Meine Reise dauerte nur drei Wochen, aber, als unser Flugzeug im Scheremetjewo landete, murmelte ich ein altes, leicht paraphrasiertes Lied: „Das Land Italien ist gut, es gibt aber kein Land besser als Russland“.
Nächste fünf Jahre arbeitete ich in verschiedenen Ländern und danach wurde ich nach Indien versetzt, wo ich bis zum Beginn der Perestroika verblieb. Ich wusste, dass für meine Karriere es wichtig war, dort zu arbeiten (inzwischen war ich schon Oberst), aber das Leben dort war für mich und meine Frau unerträglich. Im diesem Klima könnte kein Mensch leben. Was Essen betrifft, sah es so aus, als ob Indien den Pfeffer in Überfluss produzierte und man versuchte mit Überschussbestand Menschen zu füttern. Wir hatten damals gute Kontakte zu russischen Touristen, die immer wieder meckerten, dass die Inder uns überhaupt nicht verstehen konnten: nach dem Essen müssten die Touristen unbedingt einem Klo Besuch abstatten, und in Abwesenheit dieses Objektes sollten Menschen die naheliegenden Gebüsche nützlich machen. Und, unter einem Klang des Ächzens von Touristen im Dickicht und Gestrüpp, erzählten die indischen Reiseleiter zueinander von unzivilisierten Russen – die sollten eigentlich Taj Mahal bewundern, stattdessen saßen sie am liebsten im Gebüsch – Frauen wie Männer, dabei mit Kind und Kegel. Also – alle zusammen.
Was noch mir im Gedächtnis blieb, dass die meisten Inder im Elend lebten, und die Schönheit des Landes konnte das nicht kaschieren.
In Indien wurden Probleme, die ich mit meiner Frau hatte, zum ersten Mal ernsthaft. Als Offiziersfrau hatte sie fast keine Möglichkeit, irgendeinen Arbeitsplatz zu finden. Sie putzte, kochte, bügelte und tratschte mit anderen Offiziersfrauen. Aber für sie, wie damals für viele sowjetische Frauen, war das zu wenig. Eine normale sowjetische Frau sollte arbeiten, sich realisieren, unabhängig sein. XXXX hatte ihre Ambitionen und wollte keine Berufsfrau sein. XXXX sehnte sich nach einer sinnvollen Tätigkeit, konnte aber nichts finden. Das bedrückte sie, XXXX wurde depressiv, konnte tagelang im Bett liegen und nichts tun. Sie aß zu viel und nahm zwanzig Kilo zu. Sie verzichtete auf Sex und wollte mit mir nicht sprechen. Ihr ging es besonders schlecht in Indien. Ich glaubte, dass wahnsinniges indisches Klima spielte hier auch eine Rolle. Ich dachte manchmal, dass ich diesen sogenannten „Freund“, der uns bekanntmachte, ganz umsonst verschonte. Wenn es ihn nicht gäbe...
Ich konsultierte mit dem Arzt, das brachte keinen Erfolg. Dann kam mir übergeschnappte Idee, XXXX mit einem Yogi bekanntzumachen. Zuerst glaubte ich, dass es funktionierte. Meine Frau zeigte ein Interesse fürs Leben, lernte fleißig Yoga, nahm etwas ab. Danach wurde alles noch schlimmer. Sie fand in Joga Unterstützung für alle ihre wahnsinnigen Ideen. Ich fürchtete, schwimmend in dieser „Energieströmen“, dass ich auch wahnsinnig würde. Abgesehen von wahnsinnigen Ideen, hat XXXX die Orientierung in der Welt nicht ganz verloren. Sie schrieb einige Bücher über Yoga und wedische Küche, mit Veröffentlichung von denen half ich persönlich. Zu meiner Überraschung, waren diese Bücher in UdSSR populär. XXXX begann Briefe von Leser zu bekommen, sie zu beantworten und lebte in ihrer eigenen Yoga-Welt. Mit mir wollte sie möglichst wenig zu tun. Sie wusste ja, dass wir uns nicht scheiden lassen konnten. XXX XXXX XX XXX XXXXXX XXXXX XX XXX XXXXXXX XXXXXX XXXX XX.
Im Urlaub fuhren wir gewöhnlicherweise zu Eltern. Ich wohnte bei meinen Eltern, und sie bei ihren. So war es ein echter Urlaub für uns beide. Ich besuchte meine „Freunde“, wir tranken scheußliches Bier mit „Raki“ und „Rybez“. Eines Tages begegnete ich meiner alten Bekannten, die ich noch von philosophischer Fakultät kannte – XXXXXX XXXXXXXXXXXX. Sie war mir damals sehr sympathisch, jetzt wirkte sie auf mich umwerfend. Es sah so aus, als ob sie dasselbe fühlte. Wir verliebten uns, obwohl beide wussten, dass diese Liebe keine Perspektive hatte – ich konnte mich nicht scheiden lassen und sie auch, weil sie im Gebietsparteikomitee arbeitete. Was sein soll, schickt sich wohl. Wir trafen uns einmal pro Jahr, als wir beide Urlaub machten.
Ansonsten war alles schön und gut. Ich dachte daran, wie meine Karriere sich entwickeln könnte. Genosse XXXXXX sagte, dass sie gute Aussichten hätte. Das Schicksal spielte die Posse, als zum General Sekretär ein schwacher Mann gewählt wurde. Mein Vater prophezeite, dass es schlecht für uns und Russland enden würde.
