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"Und Sie werden zusagen?"

"Ich denke darüber nach. Wahrscheinlich ja."

"Sie müssen. Sie werden nicht länger zögern, wenn Sie mich angehört haben. Dr. Bronowski, was bleibt Ihnen zu tun, nachdem Sie die etruskischen Inschriften enträtselt haben?"

"Das ist nicht meine einzige Aufgabe, junger Mann." (Er war fünf Jahre älter als Lamont.) "Ich bin Archäologe, und die etruskische Kultur besteht nicht nur aus ihren Inschriften und die vorklassische italienische Kultur nicht nur aus den Etruskern."

"Aber gewiß gibt es keine so spannenden und schwierigen Probleme mehr wie die etruskischen Inschriften?"

"Das kann man allerdings sagen."

"Also würden Sie ein Rätsel begrüßen, das noch spannender, noch schwieriger und billionenmal wichtiger ist - sehe ich das richtig?"

"Was wollen Sie mir antragen, Dr. - Lamont?"

"Wir haben Inschriften, die nicht zu einer toten Kultur gehören, die überhaupt nicht von unserer Erde sind und nicht einmal aus diesem Universum. Wir haben da etwas, das wir Parasymbole nennen."

"Ich habe davon gehört. Ich habe sie sogar gesehen."

"Dann verspüren Sie doch sicher den Drang, dieses Problem anzugehen, Dr. Bronowski? Sie haben den Wunsch, der Bedeutung dieser Symbole auf die Spur zu kommen?"

"Ganz und gar nicht, Dr. Lamont, weil es da überhaupt kein Problem gibt."

Lamont starrte ihn mißtrauisch an. "Soll das heißen, Sie können sie lesen?"

Bronowski schüttelte den Kopf. "Sie mißverstehen mich. Ich meine, ich kann die Symbole unmöglich entziffern - niemand kann das. Es gibt einfach keine Grundlage dafür. Bei irdischen Sprachen, wie tot sie auch sein mögen, besteht die Möglichkeit, eine noch lebendige oder eine bereits entzifferte tote Sprache zu finden, die irgendeine wenn auch noch so schwache Verwandtschaft damit hat. Kommt man auf diesem Wege trotzdem nicht weiter, ist da immer noch die Tatsache, daß jede irdische Sprache von Menschen geschaffen wurde, die auch wie Menschen dachten. Auch das ist eine Ausgangsbasis, allerdings eine sehr schmale. Bei den Parasymbolen trifft das alles nicht zu, so daß sie ein Problem darstellen, für das es eindeutig keine Lösung gibt. Und Unlösbarkeit ist kein Problem."

Lamont hatte sich nur mit Mühe zurückgehalten, dem anderen nicht ins Wort zu fallen. Jetzt platzte er heraus: "Sie irren sich, Dr. Bronowski. Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, als wollte ich Ihnen in Ihr Fachgebiet hineinreden, aber Ihnen sind einige Tatsachen nicht bekannt, die mein Fachgebiet aufgedeckt hat. Wir haben es hier mit Paramenschen zu tun, über die wir fast überhaupt nichts wissen. Wir wissen nicht, wie sie aussehen, wie sie denken, in welcher Art Welt sie leben; fast nichts wissen wir, keine der grundsätzlichen Tatsachen. Insofern haben Sie recht."

"Aber Sie wollen auf dieses fast hinaus, nicht wahr?" Bro-nowski schien unbeeindruckt. Er holte ein Päckchen trockener Feigen aus der Tasche, öffnete es und begann zu essen. Er bot Lamont davon an, der den Kopf schüttelte. "Richtig", erwiderte Lamont. "Wir kennen ein Detail, das von ausschlaggebender Bedeutung ist. Sie sind intelligenter als wir. Erstens: Sie können den Austausch über die Kluft zwischen den Universen vornehmen, während wir nur eine passive Rolle spielen."

Er hielt inne und fragte: "Kennen Sie überhaupt das Prinzip der Inter-Universum-Elektronenpumpe?"

"In den Grundzügen", sagte Bronowski. "Jedenfalls soweit, daß ich Ihnen folgen kann, wenn Sie nicht zu sehr in die technischen Einzelheiten gehen."

Lamont fuhr hastig fort: "Zweitens: Sie haben uns Instruktionen geschickt, unseren Teil der Pumpe zu bauen. Wir begriffen das alles nicht, doch wir fanden uns wenigstens in den Diagrammen soweit zurecht, daß wir die nötigen Hinweise entnehmen konnten. Drittens: Sie können uns irgendwie spüren. Zumindest erspüren sie es zum Beispiel, wenn wir irgendwo Wolfram für sie auslegen. Sie wissen, wo es ist, und können darauf einwirken. Etwas Vergleichbares ist uns unmöglich. Da wären noch andere Punkte, doch das Gesagte reicht schon aus, um die Paramenschen eindeutig als intelligenter zu charakterisieren."

