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"Mit Freuden!"

"Ist das die Ansicht aller Mondbewohner? Oder nur Ihre Einstellung? Sie machen einen leicht fanatischen Eindruck auf mich, Neville. Sie wollen nicht an die Oberfläche gehen. Andere Lunarier tun das. Sie mögen es nicht besonders, aber sie tun's. Das Innere des Mondes ist nicht ihr Mutterleib, wie in Ihrem Falle. Es ist nicht ihr Gefängnis. Sie haben etwas Neurotisches an sich, das den meisten anderen Lunariern abgeht oder bei ihnen sehr viel schwächer zum Ausdruck kommt. Wenn Sie den Mond von der Erde fortführen, machen Sie ihn damit zu einem Gefängnis für alle. Er wird zu einem Planetengefängnis, dem kein Mensch - und nicht nur Sie allein - entfliehen kann, nicht einmal so weit, daß er sich eine andere bewohnte Welt am Himmel anschauen könnte. Vielleicht ist das Ihre Absicht."

"Ich will Unabhängigkeit, eine freie Welt. Eine Welt, die von außen in Ruhe gelassen wird."

"Sie könnten Schiffe bauen, jede Menge. Sie könnten fast mit Lichtgeschwindigkeit davonfliegen, sobald sie den Impuls in das Kosmei übertragen. Sie könnten im Laufe eines Menschenalters das ganze Universum erforschen. Würde Sie das nicht reizen?"

"Nein", sagte Neville angewidert.

"O wirklich? Oder könnten Sie es nicht aushaken? Ist es nicht vielmehr so, daß Sie den Mond mitnehmen müssen, wohin Sie gehen? Warum müssen sich die anderen Ihrem Bedürfnis unterwerfen?"

"Weil es eben so sein wird."

Denisons Stimme blieb ruhig, doch er wurde rot im Gesicht. "Wer gibt Ihnen das Recht zu einer solchen Antwort? Es gibt viele Bürger in Luna-City, die vielleicht nicht Ihrer Meinung sind."

"Das geht Sie nichts an."

"Doch, das geht mich sehr viel an. Ich bin ein Immigrant, der sich bald für die Einbürgerung qualifiziert. Ich möchte nicht, daß mir die Entscheidung von jemandem abgenommen wird, der nicht an die Oberfläche steigen kann und der sein persönliches Gefängnis in ein Gefängnis für alle umwandeln will. Ich habe die Erde für immer verlassen, doch nur um zum Mond zu gehen, nur um vierhunderttausend Kilometer vom Heimatplaneten entfernt zu leben. Ich habe mich nicht verpflichtet, an einer endlosen Reise teilzunehmen."

"Dann kehren Sie doch zur Erde zurück", erwiderte Neville gleichgültig. "Noch ist es Zeit."

"Und was ist mit den anderen Luna-Bürgern? Mit den anderen Immigranten?"

"Die Entscheidung ist gefallen."

"Sie ist nicht gefallen. - Selene!"

Selene trat ein. Ihr Gesicht war ernst, und in ihren Augen stand ein trotziger Ausdruck. Neville nahm die Beine auseinander. Er setzte hörbar die Füße auf.

"Wie lange bist du schon nebenan, Selene?" fragte Neville.

"Seit Beginn des Gesprächs, Barron", antwortete sie.

Neville schaute von Selene zu Denison und wieder zurück. "Ihr beide ..." begann er und ließ seinen Finger zwischen Selene und Denison wandern.

"Ich weiß nicht, was du mit ihr beide meinst", sagte Selene, "jedenfalls hat Ben die Sache mit dem Impuls schon vor einiger Zeit herausgefunden."

"Es war nicht Selenes Schuld", warf Denison ein. "Der Hochkommissar entdeckte ein fliegendes Etwas - zu einer Zeit, da seine Anwesenheit noch unentdeckt war. Ich überlegte, daß Selene vielleicht etwas ausprobierte, an das ich noch nicht gedacht hatte, und da bin ich nach einiger Zeit auf die Impulsübertragung gekommen. Und da war alles klar ..."

"Na, dann wußten Sie es also", meinte Neville. "Ist ja auch egal.

