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Dafür sog Kai hörbar die Luft ein, als er den Reiter erkannte, der das Heer anführte. Es war ebenfalls Kai. Der falsche Kai. »Dieser verdammte ...!« Kais Hand fuhr zum Schwert, aber Kim drückte rasch seinen Arm herunter.

»Nicht jetzt!«, sagte er hastig. »Bitte, Kai - ich kann dich verstehen, aber wir haben nur diese eine Chance!«

Kai starrte ihn hasserfüllt an und kurz kreuzten sich ihre Blicke. Kais Augen schienen Flammen zu sprühen und Kim spürte den maßlosen Zorn, der in ihm kochte, während er dem Magier nachstarrte, der die Unverschämtheit besaß, sich in seiner Gestalt an die Spitze des Heeres zu setzen.

Dann aber entspannte er sich. »Du hast Recht«, murmelte er. »Aber ich kriege den Kerl, das verspreche ich dir.« Er deutete nach links. »Hinterher!«

Kim zögerte. »Was glaubst du, was er vorhat?«, fragte er.

»Ich weiß, was er vorhat«, antwortete Kai. »Er hat das Heer geteilt. Sie werden die Zwerge umgehen und sie von zwei Seiten gleichzeitig angreifen, gerade lange und ernsthaft genug, um Wolfs Vertrauen zu erringen.«

»Und dann wechseln sie die Seiten und greifen Wolf an?«, fragte Sturm.

»Nein.« Kai schüttelte den Kopf. »Sie löschen sein Heer aus. Mit einem einzigen Schlag. Glaube mir: Wolf und seine Reiter haben keine Chance.«

»Da wäre ich nicht so sicher«, sagte Kim, aber Kai schüttelte heftig den Kopf.

»Wolf und seine Männer mögen tapfer sein«, sagte er, »aber sie sind nur einfache Bauern und Handwerksleute, die sich bewaffnet haben. Seine Leute sind ausgebildete Krieger, die ihr Handwerk verstehen. Sie werden Wolfs Armee auslöschen und danach, wenn sie sich in eine gute Position gebracht haben und die Zwerge noch im Siegestaumel sind, werden sie die Kriegsmaschinen der Zwerge zerstören. Der Rest ist dann nur noch ...« Er zuckte mit den Schultern. »... Fleißarbeit.«

Kim schauderte vor der Kälte, die plötzlich aus Kais Stimme sprach.

»Lasst uns weiterreiten«, schlug Sturm vor.

Kai hob beruhigend die Hand. »Wir haben Zeit. Er wird mindestens eine Stunde brauchen, um sein Heer in Position zu bringen, und ich glaube nicht, dass er es damit sehr eilig -«

Das Gebüsch hinter ihm explodierte. Erdreich, Steine und zerfetztes Geäst und Blätter regneten auf sie herab. Kai wurde zu Boden geschleudert und hinter ihm richtete sich etwas Kolossales, Bleiches mit gewaltigen Zangen und riesigen starrenden Augen auf.

»Der Skull!«, brüllte Kim.

»Fleisch!«, kreischte die Spinne.

Sie wollte unverzüglich losrennen, aber Kim grub gedankenschnell die Hand in ihren Nacken und riss sie zurück. Einen Augenblick später landete er selbst reichlich unsanft auf dem Hinterteil, als sich sein Pferd erschrocken aufbäumte und in Panik mit den Vorderhufen ausschlug.

Sturms Pferd ging ebenfalls durch und riss seinen Besitzer zu Boden, während Kai sich hastig aufrichtete und auf Händen und Knien vor der grotesken Kreatur davonkroch. Einzig Twix stieß ein kampflustiges Pfeifen aus und machte Anstalten sich unverzüglich auf den Skull zu stürzen.

Kim richtete sich umständlich auf, hielt mit der linken Hand die Spinne zurück und fischte mit der anderen die Elfe aus der Luft.

»Lass mich los!«, kreischte Twix. »Den Kerl kauf ich mir! Den mach ich fertig! Fix und alle mach ich ihn!«

»Nichts da!«, keifte die Spinne. »Du lässt die Pfoten von ihm! Er gehört mir! Fleisch!«

Kim riss die beiden unsanft zurück und sprang mit einem Ruck auf. »Seid still!«, sagte er streng. »Beide!«

Er wartete, bis sich Twix und die Spinne halbwegs beruhigt hatten, dann ließ er sie los und wandte sich vollends zu dem Skull um. Seine Hand glitt in die Tasche, in der er die Zauberkugel trug.

