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Das ist aber nicht die ganze Wahrheit vom Training. Stellen Sie sich vor: man muss ein großes Lastwagenrad rollen. Also muss man zweierlei Dinge im Sinne haben: man hat dafür zu sorgen, dass es nicht hinstürzt und dass es sich genau dorthin bewegt, wo Sie es haben wollen. Am besten macht man das zu zweit. Deswegen muss man parat die Antworten auf folgende Fragen haben: Was mache ich jetzt? Warum mache ich das? Wie hilft so was das Ziel zu erreichen? Was tut die Gruppe? Was tut jedes einzelne Mitglied der Gruppe und warum tut er das? Was macht momentan mein Partner und warum macht er das? Und Sie müssen bereit sein, in jedem Moment die Fortführung der Gruppe zu übernehmen.

Wie auch schön und erregend diese Arbeit sein mag, sie verlangt einen großen Energieverbrauch. Ein normales Training dauert gewöhnlicherweise eine Woche lang, acht Stunden pro Tag und nach dem Training sind wir, genauso wie Trainingsteilnehmer, nur für eines fähig, nämlich – sich zu erholen. Management der sozialen Beziehungen ist sehr schwere Tätigkeit, es ist bloß nicht allen bekannt.

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Wir fahren mit Straßenbahnlinie Fünf ins Stadtzentrum. Heute findet im Stadtmuseum „Göre“ Ausstellung von Auguste Rodin Werken statt. Es ist sehr aufregend. Wir sahen noch nie Rodins Skulpturen so zu sagen „in vivo“. Wir unterhalten uns über Rodin. Ich höre, dass jemand hinter uns sitzend telefoniert und ein Treffen im Restaurant „Schwarzer Bär“ vereinbart. Ich erinnere mich an diese Stimme. Kleinen Moment, bitte... Die gehört Löscha Inow. Interessant ist, dass er ein perfektes Hochdeutsch mit leichtem bayerischem Akzent spricht. Vor einigen Jahren schwor er hoch und heilig keine Fremdsprache zu können und deklarierte seine totale Unfähigkeit die zu lernen. Bei solchem Unvermögen würde sogar Professor Galina Kitajgorodskaja versagen, nichtsdestoweniger ihr Können den Idioten Fremdsprachen einzupauken.

Doch jetzt höre ich ein Wunder, das man in zehn Jahren nicht schaffen könnte.

Alina erkennt scheinbar die Stimme, spricht aber weiter über Rodin. Wir beide ziehen es vor, den Kontakt mit Löscha zu vermeiden. Es sieht so aus, dass er auch nicht so scharf auf einen direkten Kontakt ist. So fahren wir weiter und tun so, als ob wir den anderen nicht bemerkten. Doch die Frage bleibt – Was macht dieser Löscha in Jena?

 

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In der Pause unseres Trainings bespreche ich mit Alina die ersten Ergebnisse. Wir sind uns einig, dass Löscha ehe als graue Eminenz fungieren wird, was unsere Arbeit nicht leichter macht. XXXX XXXX XX XXX XXX XXXXXXX XXXXX XXXXXXX XX XXXXX XXXXX XX XXXX XX XXXX XXXXXX  XXXX XXXXXXXXXXXX XX XXXXXX XXX XXX XXX.

Das bedeutet mit einem glimmenden Widerstand immer zu tun haben, was die Teilnehmer von ihrem Ziel ablenken wird. Ihr Ziel ist - eigenes Benehmen zu erlernen, genauso wie das von anderen, zu reflektieren und zu analysieren. Die meisten Menschen sind überhaupt nicht daran gewönnt, zu reflektieren. Sie tun etwas, dann fühlen irgendwelche Emotionen, meistens Schuldgefühle, und bestrafen sich selbst, ihre Angehörigen und Freunde dafür.

Im Training lernt man genau zu registrieren, wie man mit Wörtern und Gestik andere Menschen beeinflusst. Einige Trainer benutzen dafür Videoaufnahmen, wir aber nicht. Man schaut gern sich selbst im Fernseher an, was aber nicht hilft, wenn es kein elektronisches Hilfsmittel gibt. Stattdessen kann man lernen, auf bestimmte Details der Körpersprache und auf benutzte Wörter aufmerksam zu sein. Nach jeder Übung besprechen alle Teilnehmer die Besonderheiten des nonverbalen und verbalen Verhaltens der anderen Teilnehmer und lernen so mittels Feedbacks. Danach ist an der Reihe die wichtigste Frage – warum eigentlich tut man das, was man tut?

