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Ich schüttelte den Kopf.»Erst steck ich die Jungs mal in trockene Sachen. Die sollen mir keine Lungenentzündung kriegen. Dann komme ich wieder.«

«Aber Lee — «

«Keith hat versucht, das Hauptzelt in Brand zu setzen«, sagte ich.»Aber.«

«Aber«, ergänzte Roger,»wer mit Benzin Feuer legt, kann dabei selbst in Flammen aufgehen.«

Ich lächelte schwach.»So ist es.«

Ich ging zu Darts Wagen und fuhr die Jungen zum Bus, wo sie alle — wir alle — duschten und frische, saubere Sachen anzogen. Mein kariertes Hemd mit seinem wie durch ein zu heißes Bügeleisen versengten Rücken wanderte in den Mülleimer, nicht in einen Wäschesack. Die Haut im Rücken fühlte sich an wie nach einem Sonnenbrand. Eine schmerzhafte Rötung, nichts weiter. Schwein gehabt, dachte ich, daß das Hemd aus dicker reiner Baumwolle, nicht aus schmelzbarem Nylon gewesen war.

Als die Jungen soweit waren, marschierte ich mit ihnen zu Mrs. Gardner und bat sie, ihnen, wenn es ging, Kuchen und etwas Warmes, Süßes zu trinken vorzusetzen.

«Ihr Lieben«, sagte sie und schloß sie in die Arme.»Kommt doch rein.«

«Laß uns nicht allein, Pa«, sagte Edward.

«Ich muß mit dem Colonel reden, aber es dauert nicht lange.«

«Kann ich mit dir fahren?«fragte Christopher.

Ich lauschte auf seine schon ziemlich tiefe Stimme, schaute mir an, wie groß er war, sah den werdenden Mann in dem Jungen und verstand seinen Wunsch, die Kindheit hinter sich zu lassen.

«Spring ins Auto«, sagte ich, und hocherfreut saß er auf der kurzen Rückfahrt neben mir.

«Was hat Keith Stratton zu euch gesagt«, fragte ich,»als ihr zum Hauptzelt kamt?«

«So ein Typ!«Christopher schauderte.»Erst schien alles in Ordnung zu sein. Er sagte, wir sollten ins Zelt gehen. Er sagte, du kämst auch.«

«Und dann?«half ich nach, da er schwieg.

«Na, wir sind rein, und er kam hinter uns her. Er sagte, wir sollten durchgehen, und wir sind durchgegangen.«

«Ja.«

«Dann…«:, er zögerte,»dann wurde es unheimlich, Pa. Ich meine, er hat einen Kanister genommen, der da stand, und hat die Kappe abgedreht, und wir konnten riechen, daß es Benzin war. Dann hat er den Kanister wieder hingestellt und die Fackel aufgehoben, da hat er sein Feuerzeug drangehalten, und das Ding fing an zu lodern wie die Fackeln in einem Ku-Klux-Klan-Film.«

«Genau.«

«Dann hat er Benzin auf den Boden geschüttet und die Fackel rangehalten, und da gab’s natürlich Feuer, aber nur an der einen Stelle. «Er schwieg.»Wir kriegten Angst, Papa. Du hast uns immer gesagt, daß man Feuer nicht mit Benzin zusammenbringen darf, und er hatte einen großen Kanister voll in der einen und die Fackel in der anderen

Hand. Er sagte, wir sollten weiter ins Zelt hineingehen, und er kam hinter uns her und legte noch ein Feuer und noch eins und immer mehr, daß es uns richtig mulmig wurde, aber er sagte nur, du kämst bald. >Euer Vater wird kom-men.< Uns hat vor dem gegruselt, Pa. Er hat sich nicht wie ein Erwachsener benommen. Er war nicht vernünftig, Pa.«

«Nein.«

«Er sagte, wir sollten weiter durchgehen, an dem Ständer vorbei, der da stand, und da hat er die Fackel reingestellt, da schwang die wenigstens nicht mehr hin und her, sie hatte einen festen Platz, und das war besser, aber geheuer war es uns immer noch nicht. Er hat aber auch den Benzinkanister hingestellt, und dann hat er uns bloß so angesehen und gelächelt, und das war furchtbar, ich meine, ich kann es nicht beschreiben.«

«Du machst das schon ganz gut.«

«Ich hatte furchtbar Angst vor ihm, Pa. Wir wollten alle da raus. Dann ist auf einmal Alan an ihm vorbeigeschossen, dann Edward und ich, und er hat uns angebrüllt und wollte uns abfangen, aber wir sind im Bogen um ihn herum und rausgeflitzt, ich meine, mit Vollgas, Pa… und dann kam Toby uns nicht nach, und Neil fing an zu schreien… und dann kamst du.«

Ich hielt neben Rogers Jeep an. Hinter ihm stand der Jaguar von Keith, und dahinter ein Polizeiwagen.

