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»Sturm!«, rief er. »Ich könnte ein wenig Hilfe gebrauchen!« Er bekam keine Antwort, zerrte noch einen Moment vergebens an der Rüstung herum und drehte sich schließlich fast verärgert zu Sturm herum.

Sturm war nicht mehr da.

Kim blickte nach rechts, nach links, drehte sich schließlich einmal im Kreis - und sog erschrocken die Luft ein.

Sturm war die Felswand hinaufgeklettert und richtete sich genau in diesem Moment neben der riesigen Gestalt des Magiers der Zwei Berge auf. In beiden Händen hielt er einen Felsbrocken, der so schwer war, dass er ihn kaum hochzustemmen vermochte.

»Sturm!«, schrie Kim. »Nein! Tu das nicht!«

Sturm musste seine Worte hören, aber er reagierte nicht. Mühsam und mit vor Anstrengung verzerrtem Gesicht stemmte er den Felsbrocken höher.

»Haltet ihn auf!«, schrie Kim.

Twix raste wie der Blitz los und die Spinne schoss einen Faden in Sturms Richtung, aber es war zu spät: Der Felsbrocken krachte auf den Magier der Zwei Berge herab und ließ seine Gestalt wie Glas zerbersten.

Kim keuchte vor Entsetzen. Der schwarze Mantel explodierte regelrecht. Schwarze, eisverkrustete Splitter flogen in alle Richtungen, prasselten wie Hagel in den Schnee hinab und bohrten sich wie gefährliche, rasiermesserscharfe Glasscherben in den Boden. Aber es waren nur die Scherben des steinhart gefrorenen Mantels.

Der Umhang war vollkommen leer gewesen!

Kim bückte sich nach einem der schwarzen Splitter und drehte ihn hilflos in den Händen. Es war tatsächlich nur das Kleidungsstück gewesen, sonst nichts!

Sturm kletterte von seinem Felsen herunter und kam mit trotzig versteinertem Gesicht auf ihn zu.

»Warum hast du das getan?«, fragte Kim.

»Aus demselben Grund wie du«, antwortete Sturm. »Ich wollte sehen, was darunter ist.«

»Du hättest ihn umgebracht!«

»Und?«, fragte Sturm kalt. »Hast du dich etwa nicht gewehrt, als die Zwerge uns angegriffen haben?«

»Das war etwas anderes!«, verteidigte sich Kim.

»Wieso?«

»Du hast es selbst gesagt: Ich habe mich gewehrt. Sie haben uns angegriffen!«

»So wie er«, sagte Sturm grimmig. »Es gibt mehr Arten, jemanden anzugreifen, als mit dem Schwert auf ihn loszugehen. Außerdem ist nichts passiert, oder? Er war nicht einmal da.« Sein Gesicht verdüsterte sich. »Es sieht ganz so aus, als hätten wir uns mit einem Mantel gestritten.«

»Ja«, stimmte ihm Kim zu. »Anscheinend hast du bei seiner Beschreibung noch etwas vergessen. Er ist ein Meister der Illusion.«

Ein Wassertropfen fiel in Kims Nacken und lief eisig seinen Rücken hinunter. Kim fuhr schaudernd herum und sah einen zweiten Tropfen auf seine Schulter herunterfallen.

»Das Eis schmilzt«, sagte er besorgt.

»Ja. Wir sollten nicht mehr zu lange hier bleiben«, sagte Sturm. »Früher oder später werden die Zwerge aufwachen.«

Ein weiterer Wassertropfen fiel auf Kims Schulter. Und noch einer. »Ich fürchte, eher früher«, murmelte er. »Hilfst du mir den Pack zu tragen?«

Die Spinne hatte etwas geflochten, was wie eine Mischung aus einer Trage und einer Hängematte aussah, aber weitaus stabiler war, sodass sie den Pack einigermaßen bequem transportiert hatten. Es war allerdings nur während der ersten halben Stunde nötig. Der Pack erholte sich mit zwar schon gewohnter, aber trotzdem unheimlicher Schnelligkeit und war schon bald wieder in der Lage aus eigener Kraft zu gehen.

Nach einer weiteren Stunde erreichten sie das Gehöft, von dem Twix gesprochen hatte. Ganz wie es die Elfe behauptet hatte, war es offensichtlich schon vor geraumer Zeit von seinen Bewohnern verlassen worden, aber noch in gutem Zustand. Sie fanden ausreichend Nahrungsmittel, um sich zum ersten Mal seit langem wieder satt zu essen, und auf den Koppeln Dutzende von kräftigen Pferden, dazu Zaumzeug und Sättel in ausreichender Zahl, um eine kleine Armee auszurüsten. Das Verlockendste aber waren die frisch bezogenen Betten in dem halben Dutzend Schlafzimmern des großen Haupthauses.

