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Also schön und gut empfing Monja Tomek in seinem Chefarbeitszimmer. Er mietete einige Zimmer in einem Haus, das noch vor der Revolution gebaut war, in Zentrum von Rostow. Eigentlich konnte er das ganze Haus und noch mehrere Häuser, genauso wie eine Typografie, kaufen, aber Monja hatte eine Regel, die er von seinen Vorfahren vererbte und die er pedantisch einhielt – Man muss nur das haben, das man im Falle eines Pogroms mit sich tragen kann. Und Monja besitze nichts, abgesehen von seiner Wohnung und einem gebrauchten Opel Astra.

Tomek sah ihr gegenüber einen lässig sitzenden Mann, der hinter der Blütezeit seines Lebens war, wohlbeleibt und fast glatzköpfig. Sein Hemd war ihm zu eng und man konnte sein haariges Bäuchlein sehen, das er unermüdlich kraulte. Er tat, als ob er freundlich und fröhlich war und begann sie gleich zu duzen. Monja duzte alle seine Leute und hatte nichts dagegen, wenn man ihn auch duzte, schätzte aber sehr, wenn jemand, ungeachtet Monjas Anordnungen, ihn siezte. Tomek entschied sich, dass sie Monja auch duzen wurde. Sie begegnete einem neuen Russen (Monja scherzte, dass er in einem Prozess war, seine Nationalität zu wechseln) zum ersten Mal und sie fühlte eine gewisse Neugier. Sie erinnerte sich vage, dass sie Monja ein paar Mal auf Shodka sah. Es wurde herausgestellt, dass sie einige gemeinsame Bekannten hatten. Danach beendete Monja Smalltalk und kam zur Sache. Tomek war verblüfft. Der monatliche Lohn, der Monja versprach, war größer, als sie in einem Jahr verdiente. Sie durfte selbst ihre Mitarbeiter aussuchen. Es gab keine festen Arbeitszeiten. Sie verpflichtete sich ihrerseits bis zu dreißig neuen Büchern monatlich herauszugeben. Der Hacken lag darin, dass es ein Leistungslohn war. Monja musste sich keine Sorgen machen, es gab keine Notwendigkeit, seine Mitarbeiter zum Arbeitsplatz zu kommen zwingen. Er wusste, dass beim Leistungslohn irgendetwas die Menschen bewogen wurde, ihr Bestes zu tun, und es spielte keine Rolle, ob es Gier, Stolz oder andere Motive sein sollten.

Tomek warf einen Blick in Monjas kleine listige Augen und nahm die Herausforderung an. Sie hatte keine blasse Ahnung von der Redaktionsarbeit, aber sie lernte schnell. Schon in einem Halbjahr konnte sie Monja seine dreißig monatlichen Bücher parat stellen. In diesem Halbjahr fand sie, dass die schwierigste Aufgabe für sie nicht die Tätigkeit als Chefredakteurin war, sondern obligatorische tägliche Gespräche mit Monja, die ihr zu viel Zeit kostete. Er zitierte sie ins Chefarbeitszimmer und begann ihr seine Visionen darzulegen. Der Clou des Ganzes war immer wieder derselbe — Monja wollte einer Verleger werden, wie Sytin in Russland vor der Revolution, der billige Bücher für armes Volk herausgab und fungierte dadurch als ein Aufklärer. Monja hatte seine eigene Vorstellung, wie ein Buch für armes Volk aussehen sollte. Er bevorzugte die billigsten Arten von Papier, die sehr grau, sogar dunkelgrau waren, dass man kaum noch gedruckte Buchstaben lesen konnte (aber wen schert das?), dazu passten billigste und scheußlichste Einbände. Was aber den Preis betraf, da kam Monja nicht in Einklang mit Sytin – seine Bücher kosteten etwas zu viel für armes Volk. XXXX XXX XXXXXXX XXXX XX XXX XXXXX XXXX XXX XXXXX XXX XX XX.