«Und sonst hat er nichts gesagt?«fragte ich.

«Nein, nur daß er sich von dir nicht erpressen lassen würde. So ein Quatsch, du würdest doch niemand erpressen.«

Ich lächelte innerlich über sein Vertrauen. Erpressung zielte nicht unbedingt auf Geld ab.

«Nein«, sagte ich.»Behalt diesen Teil aber trotzdem für dich, okay?«»Okay, Pa.«

Eigenartig benommen, wie auf Wolken, ging ich mit Christopher zum Büro hinüber und erklärte der Polizei auf Befragen, ich hätte keine Ahnung, warum Keith Stratton sich so vernunftwidrig verhalten habe, wie er es getan hatte.

Es wurde Freitag, bis ich Stratton Park verließ.

Den ganzen Mittwochnachmittag hindurch beantwortete ich Serien polizeilicher Fragen mit» Ich weiß nicht «und versprach, zur gerichtlichen Untersuchung des Todesfalles pflichtgemäß wiederzukommen. Ich sagte nichts von meiner Absicht, Keith über den Haufen zu rennen. Es hörte sich nicht überzeugend an. Ich sagte nichts von Neil.

Auf Befragen sagte ich, ich hätte nicht versucht, Keith mit einem Feuerlöscher das Leben zu retten, weil ich keinen finden konnte.

«Vier Stück lagen außer Sicht im Barbereich«, sagte mir Roger.

«Wer hat sie da hingetan?«fragte die Polizei.

«Ich weiß es nicht«, sagte ich.

Christopher sagte den Ordnungshütern, Keith sei ein» Spinner «gewesen. Sie hörten höflich zu und kamen zu dem Schluß, daß er zu jung sei, um als Zeuge geladen zu werden, zumal er das Unglück selbst auch gar nicht miterlebt hatte.

Die Presse kam, schoß Fotos, stellte Fragen, erhielt die gleichen Antworten.

Eine Polizistin fragte die jüngeren Söhne in meinem Beisein später bei den Gardners, was sie gesehen hatten, aber wie Kinder nun mal sind, wenn Fremde ihnen Fragen stellen, verfielen sie in rehäugiges Schweigen, sagten von sich aus nichts und antworteten meistens durch Nicken. Ja

— Nicken — im Zelt hatte es gebrannt. Ja — Nicken — Keith Stratton hatte das Feuer gelegt. Ja — Nicken — Toby hatte sich das Haar versengt. Ja — Nicken — Christopher hatte die Sprinkleranlage in Gang gesetzt, und ja — Nicken — ihr Vater hatte nach ihnen geschaut.

Die Strattons, dachte ich zwischendurch ironisch, hatten der Familie Morris nichts voraus, wenn es galt, Stillschweigen zu bewahren.

Am Donnerstag wurden die Klammern aus meinen weitgehend abgeheilten Wunden entfernt, und von Dart chauffiert fuhr ich mit Toby nach Swindon, um zu sehen, was Penelope mit seinen ungleichmäßig verbrannten Haaren anfangen konnte.

Ich sah zu, wie sie mit ihm lachte und ihn neckte. Sah zu, wie sie den noch nachhaltenden versengten Geruch herauswusch und die verbliebenen, sehr kurzen braunen Locken mit Schere, Bürste und Fön bearbeitete. Sah zu, wie sie ihm Vertrauen in sein neues Aussehen gab und ihn zum Lächeln brachte.

Die ganze Zeit überlegte ich, wie und wo ich sie ins Bett bekommen könnte.

Perdita kam nach unten und benahm sich wie eine zum Schutz ihres Kükens herbeigeeilte Glucke — als könnte sie meine Gedanken lesen.

«Ich haben Ihnen am Dienstag zuviel erzählt, Lee«, sagte sie ein wenig besorgt.

«Ich werde Sie nicht verraten.«

«Und Keith Stratton ist tot!«

«Leider ja«, meinte ich.

Sie lachte.»Sie sind ein Schlitzohr. Haben Sie ihn umgebracht?«

«Gewissermaßen. «Mit der Hilfe meines Zwölfjährigen, dachte ich, ob er sich darüber klar war oder nicht.»Notwehr, könnte man sagen.«

Ihre Augen lächelten, aber ihre Stimme war sachlich. Sie drückte ihre Meinung in einem einzigen Wort aus: »Gut.«

Penelope war mit den Haaren des Zwölfjährigen fertig. Ich bezahlte sie. Sie dankte mir. Sie hatte keine Ahnung, was ich für sie empfand, und nicht das leiseste Echo kam von ihr zurück. Ich war Vater von sechs Jungen und doppelt so alt wie sie. Perdita, die all das mitbekam, klopfte mir auf die Schulter. Ich küßte die Mutter auf die Wange und begehrte immer noch die Tochter und fühlte mich, als ich mit Toby davonging, leer und alt.