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Als Kim an der Wohnzimmertür vorüberstürmte, traf ein fürchterlicher Schlag die Wand und ließ das Haus bis in seine Grundfesten erzittern. Eine stählerne Faust brach krachend durch den Stein, grabschte nach Kims Arm und riß ein Stück aus seinem Pullover, als Kim sich im letzten Moment zur Seite warf.

Er stolperte, prallte gegen das Treppengeländer und fiel die ersten fünf Stufen hinauf, anstatt sie zu gehen. Ein weiterer, noch härterer Schlag traf die Wand und ließ sie völlig zusammenbrechen; offensichtlich hielt der Koloß nicht allzuviel davon, Türen zu benutzen, sondern ging lieber den direkteren Weg.

Die Angst gab Kim zusätzliche Kräfte. Mit einem Satz war er wieder auf den Beinen, hetzte die Treppe hinauf und schrie dabei aus Leibeskräften nach seinem Vater. Sein Gebrüll mußte noch zwei Häuser weiter deutlich zu hören sein, ganz abgesehen von dem Höllenlärm, den der Roboter veranstaltete, als er sich gewaltsam einen Weg durch die Wohnzimmerwand schuf. Aber trotzdem regte sich im Haus nichts. Das Licht hinter der Schlafzimmertür ging nicht an, und niemand antwortete auf die Schreie.

Kim erreichte das Ende der Treppe, warf einen gehetzten Blick über die Schulter zurück - und schrie ein zweites Mal noch gellender auf. Als er sah, daß die rechte schlankere Hand des Roboters nicht mehr-leer war.

Seine Bewegung und der grellweiße Blitz, der wie eine Nadel aus Licht nach Kim stach, kamen fast gleichzeitig. Der Laserstrahl verfehlte Kim um Millimeter, brannte ein faustgroßes Loch in die Tür seines Zimmers und setzte so nebenbei das Treppengeländer und den Teppich in Brand. Greller Feuerschein erfüllte den Flur, und die Luft war binnen Sekundenbruchteilen schneidend heiß und kaum noch zu atmen.

Kim stürzte herum, erreichte mit zwei Riesensätzen die Schlafzimmertür seiner Eltern, riß sie auf - und rannte mit voller Wucht gegen ein unsichtbares Hindernis, das sich dahinter erhob.

Der Anprall war so heftig, daß er benommen rückwärts taumelte und auf dem Hosenboden landete. Sein Kopf dröhnte, und die Lichtblitze vor seinen Augen stammten jetzt nicht mehr nur von den lodernden Flammen, die den Korridor erfüllten. Während hinter ihm die Treppe unter dem Gewicht des stählernen Giganten zu erzittern begann, rappelte sich Kim mühsam hoch und trat noch einmal an die Tür heran. Er konnte das Schlafzimmer seiner Eltern dahinter deutlich erkennen - aber als er die Hände ausstreckte, stießen seine Finger auf harten Widerstand, als stünde er vor einer Wand aus massivem Glas.

Und genau das war es auch. Als er genauer hinsah, bemerkte er die blitzenden Lichtreflexe, die die Flammen auf dem Glas verursachten. Und den Schatten, der plötzlich hinter ihm erschien.

Zum zweitenmal ließ sich Kim einfach zur Seite fallen, und zum zweitenmal verfehlte ihn der Schuß aus der Strahlenpistole des Roboters nur um Haaresbreite. Der grelle Lichtstrahl schlug in die gläserne Wand, durchdrang sie völlig mühelos - und ohne sie auch nur zu beschädigen! - und explodierte an der gegenüberliegenden Wand des Schlafzimmers. Der Schrank, die Tapeten und ein Teil der Vorhänge fingen sofort Feuer. Aber in dem plötzlichen, grellen Licht konnte Kim auch erkennen, daß das Zimmer vollkommen leer war. Das Bett war aufgeschlagen, aber seine Eltern waren nicht da.

Ihm blieb nicht einmal Zeit, so etwas wie Erleichterung zu empfinden, denn der Roboter gab sich keineswegs damit zufrieden, das Schlafzimmer seiner Eltern zu flambieren, sondern versuchte nach wie vor, Kim zu treffen. Ein dritter Laserblitz zuckte aus seiner Hand und brannte eine rauchende Spur in den Boden neben den Maschinenmann, ehe er gute zwei Meter des Treppengeländers absäbelte und auch noch ein Loch in der Wand hinterließ. Kim raffte all seine Kraft zusammen, rollte sich mit zusammengebissenen Zähnen über die Spur aus glimmendem Holz, die der Lichtstrahl im Boden hinterlassen hatte, und kam hakenschlagend wieder auf die Füße. Mit einem Satz war er quer durch den Korridor und riß die Tür zu Rebekkas Zimmer auf. Er war nicht einmal mehr besonders überrascht, als er auch hier gegen eine unsichtbare Wand aus Glas krachte. Es war, als wäre Kim in einem riesigen Aquarium eingeschlossen, völlig allein mit einem tollwütigen Roboter, der wild entschlossen schien, die Nacht mit einer Grillparty zu beenden. Als Kim diesmal auf die Füße kam, hatte der Roboter den Treppenabsatz fast erreicht und hob gerade seinen kolossalen Eisenfuß, um ihn auf den Flur zu setzen. Gleichzeitig zielte er erneut mit seiner Lichtwaffe auf Kim - und er war jetzt so nahe, daß er schon blind und blöd zugleich sein mußte, um danebenzuschießen. Und Kim ahnte, daß dieses Wesen keines von beiden war.