»So«, sagte er. »Ich glaube, es wird Zeit, dass wir zwei die Sache zu Ende bringen.«

Der Skull stieß ein tiefes, drohendes Knurren aus. Seine Kieferzangen näherten sich Kims Gesicht und der Blick seiner schwarzen, seelenlosen Augen bohrte sich tief in den von Kim, dass dieser für einen Moment erstarrte, als er der höllischen Kälte darin begegnete. Es kostete ihn enorme Kraft, sich aus dem hypnotischen Bann dieser unheimlichen Augen zu lösen und fortzufahren: »Du magst also keine Magie, wie? Na, dann wollen wir doch einmal sehen, wie dir das gefällt!«

Und damit zog er die Zauberkugel aus der Tasche und hämmerte sie dem Skull mit aller Gewalt auf die Nase.

Nichts geschah. Der Skull starrte weiter aus seinen kalten, gefühllosen Augen auf ihn herab und Kim seinerseits starrte fassungslos die Zauberkugel in seiner Hand an. Nach dem erstaunlichen Ergebnis, das Twix' erster magischer Angriff auf den Skull gehabt hatte, hatte er eigentlich damit gerechnet, dass sich das Ungeheuer vor seinen Augen in Rauch und Flammen auflöste oder etwas ähnlich Dramatisches geschah. Das unheimliche Geschöpf schien den Hieb jedoch nicht einmal gespürt zu haben.

Kim holte aus um es ein zweites Mal und mit noch größerer Kraft zu versuchen, und noch bevor er die Bewegung auch nur halb beendet hatte, versetzte ihm der Skull einen Hieb mit einer seiner Kiefernzangen, der ihn meterweit davonschleuderte.

Wie durch ein Wunder ließ er die Zauberkugel nicht fallen, aber als er die Augen wieder öffnete, war der Skull über ihm. Seine gewaltigen Kiefer blitzen. Kim konnte seinen eisigen, nach Alter und unwirklicher Kälte riechenden Atem spüren. Dann traf ein goldener Funkenschauer die Augen des Skull und Twix stürzte sich mit einem lauthals hervorgestoßenen »Bonsaiiii!« auf die unheimliche Kreatur.

Der Skull bäumte sich in lautloser Agonie auf und schlug mit allen Gliedmaßen um sich, die er besaß. Eines davon musste wohl die Elfe getroffen haben, denn Twix segelte kreischend und Funken sprühend über ihn hinweg und verschwand irgendwo in der Dämmerung.

Die winzige Ablenkung hatte Kim jedoch gereicht. Er war zwei, drei Meter von dem Ungeheuer davongekrochen, hatte sich aufgerichtet und sprintete auf sein Pferd zu. Unterwegs las er noch mit einer Hand die Spinne auf, die tatsächlich schon wieder Anstalten machte, sich auf den Skull zu stürzen. Ohne auf ihr protestierendes Geschrei zu achten, warf er sie in den Sattel, sprang selbst hinterher und griff gleichzeitig nach den Zügeln.

Kim sah aus den Augenwinkeln, wie auch Sturm wieder in den Sattel sprang und selbst Kai auf das Pferd zulief und hinter ihm auf den Rücken des Tieres flankte.

Aber auch der Skull hatte sich bereits wieder in Bewegung gesetzt. Er raste mit einer Schnelligkeit heran, die seiner scheinbaren Größe und Schwerfälligkeit Hohn sprach. Die Elfe hatte sich wieder aufgerappelt und umkreiste den Skull wie ein Miniatur-Kampfflugzeug, wobei sie ununterbrochen goldenen Staub auf die Kreatur herunterregnen ließ; diesmal allerdings aus sicherer Entfernung.

Ihr Bombardement zeigte trotzdem Wirkung. Der Skull bewegte sich immer noch schnell, taumelte nun aber sichtbar hin und her und ihr Abstand wuchs langsam, aber in zunehmendem Maße.

»Twix!«, schrie Kim. »Hör auf mit dem Vieh zu spielen und komm her!«

Twix bedachte den Skull zum Abschied noch einmal mit einer besonders ergiebigen Ladung Elfenstaub, schraubte sich aber dann in die Höhe und kam rasch heruntergeflogen.

Kim musterte den Skull noch einen Moment lang misstrauisch, ehe er sich im Sattel herumdrehte. Der letzte Angriff schien den Skull ernsthaft geschwächt zu haben. Er war noch immer schnell, torkelte nun aber immer deutlicher. Twix' Elfenstaub setzte ihm deutlich zu. Wieso also hatte ihn die ungleich stärkere Magie der Zauberkugel nicht einmal gestört?

Trotz dieses sichtbaren Erfolges wurden sie jedoch nicht langsamer, sondern legten im Gegenteil noch einmal kräftig an Tempo zu, als sie auf die Spur gerieten, die Kais Reiter durch das Unterholz gebrochen hatten.

»Es kann jetzt nicht mehr weit sein«, schrie Sturm. »Ich kann den Lärm der Schlacht schon hören!«