Kim hätte eine Menge darum gegeben, einmal wieder in einem richtigen Bett zu schlafen. Und für einige Augenblicke war er sogar tatsächlich versucht diesem Wunsch nachzugeben, und sei es nur für zwei oder drei Stunden. Von Twix wussten sie, dass die Armee der Zwerge zwar immer noch näher kam, aber nur sehr langsam vorrückte. Das Kleine Volk war wirklich nicht sehr gut zu Fuß und die Hitze auf der Ebene musste ihnen zusätzlich zu schaffen machen. Dazu kam, dass sie nun über Pferde verfügten und den Zwergen einfach davonreiten konnten. Zumindest aus dieser Richtung also drohte ihnen keine unmittelbare Gefahr mehr. Allerdings waren die Zwerge auch ihre kleinste Sorge.

Auch Sturm, mit dem er darüber sprach, schüttelte nur den Kopf. »Wir haben weniger Zeit denn je«, sagte er. »Der Magier hat eine Niederlage erlitten, aber er ist nicht besiegt. Und er weiß jetzt, wohin wir wollen. Schließlich hat er es uns selbst gesagt. Er wird alles in seiner Macht Stehende tun um vor uns am Rande der Welt zu sein.«

»Wenn er nicht schon da ist«, fügte die Spinne hinzu.

Sturm schüttelte den Kopf. »Der Weg ist sehr weit. Selbst wenn wir sofort aufbrechen und ohne Pause durchreiten, könnten wir frühestens beim nächsten Sonnenaufgang dort sein. Er ist kein wirklicher Magier, vergesst das nicht. Er ist ein Meister der Lüge, aber er kann nicht zaubern. Wir haben eine gute Chance, vor ihm dort zu sein. Wenn wir sofort aufbrechen.«

Damit war die Entscheidung gefallen. Sie diskutierten zwar noch eine Zeit lang, suchten sich schließlich aber die beiden besten Pferde heraus und sattelten sie. Nicht einmal eine Stunde, nachdem sie den Gutshof erreicht hatten, brachen sie wieder auf.

Für den Rest des Vormittags ritten sie geradewegs nach Westen, dann legten sie eine weitere kleine Rast ein und änderten ihren Kurs ein wenig in südliche Richtung, als sie weiterzogen - also genau in die entgegengesetzte Richtung zu der, die Kim eingeschlagen hatte, als er damals zum Rande der Welt gereist war.

Und noch etwas wurde Kim allmählich fast unheimlich: Je weiter sie ritten, desto bekannter kam ihm ihre Umgebung vor. Sie ritten geradewegs den Weg zurück, den er genommen hatte, als er von Kais Heer in Richtung Caivallon geflohen war.

Twix brachte es auf den Punkt, als sie am späten Nachmittag eine weitere Rast einlegten.

»Wir sind fast zu Hause«, sagte sie. »In dem Wald, in dem du mich damals ...« Sie warf einen schrägen Blick auf die Spinne. »... gefunden hast.«

»Ich weiß«, sagte Kim unbehaglich. Er wandte sich an Sturm. »Und du bist ganz sicher, dass wir auf dem richtigen Weg sind?«

Sturm sah sich mit gerunzelter Stirn eine Weile um, nickte aber dann umso überzeugter.

»Ich bin damals auf ... einem anderen Weg hierher gekommen«, sagte er zögernd. »Aber ich bin trotzdem sicher, ja. Ich kann es schon spüren. Du nicht?«

Kim verneinte. »Wovon sprichst du?«

»Du wirst es verstehen, wenn wir da sind«, sagte er und stand auf. »Kommt. Wir haben noch einen weiten Weg vor uns.«

Auch Kim stieg wieder in den Sattel. Er bedauerte mittlerweile fast, Sturm diese Frage gestellt zu haben. Die Antwort hatte ihn sehr viel mehr beunruhigt, als sie seine Neugier besänftigt hatte. Und schlimmer noch: Er hatte immer mehr und mehr das Gefühl, dass Sturm ihm etwas verheimlichte.

Aber was?

Sie ritten bis weit in die Nacht hinein. Zwei, wenn nicht drei Stunden, nachdem es dunkel geworden war, kam Twix von einem ihrer regelmäßigen Erkundungsflüge zurück und erklärte eine große Anzahl von Kais Reitern entdeckt zu haben, die zwar noch sehr weit entfernt waren, aber unmittelbar auf sie zuhielten.

»Anscheinend hast du Recht«, wandte er sich an Sturm. »Der Magier der Zwei Berge versucht alles um uns aufzuhalten. Er schickt seine besten Männer. Ich wette, Kai selbst ist auch dabei.«