In meiner Kindheit durfte ich keinen Sport treiben. Meine Mutter dachte, dass Sport nur Zeitverschwendung wäre. Ich sollte aber in guter Form sein, deshalb trainierten mich meine Eltern täglich eine Stunde lang. Als ich acht war, begegnete mir eines Tages ein Junge - XXXXXXXXXXXXXXX, der drei Jahre älter war und terrorisierte die ganze Schule. Er beraubte mich meines Taschengeldes und schlug blutig meine Nase. Ich kam weinend nach Hause. Mein Vater versorgte meine Wunden und dann zeigte er mir, wie man schnell den Gegner außer Gefecht setzen konnte. Der Gegner sollte aber nicht merken, wie das passierte. Vater befiehl mir, niemals als Erster zu schlagen, nur wenn es gefährlich für mich wäre. Sollte mein Gegner am Boden liegen, musste ich ihm aufstehen helfen und danach fragen, wie so was passieren könnte. Ich sollte meinen Gegner in Freund verwandeln. „Deine Hauptaufgabe ist, mit allen Menschen gute Beziehungen zu haben“, sagte mein Vater. Am nächsten Tag schlug ich den Gegner nieder, half ihm aufzustehen, tat, als ob ich nicht wusste, wie so was passieren könnte und machte ihn zu meinem besten Freund. Zehn Jahre später denunzierte ich meinen besten Freund, der damals an der Uni studierte. Er wurde exmatrikuliert und durfte nie mehr studieren. Nach einigen Jahren erzählte mir jemand, dass er zu Alkoholiker wurde. Das lernte ich auch von meinen Eltern – traue niemandem, verzeih niemandem und vergiss nichts. Es kann Jahre in Anspruch nehmen, aber die Vergeltung muss kommen.
Viele meine Mitschüler lernte zusätzlich Musik in verschiedenen Musikschulen. Meine Mutter meinte, dass es auch Zeitverschwendung wäre. Als ich sechzehn war, organisierte sie für mich ein halbjähriges Studium bei einem Schlagzeuger. Sie sagte, dass es genug wäre, um in einer jugendlichen Band zu spielen, mehr brauche ich nicht. Und sie hatte Recht – ich spielte in einer Studentenrockband. Das öffnete mir Türen in musikalisches Milieu, wo nicht alle treu zu Vaterland standen. Ich leistete gute Arbeit auf diesem Milieu.
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Ich lernte in einer ganz normalen Schule. Meine Mutter meinte, dass ich keine spezielle Schule brauche, wo man besonders viel mit Fremdsprachen sich beschäftigt. Sie hielt das für Zeitverschwendung. Ich sollte mein Gedächtnis gut trainieren, dann, wenn es notwendig würde, werde ich imstande schnell irgendwelche Sprache zu lernen. Genauso überflüssig waren ihrer Meinung nach Physik und Mathe. „Nichts Spezielles, nichts Besonderes, sei wie alle andere“ — das war das ewige Motto meiner Eltern.
In meiner Familie sprach man nie über Politik. Nie hörte ich etwas Kritisches von Sowjetmacht oder Partei (und, natürlich, keine Scherze). Aber ich hörte auch nichts Gutes von beiden. Meine Eltern sprachen viel von Vaterland und das war alles. Im Kindergarten und in der Schule lehrte man uns, wie gut und gütig die Partei war. Ich hatte keinen Zweifel daran.
Ich war sechzehn, als ich einmal nach Hause kam und erzählte meinen Eltern eine schmutzige Anekdote über Juden, die ich als besonders witzig hielte. Meine Mutter verpasste mir dafür eine echte Abreibung. Sie wechselte einen Blick mit meinem Vater. „Er ist schon alt genug“ - sagte sie. Vater zuckte die Achseln, aber wie immer traf die Mutter Entscheidungen selbst. Dann wurde mir ihr Kredo, an das sie glaubten, anvertraut.
Das Schicksal, Herr Gott, die Evolution, Kapriolen der gesellschaftlichen Entwicklung — es spielte keine Rolle, was die Ursache war — gaben dem russischen Volk ein großes Territorium samt der Völker, die auf diesem Territorium wohnten. Das war kein Geschenk, russischem Volk kostete das alles viel Blut und Mühe. Die Aufgabe jeder weiteren Generation des russischen Volkes soll es sein, diese Eroberungen zu behalten und, wäre es möglich, zu erweitern. Das war, so zu sagen, der geografische Teil.