Genosse XXXXXX rief mich nach Moskau zurück. Er sagte, dass er in solchen Zeiten loyale Menschen um sich herum brauchte. „Schwere Prüfungen kommen auf uns zu. Wir sollen für alles bereit sein“, wiederholte er Prophezeiung meines Vaters, als wir Silvester wie üblich mit Kollektiv feierten, dieses Jahr aber ohne Alkohol, weil ein sehr „kluger“ Mensch russisches Volk vom Trinken abzugewöhnen versuchte. Er trank Pepsi Kola mit solchem Gesichtsausdruck, als ob es Essig wäre. XXXX XXXXXX XX XX XXX XXXXXXXXXXXXXXXXXXXX XXX XXXX XXX XXXXXXXXXX XX XXX XX XXXXXX XXXXXX XXXXXXX XXX XXXX XXXX XX.
Beide, mein Vater und Genosse XXXXXX, hatten Recht. Schon bald zerfall die UdSSR und Kommunismus waren hin, alles war hin. Genosse XXXXXX und ich traten aus der Partei als erste aus. Genosse XXXXXX sagte: „Du musst jetzt Vaterunser und wie man sich bekreuzigt lernen. Und du musst auch deinen eigenen Popen haben, um zu beichten, du verstehst doch? Ich gebe dir die Adresse von einem Popen. Er ist ein geprüfter Genosse, wir arbeiteten oft zusammen“. So wurde ich zu einem gläubigen orthodoxen Christen.
Schon von Anfang an der Perestroika war es klar, dass das Land sich gen Kapitalismus bewegt und, um in Kapitalismus zu leben, braucht man Geld. Für mich war Geld nie wichtig. Dank dem, was ich in meiner Kindheit bekam, konnte ich auch jetzt mit wenig vorliebnehmen. Mein Lohn reichte für mich und meine Frau, viele Dinge waren für uns ganz umsonst oder kosteten fast nichts, aber wenn es Kapitalismus käme, dann wäre alles anders, dann braucht man gewiss Geld. Das verstand nicht nur ich, sondern auch alle andere Mitarbeiter des XXX, und alle begannen es, Geld zu kriegen. Es gab verschiedene Methoden, von Erpressung der neuen Russen und Diebstahl des Vermögens der Partei, bis Privatisierung einiger Zweige der Wirtschaft. Eigentlich wir alle beraubten das Vaterland, deswegen erklärten wir uns selbst, dass wir das alles für Vaterland machen, weil wer außer uns ums Vaterland kümmern wird? Gewiss nicht halt diese Dissidenten, die die Macht übernahmen. Wir beraubten unser Vaterland und zitterten von Angst. Nicht wegen Beraubung, vielmehr weil wir fürchteten, dass mit uns das Gleiche wie mit XXXXX in DDR passierte. Deshalb säuberten wir heimlich unsere Archive. Alle zweifelhaften Fälle ließen wir verschwinden.
Herr Gott war auf unserer Seite und uns passierte nichts. Jedoch mit Geldbeschaffung waren wir mit Genossen XXXXXX nicht so erfolgreich. Wir gehörten nicht zu führender Gruppierung in XXX und unsere Ressourcen waren sehr begrenzt – in Russland gibt es aus diesem Anlass ein Sprichwort „Was du behütest, das gehört dir“ und zurzeit behüteten wir fast nichts. Das war zu bedauern. Aber ich konnte mich nicht daran hindern, gleichzeitig auf Mitglieder des XXX stolz zu sein – wie klug und geschickt sie diese Privatisierung durchführten. Sie organisierten unzählige Scheinfirmen, so könnte niemand beweisen, wem was gehörte. An der Spitze dieser Scheinfirmen stellte man gewöhnlicherweise Juden, Tschetschenen oder Tataren – auf alle Fälle bereitete man dem Volk die Sündenböcke im Voraus.
Weil unsere Ressourcen sehr begrenzt waren, suchten wir spannend nach anderen Geldquellen. Wir begannen einige private Aufträge zu erledigen. Einmal bekamen wir so einen Auftrag von einer Gruppe voriger sowjetischen Bewohner, die schon zu Bürger der Vereinigten Staaten wurden. Diese neuen Bürger der USA waren gut organisiert, beschäftigten sich hauptsächlich mit krimineller Tätigkeit und wollten in ihrer neuen Heimat unbedingt expandieren. Weil sie zu oft mit Justiz zu tun hatten, suchten sie die technischen Möglichkeiten, diese irgendwie zu hintergehen. Wir wussten nicht, wie sie zu diesen Informationen kamen, aber sie behaupteten, dass es in einer Stadt im Süden des Russlands so einen verrückten Professor gäbe, der ein Serum erfände, das die Täuschung des Lügendetektors erleichtern würde. Dieses Serum wollten die unbedingt haben. Wir sollten das Serum ihnen beschaffen, entweder es kaufen oder noch irgendwie – sie wollten sich darüber keine Gedanken machen. Ich und Genosse XXXXXX hielten das alles für einen Quatsch, aber sie bezahlten gutes Geld, so nahmen wir diesen Auftrag und neue amerikanische Bürger gewährten uns einen riesigen Vorstoß.