Die Angst brachte Kim auf eine verzweifelte Idee. Als die Waffe in der Hand des Roboters herumschwenkte, sprang er mit einem Satz über den Flur, riß den großen Wandspiegel herunter, der neben der Badezimmertür hing, und hielt ihn sich vor Brust und Gesicht.

Die Laserwaffe des Roboters stieß einen weiteren, grellweißen Lichtblitz aus, der den Spiegel direkt vor Kims Herz traf.

In diesem Moment wartete Kim darauf, einfach tot umzufallen. Aber der Laserstrahl durchschlug den Spiegel nicht, sondern prallte davon ab und fuhr im gleichen Winkel zurück, in dem er zuvor eingeschlagen war. Vor den Füßen des Roboters verwandelte sich das Holz der Treppenstufe in rauchende Rotglut und verschwand.

Eine halbe Sekunde später verschwand auch der Roboter, denn die Treppe, ihres Haltes beraubt, brach unter ihm zusammen, und er stürzte polternd in die Tiefe. Der Knall, mit dem er unten aufschlug, schien das ganze Haus zum Wanken zu bringen.

Kim stand einfach keuchend da, erleichtert, noch am Leben zu sein, dann ließ er sich vorsichtig auf Hände und Knie herabsinken und kroch auf die zusammengebrochene Treppe zu. Der Roboter war in einem Wust aus zertrümmertem und zum Teil brennendem Holz zu Boden gestürzt - aber er schien keineswegs außer Gefecht gesetzt. Ganz im Gegenteil - als Kim vorsichtig den Kopf über die Kante streckte und zu ihm herabsah, begann er sich wieder zu bewegen. Sein rechter Arm pendelte wild und ziellos hin und her, und aus seinem Inneren drang ein schrilles, unangenehmes Heulen und Jaulen. Langsam hob er den Kopf und blickte aus seinem unheimlichen, grünleuchtenden Auge zu Kim empor.

Der Junge kroch hastig ein Stück zurück, richtete sich auf und sah sich wild um. Sein Triumph war nur von kurzer Dauer gewesen. Er war gefangen. Der Korridor brannte lichterloh, und die Flammen griffen immer schneller um sich. Ins Schlafzimmer oder in das Zimmer Rebekkas konnte er nicht, wie die beiden Beulen an seiner Stirn nachhaltig bewiesen, und das Bad hatte kein Fenster. So blieb nur sein eigenes Zimmer. Mit ein bißchen Glück konnte er aus dem Fenster steigen und über das Garagendach entkommen, ehe das ganze Haus in Schutt und Asche fiel.

Hastig riß Kim die Tür auf und zog erschrocken den Kopf zwischen die Schultern, als ihm auch hier lodernde Flammen entgegenschlugen. Der Laserstrahl, der die Tür durchschlagen hatte, war an seinem Schreibtisch explodiert und hatte ihn mitsamt dem Computer und dem Viper-Wrack in einen rauchenden Trümmerhaufen verwandelt. Und auch hier hatten die Flammen bereits auf die Wände und den Teppich übergegriffen.

Kim hustete, hob schützend die Hände vor das Gesicht und tastete sich halb blind zum Fenster. Mit tränenden Augen riß er die Gardinen beiseite, öffnete es - und stöhnte vor Enttäuschung, als seine Finger wieder gegen einen massiven unsichtbaren Widerstand stießen. Dicht hinter dem Fenster erhob sich auch hier eine Wand aus stahlhartem Glas!

Kim drehte sich keuchend herum und sah sich im Zimmer um. Hitze und Helligkeit trieben ihm die Tränen in die Augen, und er bekam kaum noch Luft. Zu allem Überfluß hörte er durch das Prasseln der Flammen eben ein gewaltiges Poltern und Krachen aus dem Erdgeschoß heraufdringen, das ihm klarmachte, daß sein grünäugiger Verfolger keineswegs aufgegeben hatte. Es war nicht zu erkennen, was der Roboter tat - aber Kim war sicher, daß er in wenigen Augenblicken wieder auftauchen würde, um ihm endgültig den Garaus zu machen!