Im ethnografischen Teil ging es um die Rolle jedes Volkes im russischen Staat. Das Hauptvolk, die Russen, sollten den Staat regieren und die Fähigkeiten aller anderen Völker für den Wohlstand des russischen Staates benutzen. Deshalb war es kontraproduktiv und sogar doof, so denken, als ob ein oder anderes Volk besser oder schlechter als alle andere, russischem Volk unterstellte Völker, war. Alle müssen für russische Ziele fleißig arbeiten. Wenn Juden dem Staat von Nutzen waren, dann gab es keinen Unterschied zwischen ihnen und, sagen wir, Ukrainer oder Kirgisen. Antisemitismus schadet nicht nur Juden, sondern dem Staat und, folglich, den Russen. Aber, es gibt Situationen, wenn der Staat versagt und den einfachen Menschen schlecht geht. Dann braucht dieses einfache Volk einen Sündenbock, um ihn für alles Schlimmes verantwortlich zu machen. In diesem Fall sind die Juden die Beste Kandidaten für die Rolle des Sündenbocks.
Dann fuhr mein Vater fort: „Wir halten es immer für einen Fehler, dass man den Juden in dem Siebziger aus dem Land zu emigrieren erlaubte. Jedes Land muss einen gewissen Vorrat von Juden haben. Wenn alle Juden aus wären, dann befände sich das Land in großer Gefahr. Ohne Sündenböcke kann kein Land effektiv funktionieren“.
Und wieder sprach meine Mutter: “Das russische Volk wurde nicht auserwählt, weil die Russen besonders klug sind. Im Gegenteil, die meisten sind dumm, das betrifft aber alle anderen Völker. Der Staat darf mal dem Volk erlauben, Antisemitismus zu praktizieren, dass gilt aber nicht für uns, die den Staat verteidigen und um ihn kümmern.“
Es gab aber Unterschiede zwischen den Völkern, sogar zwischen den Russen. Meine Eltern meinten, dass es zwei Arten von Russen gäbe. Die erste Art – echte Russen, waren blond, wie sie oder ich. Ihre Familiennamen enden gewöhnlicherweise mit -ow, -ew und, im schlimmsten Fall, mit -in. Man darf ihnen vertrauen, selbstverständlich, nach der ausführlichen Prüfung. Die zweite Art – dunkelhaarige Russen, waren Mischlinge mit anderen Völkern und waren viel weniger vertrauenswürdig. Alle anderen Völker waren überhaupt nicht vertrauenswürdig. Man musste sie außerordentlich ausführlich prüfen, auf die Probe, quasi, stellen
Es ist nicht wichtig, welche Ideologie im russischen Staat herrscht, sei es Religion, Kapitalismus oder Kommunismus. Nur das Einzige ist wichtig – russischer Staat sollte ewig existieren. Niemals hatte Russland eine gute Regierung. Alle waren entweder zu schwach, oder zu dumm. Zaren waren Idioten, die verstanden Russland überhaupt nicht. Man muss aber darüber nicht wundern, sie alle waren Ausländer, samt Rurikiden. Kommunistische Herrscher waren nicht mal besser, sie verloren so viel an russisches Territorium.
Mein Gesicht war rot. Ich konnte nicht glauben, was ich da anhörte. War alles, woran ich glaubte, falsch? „Aber sie beide sind Mitglieder der kommunistischen Partei“, sagte ich. „Na und?“, bemerkte mein Vater. „Mir gefällt sogar Kommunismus. Die Idee ist schön, momentan aber nicht realisierbar. Du siehst es selbst – alle leben immer schlechter. Vielleicht in tausenden Jahren findet man, wie das organisiert sein soll. Allenfals spielt das keine Rolle. Hätte ich vor hundert Jahren gelebt, wäre ich ein streng gläubiger orthodoxer Christ, vor tausend Jahren– ein Heide. Die Ideologie ist für andere Menschen. Wir beschützen Russland“.
Dann erfuhr ich, dass Russland immer gegen zwei Arten der Feinde kämpfte – das waren äußere und innere Feinde. Mit äußeren Feinden beschäftigte sich die Armee, das war nicht unsere Aufgabe. Wir konfrontierten mit inneren Feinden. Und hier spielte die Ideologie schon eine Rolle. Der Staat gibt dem Volk eine Ideologie und das Volk muss an diese Ideologie glauben. Wenn nicht, dann qualifiziert man so was wie ein Staatsverrat. Wer an die Ideologie nicht glaubt, der könnte den Staat in Zweifel ziehen, und das ist für den Staat gefährlich. Unsere Aufgabe ist diese Leute zu finden und zu isolieren, oder zu vernichten. XXXX XXXXX XXXXX XXXXX XXXX XX XX XXXX XXXXXXXX XXXXXXXXXXXXXXXXXXXX XXXXXX XXX XXX XX XX XXXXXXXXXX XXXXX XXXXXXXX XXXX XXX XX XXXXXX.