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Galina Lotinenko kommt nach Hause. Sie wohnt in einer Siedlung, die man Rote Garten-Stadt nennt. Niemand weiß genau, warum Stadtverwaltung solch einen Namen aussuchte. Die Siedlung wurde für pensionierte Offiziere konzipiert und so sind die Grundstücke hier viel größer als irgendwo anders in der Stadt. Häuser sind aus rotem Backstein gebaut. In Gärten gedeihen vor allem Kirschbäume, Aprikosen, Äpfel, Birnen. Die Ernte ist gewöhnlich so gut, dass man nicht nur sich selbst für ganzes Jahr versorgen kann, sondern noch etwas am Basar verkaufen. Die Straßen sind still und menschenleer, hier sieht man Fremde sehr selten und die werden von Nachbarn immer gleich registriert.

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Galina gönnte sich heute neue Schuhe, weil es in ZUM Schlussverkauf war. Leider musste sie Schuhe eine Nummer größer kaufen, wie immer – zu viele Frauen haben heutzutage Nummer 42. Sie kann aber damit umgehen – man stopft etwas Watte in der Schuhspitze und dann ist alles paletti. Man braucht gewisse Gewohnheit, um, z. B., mit Schuhspitze nicht zu stolpern. Wie dem auch sei, gerade so was ist ihr heute passiert. Sie versuchte die Kreuzung Budönnowskij Prospekt und Uliza Serafimowitscha zu überqueren. Natürlich kam sie ins Gedränge. Alle warteten schon zu lange, bis dieser unendliche Strom qualmender Autos zu Ende fährt – schön gesagt – Berufsverkehr. Man stößt sich, man schimpft und plötzlich fühlt Galina einen unerwarteten Schlag im Rücken. Sie verliert Gleichgewicht, macht einen Schritt vorwärts und fällt hin, weil sie zugleich mit Schuhspitze am Randstein stolpert. In diesem Moment rast ein Auto einige Millimeter vor ihr vorbei. Galina hat Wunden an der Nase und Ellbogen. Menschen helfen ihr aufzustehen. Unterwegs nach Hause denkt sie, dass neue Schuhe ihr das Leben retteten und das ist die platte Wahrheit.

Zu Hause stellt Galina ihre neuen Schuhe liebevoll in Schuhschrank. Eigentlich ist es kein richtiger Schrank, sondern ein alter Kachelofen, der steht in der Mitte des Hauses. Von Zeit zu Zeit denkt Galina daran, auf ihn zu verzichten, aber der ist zu schön und man schätzt heutzutage Antiquitäten... Und dadurch der Kauf einen neuen Kleiderschrank erübrigt sich. So stapelt sie ihre Schuhe drin.

Sie ist alleine zu Hause. Ihre Familie erholt sich im naheliegenden Kurort Krasnyj Desant – Rote Truppenlandung. Galina mag den Ort nicht – man braucht ein halber Kilometer durchs Wasser zu laufen, um in die Tiefe (quasi) zu landen. Das Asowsche Meer ist zu seicht und das Wasser überhaupt nicht salzig. Nein, wenn es um Meer geht, dann lieber Schwarzes Meer.

Ins Haus kommt ihr Kater namens Baby. Er ist acht Jahre alt und ist in der Blütezeit seines Lebens. Fast alle Kätzchen der Straße tragen seine Farbe: schwarz. Sein Sozialleben ist sehr intensiv und abwechslungsreich: entweder poliert er Schnauzen anderen Katern oder macht Hof hiesigen Schönheiten weibliches Geschlechts. Er ist musikalisch sehr begabt und organisiert Songcontests zur Nachtzeit in der Umgebung. Leider gibt es nur wenige richtige Kunstkenner, die sein Talent schätzen können, darunter noch weniger von Leuten.

Galina scherzt manchmal, dass Baby von einem Hund stammt. Der Kater duldet im seinen Hof nicht nur keine fremden Tiere, sondern auch keine fremden Menschen. Man muss ihm extra Leviten lesen, dass er den Gast nicht beißen und kratzen darf. Baby hat ein sehr ausgeprägtes Besitzgefühclass="underline" im Haus gehören ihm einige Stühle, ein Sessel, Kühlschrank und Stereoanlage. Das bedeutet, dass nur er ein exklusives Recht hat, darauf zu sitzen oder zu liegen. Wenn einer der Hausbewohner es wagt, Babys Möbel zu besetzen, wird er zuerst leicht gebissen. Im Falle des Missverständnisses beißt Baby ernst. Doch für Gäste kennt der Kater keine Gnade und zerfleischt sie gleich am Platz und Stelle des Attentats. Und man muss Baby im Einsatz sehen: glühende Augen, gedruckte Ohren, weiße Eckzähne und große Krallen... Baby ist so überzeugend, dass viele Gäste es nie mehr wagen, nochmal zu Besuch zu kommen.