte niemand dafür, wer von ihnen Ukrainer und wer Russe war. Jetzt aber umgekehrt – jetzt war es am wichtigsten. Es gab nicht viele Ukrainer in der Stadt, präzise gesagt, „reine“ Ukrainer, vielmehr lebten hier Mischlinge von verschiedenen Nationalitäten, aber „reine“ Ukrainer waren sehr aggressiv. Alik war schon müde von diesem nationalistischen Larifari. Er mag ukrainische Lieder und sang sie gern, aber er sprach kein Ukrainisch und verstand nicht, warum er diese Sprache in der Stadt sprechen sollte, wo sonst alle nur Russisch sprachen. Und auf einmal wurde er zum Ausländer, weil er einen russischen Pass besaß.

Alik dachte, dass er zurück nach Russland soll. Aber was und wer warten dort auf ihn? Andere Nationalisten. Alik sah schon sogenannte Donkosaken in Uniformen von neunzehnten Jahrhundert, mit Säbeln und „Nogaikas“ (Kosackenpeitschen). Waren sie viel besser? Kaum. Aber in Rostow kann er mindestens unbehindert Russisch sprechen. So verließ Alik seine Wohnung samt seiner Frau und ehemaligen Freunden, nahm von niemandem Abschied und kehrte nach Rostow zurück.

Er fand mit links Arbeit in Rostow und zwar als Lehrer für Geografie. Für den Lohn, den man für die Arbeit bekam, könnte man kaum eine Katze ernähren. Ihm gefiel die Arbeit, aber sein Magen sehnte sich nach etwas Wesentliches, als Nudel.

So kam Alik zur Idee, sich als Buchhalter ausbilden zu lassen. Das war auch ein Flop. Er arbeitete als Buchhalter für einen Neurussen, der alle Toiletten der Rostower Bus- und Bahnhöfe besaß. Das Unternehmen war außerordentlich profitabel, weil wenn man muss, man alles, was von ihm verlangt wird bezahlt. Aber der gierige Kapitalist wollte noch am Steuern sparen. Nach einem halben Jahr war Alik schon dieser Doppelbuchführung satt, dazu fürchtete er noch vor Knast. Er verließ Toilettenimperium und begann aufs Neue seine Lehrerkarriere. Langsam erhöhte man die Löhne, und Alik konnte sich wieder übers Wasser halten.

Alik macht mit seinen Schülern einen Ausflug. Sie fahren zu einem von Aliks Lieblingsplätze – Ptschelovodnaja. Hier werden sie neben einem Hain in Zelten übernachten. XX XXXXXXX XXX XXX XXXXXXXXXX XX XXX XXX XX XX XXX XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX XXX XXXX XXX XXXXXXXX XX XXX XXXXXXX XXXXXXXXXXXX XX XXX XX XXX XXXXXXXXX.

Es wird wie immer viel geredet, gesungen, gelacht und, wie immer, getrunken. Alik ist schon daran gewöhnt und weiß, dass er nichts dagegen unternehmen kann. Er sorgt nur dafür, dass man nicht zu viel Wein intus hat. Es ist schon dunkel geworden. Alle sitzen um Lagerfeuer herum und sind guter Laune. Alik spielt Gitarre und singt. Seine Schüler lieben ihn singen hören. Er fühlt, dass die Natur ruft und geht weit von Lagerfeuer weg. Er ist doch ein Lehrer und soll sich nicht blamieren.

Alik vertiefte sich schon einige Meter in den Hain, als er hört, dass jemand läuft hinter ihm. Das zwingt ihn weitergehen, doch die Schritte nähern sich. Alik bleibt stehen und wartet auf den Hinzukommender. Er sieht eine Silhouette in der Dunkelheit. Gott sei Dank, es ist kein Mädchen. Die Neigung zur Vergewaltigung der Schüler ist zwischen russischen Lehrer nicht so verbreitet, wie die laut TV-Serien in der USA der Fall ist, doch es wäre unangenehm in Anwesenheit des Mädchens...

Die Silhouette nähert sich. Die ist Alik irgendwie bekannt, aber er kann nicht mit Sicherheit erkennen, wer da ist. Du darfst ruhig weitergehen, sagt er der Silhouette, ich muss mal. Die dunkle Gestalt sagt nichts und geht weiter. Alik kehrt sich herum und gleichzeitig schreit er vom Schmerz in Schultern. Alik macht instinktiv zwei-drei Schritte vorwärts, versteckt sich hinter dem Baum und versucht irgendetwas in Dunkelheit zu erkennen. Er sieht die Silhouette des Mannes, der hält seine rechte Hand ein langes und sichtlich schweres Ding. Der Mann geht in Aliks Richtung und es bleibt wahrscheinlich keine Zeit mehr zu analysieren, was für ein Ding es sein soll. Alik ist verängstigt, er läuft.

Es ist bekanntlich schwer, in einem Wald zu laufen und besonders ist es unbequem, diesen Lauf in der Nacht zu unternehmen. Die Zweige schlagen Alik ins Gesicht und hätte er keine Brille, so könnte er schon mit seinen Augen verabschieden. Er stolpert und fällt ab und zu hin. Doch der Mann, der ihn verfolgt, hat dieselben Schwierigkeiten. Alik versucht das Tempo zu erhöhen, um die Distanz zwischen ihm und seinem Verfolger zu vergrößern. Es gelingt ihm und er versteckt sich hinter einem Hügel. Er hört nichts. Alik ist verwundet, außer Atmen und sein Hemd ist ganz nass von Blut. Er verbirgt sich und denk hektisch daran, was er jetzt tun soll. Er bekommt bestimmt keine Hilfe, weil der Hain menschenleer ist. Er kann nicht zurück laufen, weil, erstens, so bringt er seine Schüler in Gefahr und zweitens, sein Feind befindet sich gerade in dieser Richtung, da drüben. Selbst kann er sich nicht verteidigen, Alik hegt keine Illusion von seiner Kraft. Er muss irgendwo Menschen finden und um Hilfe bitten. Er muss weg aus diesem Hain.

Alik hört aufmerksam zu. Es ist still, niemand verfolgt ihn. Er bückt sich und schleicht aus dem Hain. Er hofft, dass er der Gefahr entgeht. Plötzlich fällt er den Steilhang hinunter. Von lauten Schmerzen verliert Alik das Bewusstsein. Nach einiger Zeit kommt er zu sich wieder und versucht zu erinnern, was er hier tut und warum sein ganzer Körper schmerzt. Dann prüft er den Zustand seiner Glieder. Die Ergebnisse sind enttäuschend – es sieht so aus, als ob er seiner rechten Hand brachte und rechten Fuß ausrenkte. Dazu verlor er noch seine Brille. Alik findet einen großen Zweig, den er als Krücke benutzt. Heulend vom Schmerz bewegt Alik sich langsam durch Dickicht und Gestrüpp bis zum Ende des Hains fort. Hier trennt ein schmaler Erdweg den Hain vom Sonnenblumenfeld.

Weit entfernt sieht Alik verschwommene Lichter des Mähdreschers, der Sonnenblumen ernten. Er entscheidet sich fürs Sonnenblumenfeld, weil er fürchtet, dass man ihn den Erdweg gehend merken kann. Ächzend und krächzend humpelt Alik durch das Sonnenblumenfeld gen Scheinwerfer des Mähdreschers. Dort sollten Menschen sein, dort bekommt er notwendige Hilfe.