»Ei, was hast Du in Deinem Sacke?« fragte der Bauer darauf.
»O, es ist ein Zauberer,« sagte der kleine Klaus; »er sagt, wir sollen doch keine Grütze essen, er habe den ganzen Ofen voll Braten, Fische und Kuchen gehext.«
»Ei der tausend!« sagte der Bauer und machte schnell den Ofen auf, wo er all' die prächtigen, leckern Speisen erblickte, welche die Frau dort verborgen hatte, die aber nach seiner Meinung der Zauberer im Sack für sie gehext hatte. Die Frau durfte nichts sagen, sondern setzte sogleich die Speisen auf den Tisch, und so aßen beide vom Fische, vom Braten und von dem Kuchen. Nun trat der kleine Klaus wieder auf seinen Sack, daß die Haut knarrte.
»Was sagt er jetzt?« fragte der Bauer.
»Er sagt,« erwiderte der kleine Klaus, »daß er auch drei Flaschen Wein für uns gehext hat; sie stehen dort in der Ecke beim Ofen!« Nun mußte die Frau den Wein hervorholen, den sie verborgen hatte und der Bauer trank und wurde lustig. Einen solchen Zauberer, wie der kleine Klaus im Sacke hatte, hätte er gar zu gern gehabt.
»Kann er auch den Teufel hervorhexen?« fragte der Bauer. »Ich möchte ihn wohl sehen, denn nun bin ich lustig!«
»Ja,« sagte der kleine Klaus, »mein Zauberer kann alles, was ich verlange. Nicht wahr Du?« fragte er und trat auf den Sack, daß es knarrte. »Hörst Du? Er sagt ja! Aber der Teufel sieht häßlich aus, wir wollen ihn lieber nicht sehen!«
»O, mir ist gar nicht bange; wie mag er wohl aussehen?«
»Ja, er wird sich ganz leibhaftig als ein Küster zeigen!«
»Hu!« sagte der Bauer, »daß ist häßlich! Ihr müßt wissen, ich kann nicht ertragen, einen Küster zu sehen! Aber es macht nichts, ich weiß ja, daß es der Teufel ist, so werde ich mich wohl leichter darein finden! Nun habe ich Mut, aber er darf mir nicht zu nahe kommen.«
»Nun, ich werde meinen Zauberer fragen,« sagte der kleine Klaus, trat auf den Sack und hielt sein Ohr hin.
»Was sagt er?«
»Er sagt, Ihr könnt hingehen und die Kiste aufmachen, die dort in der Ecke steht, so werdet Ihr den Teufel sehen, wie er darin kauert; aber Ihr müßt den Deckel halten, daß er nicht entwischt.«
»Wollt Ihr mir helfen, ihn zu halten?« bat der Bauer und ging zu der Kiste hin, wo die Frau den Küster verborgen hatte, der darin saß und sich sehr fürchtete.
Der Bauer öffnete den Deckel ein wenig und sah unter denselben hinein. »Hu!« schrie er und sprang zurück. »Ja, nun habe ich ihn gesehen, er sah ganz aus wie unser Küster! Das war schrecklich!«
Darauf mußte getrunken werden, und so tranken sie denn noch bis lange in die Nacht hinein.
»Den Zauberer mußt Du mir verkaufen,« sagte der Bauer; »verlange dafür, was Du willst! Ja, ich gebe Dir gleich einen ganzen Scheffel Geld!«
»Nein, das kann ich nicht!« sagte der kleine Klaus. »Bedenke doch, wieviel Nutzen ich von diesem Zauberer haben kann.«
»Ach, ich möchte ihn sehr gern haben,« sagte der Bauer und fuhr fort zu bitten.
»Ja,« sagte der kleine Klaus zuletzt, »da Du so gut gewesen bist, mir diese Nacht Obdach zu gewähren, so mag es sein. Du sollst den Zauberer für einen Scheffel Geld haben, aber ich will den Scheffel gehäuft voll haben.«
»Das sollst Du bekommen,« sagte der Bauer, »aber die Kiste dort mußt Du mit Dir nehmen; ich will sie nicht eine Stunde länger im Hause behalten; man kann nicht wissen, vielleicht sitzt er noch darin.«
Der kleine Klaus gab dem Bauer seinen Sack mit der trocknen Haut darin und bekam einen ganzen Scheffel Geld gehäuft gemessen dafür. Der Bauer schenkte ihm sogar noch einen großen Karren, um das Geld und die Kiste darauf fortzufahren.
»Lebe wohl!« sagte der kleine Klaus, und dann fuhr er mit seinem Gelde und der großen Kiste, worin noch der Küster saß, davon.