Zuerst waren diese Gespräche für Tomek interessant, dann wurde ihr langweilig, weil Monja immer wieder die gleichen Texte wiederholte und nichts unternahm, um irgendetwas zu realisieren. Als Verlag Gamaün zum ersten Mal dreißig Bücher in einem Monat veröffentlichte, war Monja sehr stolz und fühlte sich, als ob er schon Sytin wäre. Dann machte er etwas, daran die ganze Belegschaft des Verlags nicht glauben konnte – Monja traf die Entscheidung, in Frankfurter Buchmesse teilzunehmen und nahm Tomek mit. Die Entscheidung fiel, wie immer bei Monja, in der letzten Minute, deshalb konnte man keine billigen Tickets bei Aeroflot kaufen und sie flogen mit Lufthansa. Monja war sehr verstimmt und als Kompensation verlangte von Stewardess (doofe Kuh) nach Champagner. Die junge Flugbegleiterin versuchte den Aufstand im Keim zu ersticken und zu erklären, dass sie keinen Champagner ihm geben konnte, weil sie nur Sparkle Wine hatte. Also hatte sein Belang weder Hand noch Fuß. Um dieser Sache Garaus zu machen, probierte Tomek sich erfolgreich als Dolmetscherin. Monja klagte, dass für so teure Tickets Lufthansa echten Champagner servieren sollte, trank Sparkle Wine und erzählte anderen Passagieren, was für ein scheußliches Ding dieser Wein war. Ansonsten war der Flug sehr angenehm.

Sytin hin oder Sytin her, aber in einem Hotel zu wohnen, hielt Monja zur Geldvergeudung. Die Gamaün-Verlagsdelegation, die aus Monja, seine Frau und Tomek bestand, mietete zwei Zimmer nicht weit vom Messegelände bei einer alten Frau namens Müller, die darauf spezialisiert war, ausländische Studenten für einige Tage einzunehmen, weil ihre Rente ihr etwas zu klein schien. Diese Bleibe suchte ein Russe für sie aus. Monja fand diesen Russen durch eine lange Kette von Bekannten. Der Mann, Adam Adamowitsch, diente während Zweiten Weltkriegs unter General Wlasow und blieb nach dem Kriegsende in Deutschland, um nicht im Gulag zu landen. Er hatte eine gute Rente und ein Haus im Bad Homburg. In diesem Haus wohnten ständig viele Fahrer aus ehemaliger Sowjetunion, die deutsche gebrauchte Autos kauften und in allen Republiken dann verkauften. Adam Adamowitsch half ihnen dabei. Er brauchte eigentlich kein zusätzliches Geld, ihm war einfach langweilig und er mochte es, mit einfachen Leuten zu kommunizieren.

Frau Müller ahnte nicht, was auf sie wartete, als sie diese seltsamen Russen bei sich aufnahm. Frau Müller war eine Frau der alten Schule. Sie setzte den Frühstück für ihre Gäste vor und keinen Reim daraus machte, dass dieses Frühstück genau um sieben Uhr morgens stattfinden sollte.

Aber Monja war einer anderen Meinung. Er kam zum Frühstück wann er wollte, was brachte Frau Müller in Rage. Dazu klagte Monja immer wieder, dass er morgens daran sich gewöhnte, etwas Heißes zu essen und keine belegten Brötchen mit Wurst und Käse. Monja verheimlichte von Frau Müller seine Meinung nicht und wies vielmals an, was er wollte. Leider verstand Frau Müller kein einziges Wort auf Russisch. Sie sah mit gemischtem Gefühl von Angst und Empörung vor sich den Monja im Morgenkittel, der heftig gestikulierte und sprach sehr laut in Hoffnung, dass Frau Müller laut gesprochene Worte auf Russisch vielleicht doch verstehen würde. Ihrerseits antwortete Frau Müller auch sehr laut in Hoffnung, dass Monja laut gesprochene Worte auf Deutsch vielleicht doch verstehen würde. Sie sagte, dass ein zivilisierter Mann zum Frühstück in einem anständigen Anzug kommen sollte und nicht halb nackt. Leider verstand Monja kein Deutsch, genauso wie Tomek. Ihre Versuche sich mit Frau Müller auf Englisch zu verständigen waren alle umsonst. So zerbrach sich von selbst der erste Mythos, der man in Russland über Deutschland wusste, dass alle Deutsche fließend Englisch sprechen. Einmal verliefen sie sich in Frankfurt und nur der zehnte Passant verstand Englisch und zeigte ihnen den Weg.

Der zweite Mythos betraf deutsche angeborene Neigung zur Sauberkeit. Das stimmte überhaupt nicht. Tomek konnte keinen einzelnen Mensch sehen, der mit Zahnbürste den Bürgersteig putzte und die Frankfurter Straßen waren genauso schmutzig wie die in Rostow.