"Ich kann mir aber vorstellen, daß Sie mit dieser Ansicht hier in der Minderheit sind", entgegnete Bronowski. "Ihre Kollegen werden das kaum akzeptieren."

"Tun sie auch nicht. Aber wie kommen Sie darauf?"

"Weil Sie sich, wie mir scheint, eindeutig irren."

"Meine Tatsachen stimmen. Wie kann ich da falsch liegen?"

"Sie beweisen doch nur, daß die Technologie der Paramenschen fortgeschrittener ist als die unsere. Was hat das mit Intelligenz zu tun? Hören Sie mal " Bronowski stand auf, zog sein Jackett aus und setzte sich wieder - breit zurückgelehnt, so daß sich die Fülle seines Körpers entspannte und zurechtlegte, als ob ihm die bequeme Stellung das Denken erleichterte , "vor etwa zweieinhalb Jahrhunderten steuerte ein amerikanischer Kapitän eine Flotte in den Hafen von Tokio. Die Japaner, damals noch isoliert, fanden sich mit einer Technologie konfrontiert, die die ihre um ein Vielfaches überstieg, und sie kamen zu dem Schluß, daß Widerstand zu gefährlich wäre. Eine gesamte krieggewohnte Nation war hilflos angesichts einer Handvoll Schiffe aus Übersee. War das nun ein Beweis dafür, daß die Amerikaner intelligenter waren als die Japaner, oder nur dafür, daß die westliche Kultur eine andere Entwicklung genommen hatte? Offensichtlich doch letzteres, denn fünfzig Jahre später hatten die Japaner die westliche Technologie erfolgreich kopiert und waren wiederum fünfzig Jahre später eine ausschlaggebende Industriemacht - ungeachtet der Tatsache, daß sie in einem der damaligen Kriege eine katastrophale Niederlage hinnehmen mußten."

Lamont hörte mit ernstem Gesicht zu und sagte: "Ich gebe Ihnen recht, Dr. Bronowski, auch wenn ich das mit den Japanern nicht gewußt habe - ich wünschte, ich hätte die Zeit, mich mehr mit Geschichte zu befassen. Doch Ihr Vergleich stimmt nicht. Es geht um mehr als nur eine technische Überlegenheit; es geht um einen Unterschied im Intelligenzgrad."

"Wie wollen Sie das bestimmen, wenn Sie es nicht erraten?"

"Auf Basis der schlichten Tatsache, daß sie uns Anweisungen geschickt haben. Sie wollten, daß wir unseren Teil der Pumpe möglichst schnell bauten, irgendwie mußten sie uns dazu bringen. Sie konnten nicht selbst, in persona, herüberkommen; sogar die dünnen Eisenfolien, in die ihre Botschaften graviert waren (die Substanz, die in beiden Welten am stabilsten ist), wurden langsam so radioaktiv, daß man sie pulverisieren mußte, obwohl uns natürlich Zeit blieb, auf unseren Materialien dauerhafte Kopien zu machen." Er schöpfte Atem. Es wollte ihm scheinen, er war zu aufgeregt, zu eifrig. Er durfte es nicht übertreiben.

Bronowski musterte ihn neugierig. "Gut - sie haben uns also Nachrichten geschickt. Was versuchen Sie daraus abzuleiten?"

"Daß sie damit rechneten, wir würden die Botschaften verstehen. Sie waren doch wohl kaum so dumm, uns ziemlich komplizierte Mitteilungen zu machen, die manchmal auch noch recht lang ausfielen, wenn sie wußten, daß wir das alles nicht verstehen würden!... Wenn die Paramenschen also damit gerechnet hatten, daß wir einen Teil davon verstehen würden, dann doch nur deswegen, weil sie das Gefühl hatten, eine Rasse mit einer Technologie, die etwa den gleichen Entwicklungsstand aufwies wie die ihre (und sie mußten irgendwie in der Lage gewesen sein, das abzuschätzen - wieder ein Punkt zu meinen Gunsten), müßte auch annähernd so intelligent sein wie sie und dürfte daher kaum Schwierigkeiten haben, etwas aus den Symbolen herauszulesen."

"Das mag aber auch an ihrer Naivität liegen", sagte Bro-nowski gleichmütig.

"Sie können doch nicht im Ernst die Ansicht vertreten, die Paramenschen glaubten, daß es nur eine gesprochene und geschriebene Sprache gebe und daß jede Intelligenz in einem anderen Universum ebenfalls diese Sprache sprechen und schreiben müsse? Ich bitte Sie!"

"Selbst wenn ich Ihnen recht gäbe - was erwarten Sie von mir?" fragte Bronowski. "Ich habe mir die Parasymbole angesehen, wie vermutlich jeder Archäologe und Philologe auf der Erde. Ich wüßte nicht, was ich da tun könnte, und den anderen geht es sicher ebenso. Seit über zwanzig Jahren sind keine Fortschritte mehr erzielt worden."