Auf der andern Seite des Waldes war ein großer, tiefer Fluß, das Wasser floß so reißend darin, daß man kaum gegen den Strom anschwimmen konnte; man hatte eine große, neue Brücke darüber geschlagen; der kleine Klaus hielt mitten auf derselben an und sagte ganz laut, damit der Küster in der Kiste es hören könne:
»Was soll ich doch mit der dummen Kiste machen? Sie ist so schwer, als ob Steine d'rin wären! Ich werde nur müde davon, sie weiter zu fahren; ich will sie daher in den Fluß werfen; schwimmt sie zu mir nach Hause, so ist es gut, wo nicht, so hat es auch nichts zu sagen.«
Darauf faßte er die Kiste mit der einen Hand an und hob sie ein wenig auf, gerade als ob er sie in das Wasser werfen wollte.
»Nein, laß das sein!« rief der Küster innerhalb der Kiste. »Laß mich erst heraus!«
»Hu!« sagte der kleine Klaus und that, als fürchte er sich. »Er sitzt noch darin! Da muß ich ihn geschwind in den Fluß werfen, damit er ertrinkt!«
»O nein, o nein!« sagte der Küster; »ich will Dir einen ganzen Scheffel Geld geben, wenn Du mich gehen läßt!«
»Ja, das ist etwas anderes!« sagte der kleine Klaus und machte die Kiste auf. Der Küster kroch schnell heraus, stieß die leere Kiste in das Wasser hinaus und ging nach seinem Hause, wo der kleine Klaus einen ganzen Scheffel Geld bekam; einen hatte er von dem Bauer erhalten, nun hatte er also seinen ganzen Karren voll Geld.
»Sieh, das Pferd erhielt ich ganz gut bezahlt!« sagte er zu sich selbst, als er zu Hause in seiner eigenen Stube war und alles Geld auf einen Berg mitten in der Stube ausschüttete. »Das wird den großen Klaus ärgern, wenn er erfährt, wie reich ich durch mein einziges Pferd geworden bin; aber ich will es ihm doch nicht gerade heraus sagen!«
Nun sandte er einen Knaben zum großen Klaus hin, um sich ein Scheffelmaß zu leihen.
»Was mag er wohl damit machen wollen?« dachte der große Klaus und schmierte Theer unter den Boden desselben, damit von dem, was gemessen wurde, etwas daran hängen bleiben könnte. Und so kam es auch, denn als er das Scheffelmaß zurückerhielt, hingen drei Thaler daran.
»Was ist das?« sagte der große Klaus und lief sogleich zu dem kleinen. »Wo hast Du all' das Geld bekommen?«
»O, das ist für meine Pferdehaut! Ich verkaufte sie gestern Abend.«
»Das war wahrlich gut bezahlt!« sagte der große Klaus, lief geschwind nach Hause, nahm eine Axt und schlug alle seine vier Pferde vor den Kopf, zog ihnen die Haut ab und fuhr mit diesen Häuten zur Stadt.
»Häute! Häute! Wer will Häute kaufen?« rief er durch die Straßen.
Alle Schuhmacher und Gerber kamen gelaufen und fragten, was er dafür haben wolle.
»Einen Scheffel Geld für jede,« sagte der große Klaus.
»Bist Du toll?« riefen alle. »Glaubst Du, wir haben das Geld scheffelweise?«
»Häute! Häute! Wer will Häute kaufen?« rief er wieder, aber allen denen, welche ihn fragten, was die Häute kosten sollten, erwiderte er: »Einen Scheffel Geld.«
»Er will uns foppen,« sagten alle, und da nahmen die Schuhmacher ihre Spannriemen und die Gerber ihre Schurzfelle und fingen an auf den großen Klaus loszuprügeln.
»Häute! Häute!« riefen sie ihm nach; »ja, wir wollen Dir die Haut gerben! Hinaus aus der Stadt mit ihm!« riefen sie, und der große Klaus mußte laufen, was er nur konnte. So war er noch nie durchgeprügelt worden.
»Na,« sagte er, als er nach Hause kam, »dafür soll der kleine Klaus bestraft werden! Ich will ihn totschlagen!«
Zu Hause beim kleinen Klaus war die alte Großmutter gestorben; sie war freilich recht böse und schlimm gegen ihn gewesen, aber er war doch betrübt, nahm die tote Frau und legte sie in ein warmes Bett, um zu sehen, ob sie nicht zum Leben zurückkehren werde. Da sollte sie die ganze Nacht liegen, er selbst wollte im Winkel sitzen und auf einem Stuhle schlafen; das hatte er schon früher gethan.
Als er nun da in der Nacht saß, ging die Thüre auf und der große Klaus kam mit einer Axt herein; er wußte wohl, wo des kleinen Klaus Bett stand, ging gerade darauf los und schlug nun die alte Großmutter vor den Kopf, indem er glaubte, daß es der kleine Klaus sei.
»Sieh,« sagte er, »nun sollst Du mich nicht mehr zum besten haben!« Und dann ging er wieder nach Hause.