Выбрать главу

Rangarig trompetete einen Kampfschrei, legte die Flügel an den Körper und stieß wie ein riesenhafter goldener Speer auf die Angreifer nieder. Die schwarzen Reiter erstarrten mitten in der Bewegung. Für einen Moment bildete Kim sich ein, durch die ausdruckslosen schwarzen Metallmasken hindurch das Erschrecken auf ihren Gesichtern zu sehen. Rangarigs Schwingen zogen in täuschend langsamer Bewegung durch die Luft, und die geordnete Angriffsformation der Reiter verwandelte sich in ein Chaos durchgehender Pferde, Geschrei und berstenden Metalls. Fünf Reiter flogen im hohen Bogen aus den Sätteln, als Rangarigs Schwingen sie streiften.

Der Drache bäumte sich auf, stieß einen zweiten, noch wütenderen Schrei aus und war mit einem Satz unter den Reitern. Seine mächtigen Füße krachten gnadenlos auf Rüstungen und Schilde. Sein Schwanz peitschte ein halbes Dutzend Reiter zu Boden und pflügte einen breiten Graben in die Erde.

Der Kampf dauerte nur wenige Augenblicke. Gorg, Kelhim, Kim und Priwinn sprangen wie ein Mann von Rangarigs Rücken. Gorg, Kelhim und Priwinn griffen die überraschten Reiter von der Seite her an, während Kim sein Schwert aus der Scheide riß und zum Haus hinüberlief, um dort nach dem Rechten zu sehen.

Die Tür war eingeschlagen. Schwarzer Qualm zog aus einem zerbrochenen Fenster, und aus dem Inneren des Gebäudes drang Kampflärm und das ängstliche Weinen eines Kindes. Kim hob die Tür mit einem wütenden Tritt vollends aus den Angeln und stürmte ins Haus. Er riß im letzten Augenblick seinen Schild hoch, als er die Bewegung aus den Augenwinkeln wahrnahm. Ein wuchtiger Schwertstreich traf das fingerdicke Holz und ließ ihn zurücktaumeln. Kim prallte gegen einen Schrank, verlor das Gleichgewicht und stürzte. Eine riesige Gestalt wuchs über ihm empor, schwang ihre Waffe und erstarrte für einen Moment, als der Schwarze Kims schwarze Rüstung bemerkte.

Dieses winzige Zögern kostete den schwarzen Reiter das Leben. Kim sprang auf die Füße, fing den Hieb mit dem Schild auf und schlug gleichzeitig mit aller Kraft zurück. Die schwarze Klinge bohrte sich knirschend durch die Rüstung seines Gegners.

Kim blieb einen Herzschlag lang um Atem ringend stehen, ehe er über den am Boden Liegenden hinwegschritt und tiefer in das Haus eindrang.

Er folgte dem Lärm und stieß die Tür zum Wohnraum auf. Der Anblick, der sich ihm bot, ließ ihn zurückprallen. Kim stolperte fast über die reglos ausgestreckte Gestalt eines Mannes. Ein dunkler Blutfleck färbte den Stoff seines Hemdes, und seine Finger waren um den Griff eines zweischneidigen Dolches verkrampft, mit dem er seinen Mörder mit in den Tod gerissen hatte. Ein zweiter Bauer verteidigte sich, nur mit einer langen Holzstange bewaffnet, verzweifelt gegen einen riesenhaften schwarzen Reiter, der ihn Schritt für Schritt durch den Raum trieb. Der Mann duckte sich unter einem Schwertstreich weg, tänzelte zur Seite und versetzte dem Schwarzen einen kräftigen Hieb gegen den Helm. Die Rüstung dröhnte. Der Schwarze torkelte zurück, fing einen zweiten Hieb mit der flachen Klinge auf und schlug dem Mann mit der gepanzerten Faust vor die Brust. Der Mann stöhnte vor Schmerz. Für einen Moment vergaß er seine Deckung, und der Ritter setzte zu einem tödlichen Streich an.