"Es ist nicht egal, Barron", widersprach Selene. "Ich habe mit Ben darüber gesprochen. Und ich machte mir klar, daß ich nicht immer tun mußte, was du sagst. Es mag ja sein, daß ich nie zur Erde reisen kann. Vielleicht will ich das auch gar nicht. Aber mir wurde bewußt, daß sie mir gefällt da oben am Himmel, wo ich sie sehen kann, wenn ich hinschauen möchte. Ich will keinen leeren Himmel. Ich habe nun mit anderen aus der Gruppe gesprochen. Nicht alle wollen fort. Die meisten würden lieber Schiffe bauen und die Leute fliegen lassen, die unbedingt wollen, und selbst zurückbleiben."

Neville atmete schwer. "Du hast darüber gesprochen... Wer gab dir das Recht ..."

"Ich habe es mir genommen, Barron. Außerdem kommt es nicht mehr darauf an. Du wirst überstimmt."

"Seinetwegen ..." Neville fuhr herum und kam drohend auf Denison zu.

Der Hochkommissar schaltete sich ein: "Werden Sie nicht handgreiflich, Dr. Neville. Sie sind zwar auf dem Mond geboren, aber ich glaube nicht, daß Sie uns beide schaffen."

"Uns drei", sagte Selene, "und ich bin auch vom Mond. Ich habe es ja auch getan, Barron, nicht sie."

Denison sagte: "Hören Sie, Neville... Der Erde ist es im Grunde egal - soll der Mond doch davonfliegen. Die Erde kann ihre Raumstationen bauen. Den Bürgern von Luna-City ist es aber nicht egal. Selene und mir und den anderen. Neville, Ihnen wird der Raum ja nicht vorenthalten, die Flucht, die Freiheit. In höchstens zwanzig Jahren kann jeder davonfliegen, der Lust dazu hat - und Sie auch, wenn Sie sich dazu überwinden können, den Mutterleib zu verlassen. Und wer bleiben will, bleibt."

Langsam setzte sich Neville wieder. Auf seinem Gesicht stand die Niederlage.

19

In Selenes Wohnung zeigten alle Fenster die Erde. "Hast du schon gehört, Ben - bei der Abstimmung ist sein Plan abgelehnt worden", sagte sie. "Mit großer Mehrheit sogar."

"Er läßt bestimmt nicht locker. Wenn es während des Baus der Stationen Schwierigkeiten gibt, ändert sich die öffentliche Meinung vielleicht wieder."

"Es braucht aber keine Schwierigkeiten zu geben."

"Das stimmt. Wie dem auch sei - die Geschichte kennt keine Happy-Ends, sondern nur Krisenpunkte, die überwunden werden. Wir haben diesen wohl ganz gut überstanden und sollten uns um die nächsten erst sorgen, wenn sie sich ergeben oder abzeichnen. Sind erst einmal die Sternenschiffe gebaut, läßt die Spannung sicher spürbar nach."

"Wir werden's erleben."

"Du wirst es erleben, Selene."

"Du auch, Ben. Nun übertreib mal nicht mit deinem Alter. Du bist erst achtundvierzig."

"Würdest du mitfliegen m einem der Sternenschiffe, Selene?"

"Nein, dazu wäre ich zu alt, und außerdem möchte ich den Anblick der Erde am Himmel nicht mehr missen. Vielleicht fliegt mein Sohn... Ben?"

"Ja, Selene?"

"Ich habe einen zweiten Sohn beantragt. Und der Antrag ist angenommen. Möchtest du dazu beitragen?"

Denison hob den Kopf und schaute ihr in die Augen. Sie erwiderte seinen Blick.

"Künstliche Besamung?" fragte er.

"Natürlich... Müßte eine interessante Genkombination ergeben", erwiderte sie.

Denison senkte den Blick. "Es wäre mir eine Ehre, Selene."

Selene sagte abwehrend: "Ist doch nur vernünftig, Ben. Gute Genkombinationen sind wichtig. Gegen ein bißchen natürliche genetische Formung ist nichts einzuwenden."

"Sicher nicht."

"Das soll nicht heißen, daß ich nicht auch andere Gründe habe... Ich mag dich."

Denison nickte und schwieg.

"Und Liebe ist mehr als nur Sex", fuhr Selene fast ärgerlich fort.

"Das stimmt. Zumindest liebe ich dich auch ohne Sex."

"Und da wir gerade davon sprechen, Ben; Sex ist nicht nur Akrobatik."

"Stimmt auch." Denison nickte wiederum.

"Und außerdem ... O verdammt, du könntest es doch zu lernen versuchen."

"Wenn du es mir beibringst ..."

Zögernd neigte er sich zu ihr. Sie wich nicht zurück.

Da zögerte er nicht länger.