Kim überwand endlich seine Erstarrung. Mit einem Satz warf er sich zwischen die beiden Kämpfenden, fing den Schwertstreich des schwarzen Reiters mit dem Schild auf und schlug zurück. Es war kein guter Schlag; schlecht gezielt und mit zuwenig Kraft geführt. Aber wieder war es die schwarze Rüstung, die seinen Gegner einen Moment lang zaudern ließ und sein Schicksal besiegelte. Kims Klinge schrammte am Brustpanzer des anderen entlang, glitt ab und bohrte sich in den Holzboden. Eine Sekunde lang standen sich die beiden reglos gegenüber, und Kim konnte den erstaunten, ungläubigen Ausdruck in den Augen des anderen erkennen. Dann traf ihn etwas im Rücken und ließ ihn zur Seite taumeln. Eine bärtige Gestalt sprang an ihm vorbei, schwang ihren Knüppel und ließ das zersplitterte Ende mit ungeheurer Kraft auf den Helm des Gepanzerten niederkrachen. Der Schwarze schrie auf und stürzte vornüber.

Kim drehte sich schwer atmend um. Der Bauer stand auf Armeslänge hinter ihm. Er keuchte, und über sein Gesicht lief Blut. Der Knüppel in seinen Händen blieb drohend erhoben, und in seinen Augen flackerte es mißtrauisch.

Kim ließ Schild und Schwert sinken und griff mit langsamer Bewegung, um den Mann nicht zum Angriff zu verleiten, an seinen Helm. Er setzte ihn ab und versuchte aufmunternd zu lächeln.

»Es ist alles in Ordnung«, sagte er.

Der Bauer entspannte sich, aber das mißtrauische Glitzern in seinen Augen blieb. »Ihr... Ihr seid kein schwarzer Reiter?« fragte er.

»Bestimmt nicht. Ich sehe nur so aus. Manchmal«, fügte Kim mit einem Seitenblick auf den reglos daliegenden schwarzen Reiter hinzu, »ist es sogar von Vorteil.«

Der Bauer nickte verwirrt. »Ich... ich weiß nicht, wer du bist«, sagte er, »aber ich danke dir. Ohne deine Hilfe wäre ich jetzt tot. Meinen Bruder haben sie schon erschlagen.« Er warf einen Blick über die Schulter zum Fenster und wandte sich dann wieder an Kim. »Aber die Gefahr ist noch nicht überstanden. Draußen sind noch mehr.«

Kim schüttelte den Kopf. »Mach dir keine Sorgen. Meine Freunde kümmern sich um sie. Sind noch mehr Leute im Haus?«

»Meine Frau, mein Sohn und... die Frau meines Bruders. Und zwei Knechte. Aber ich habe sie nach oben geschickt, um die Frauen zu beschützen...«

Erst jetzt fiel Kim auf, daß vom oberen Stockwerk noch immer Babygeschrei zu hören war. Dazwischen glaubte er das Schluchzen einer Frau zu hören.

»Hol sie herunter«, sagte er. »Die Gefahr ist vorüber. Jedenfalls im Moment.«

Der Mann wandte sich zur Tür und verschwand über die Treppe nach oben, während Kim, sich wachsam nach allen Seiten umblickend, nach draußen ging.

Der Kampf war vorüber. Eine Anzahl herrenloser Pferde lief kopfscheu umher, und Rangarig schnüffelte mißtrauisch zwischen den gefallenen schwarzen Reitern herum, ob sich nicht etwa einer nur tot stellte, um später zu entwischen und Verstärkung zu holen.

Kim berichtete seinen Gefährten, was sich im Haus zugetragen hatte. Wieder einmal standen sie vor einem Schreckensbeispiel sinnlosen Blutvergießens.

»Aber so weit im Westen«, murmelte Priwinn.

Gorg knirschte mit den Zähnen. »Die Schwarzen beherrschen das Land bereits«, sagte er grimmig. »Es gehört zu Boraas' Taktik, erst das Hinterland zu zerstören. Wenn der Angriff auf Gorywynn beginnt, wird nichts mehr dasein, wohin seine Bewohner fliehen könnten. Boraas hat aus dem, was in Caivallon geschehen ist, gelernt, Prinz Priwinn. Aber nun laßt uns ins Haus gehen und nach den Bauersleuten sehen. Vielleicht können wir helfen.«

Hintereinander folgten sie Kim ins Haus. Zuerst Priwinn, dann Kelhim, der sich auf alle viere niedergelassen hatte und mit seinen breiten Schultern kaum durch die Tür paßte, und zuletzt Gorg, der trotz seiner gebückten Haltung ständig mit dem Kopf gegen die Decke stieß und halblaut vor sich hin fluchte.

Die Familie hatte sich im Wohnraum versammelt. Kim sah das Erschrecken auf ihren Gesichtern, als sie den Bären und den Riesen erblickten. »Keine Sorge«, sagte Kim rasch. »Das sind meine Freunde. Sie tun euch nichts.«