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Ich habe sie alles gelehrt, was ich über die magische Heilkunst weiß, versicherte er ihr.

Das war sehr großzügig von dir, wenn man bedenkt, dass sie eine Weiße ist!

Ich weiß, dass sie ihre Gabe zum Nutzen der Menschen anwenden wird.

Ja. Du hast recht. Das Hospital in Jarime ist ein Beweis dafür.

Es hat keinen Protest dagegen gegeben? Keinen Ärger?

Natürlich hat es Ärger gegeben. Aber es wurde gemunkelt, dass Auraya das Krankenhaus gegründet hat, um zu beweisen, dass die Priester und Priesterinnen die besseren Heiler seien, damit die Menschen sich nicht versucht fühlen, sich uns anzuschließen.

Was nicht der Wahrheit entsprechen kann. Sie weiß, dass wir den zirklischen Priestern als Heiler überlegen sind.

Aber sie kann auch nicht gewollt haben, dass das Gegenteil geschieht.

Nein, gab er ihr recht. Sie würde die Menschen nicht dazu ermutigen, sich unserem Kult anzuschließen. Juran würde das nicht billigen, es sei denn, es gäbe für die Zirkler etwas dabei zu gewinnen. Ihn fröstelte mit einem Mal. Wissen. Sie werden Wissen über die Heilkunst von uns gewinnen.

Ja, aber sie werden nicht alles erfahren. Ich bezweifle, dass sie versuchen werden, irgendwelche Methoden der Vernetzung zu erlernen.

Bist du dir da sicher?

Sie zögerte.

Was denkst du?

Er überlegte.

Auf lange Sicht lassen Meinungen sich ändern, sagte er. In einigen Jahrzehnten, wenn Auraya diejenigen unter den Heilerpriestern ermutigt hat, die offenen Geistes sind, wird die allgemeine Einstellung gegenüber Gedankenvernetzungen günstiger sein. Außerdem gewinnt sie auf diese Weise Zeit, um in diesem Sinne auch auf die anderen Weißen einzuwirken. Sie denkt wie eine Unsterbliche.

Ich dachte nur, dass es eine Chance sei, dein Ansehen unter den Leuten zu verbessern, und

Und?

Manchmal habe ich das Gefühl, es ist wichtiger, dass unser Wissen überlebt, als dass wir überleben. Wir haben nie gezögert, anderen zu helfen, selbst wenn es zu unserem Nachteil war.

Ihr Eingeständnis beunruhigte ihn. Die Tatsache, dass die gegenwärtige Anführerin der Traumweber so über ihre Leute dachte, hätte ihn abstoßen sollen, aber bevor ihm die richtigen Worte einfielen, um sie zu beschwichtigen, wurde ihm bewusst, dass er Auraya aus ähnlichen Gründen unterrichtet hatte. Es stand ihm nicht frei, durch die Welt zu streifen und Wunder der Heilkunst zu vollbringen, daher hatte er ihr diese Fähigkeit vermittelt.

Vielleicht wäre es besser, wenn das Wissen der Traumweber an die Welt weitergegeben wurde, als zuzulassen, dass der Kult langsam ausstarb. In diesem Zeitalter konnten die Traumweber nichts anderes erleben als Verfolgung und Spaltung. Die Götter waren, durch die Weißen, zu mächtig.

Die Lebensart der Traumweber, ihre grundsätzliche Absage an den Krieg, ihr Streben nach Toleranz und Großzügigkeit mochten verloren gehen, aber was würde an ihrer Stelle erwachsen? Während die Traumweber für diese Philosophie standen, würden die Menschen sie ablehnen. Wenn es keine Traumweber mehr gäbe, würden einige Zirkler eine ähnliche Philosophie annehmen, ohne der Dinge angeklagt zu werden, die man den Traumwebern zum Vorwurf machte.

Jetzt, da du hier bist, werden wir wieder stärker werden, sagte Arleej, die sein Schweigen vielleicht als Entsetzen deutete.

Nicht wenn ich die nächsten Wochen nicht überlebe. Als ich Auraya unterrichtet habe, habe ich den Göttern unbeabsichtigt meine Identität preisgegeben. Ich bin gerade auf der Flucht zur sennonischen Küste.

Du kannst nicht zurückkehren, nur um so bald zu sterben! Gibt es irgendetwas, das ich tun kann, um dir zu helfen?

Vielleicht. Die Siyee haben sich auf meine Spur gesetzt und halten die Götter und die Weißen darüber auf dem Laufenden, wo ich bin. Wenn ich die Küste erreiche, werde ich mir ein Boot nehmen und aufs Meer hinaussegeln. So weit können mir die Siyee nicht folgen. Es ist meine einzige Chance zu entkommen. Aber an der Küste wird mit Sicherheit ein Weißer auf mich warten.

Was kann ich tun?

Schick Traumweber an die Küste. Viele von ihnen. Fülle die Straßen mehrerer Dörfer mit unseren Leuten. Mit ein wenig Glück wird es mir dann gelingen, unbemerkt durch eins der Dörfer zu ziehen.

Sie werden einige Zeit brauchen, um dort hinzukommen.

Ich weiß. Wir müssen den Zeitpunkt ihrer Ankunft mit großer Sorgfalt wählen. Die Zirkler könnten ahnen, was wir vorhaben, und die Traumweber vertreiben. Es besteht außerdem die Gefahr, dass sie zurückschlagen werden, sollte ich Erfolg haben.

Früher sind wir Gefahren ausgewichen. Und sobald die Traumweber von dir erfahren, werde ich zu viele Freiwillige haben, als dass ich damit fertigwerden könnte.

Nein. Sie dürfen nichts von mir erfahren, Arleej. Wenn sie es tun, werden die Weißen unsere Absichten aus ihren Gedanken lesen.

Du hast recht. Ich werde mir einen anderen Grund ausdenken, sie dort hinzuschicken, sagte sie.

Danke.

Wenn du dies überlebst, werden wir uns dann wiedersehen?

Ich hoffe es.

Vielleicht werde ich den südlichen Kontinent besuchen. Die Traumweber dort führen ein freieres Leben als selbst jene unter uns, die in Somrey leben.

Ich werde niemanden wissen lassen, wo ich mich aufhalte, erwiderte er. Die Pentadrianer mögen Traumweber in ihren Ländern dulden, aber ihre Toleranz würde sich vielleicht nicht auf mich erstrecken. Ich werde mich wieder mit dir vernetzen, wenn ich weiß, durch welches Dorf ich zu reisen beabsichtige.

Pass auf dich auf.

Das werde ich. Leb wohl.

Mirar löste sich aus der Traumtrance und schlug die Augen auf. Der Himmel hinter dem Eingang der Felsspalte, in der er Zuflucht gesucht hatte, war dunkel, und die Wolken hingen tief, was schlechtes Wetter versprach. Von den Siyee war nichts zu sehen. Er stand auf, betrachtete die unheilverkündenden Wolken und fluchte.

Sieht so aus, als zöge ein Schneesturm herauf.

Er würde heute nicht weit kommen, aber zumindest würde das Unwetter die Siyee vom Himmel fernhalten. Ausnahmsweise würde er einen Tag lang frei von der unguten Wahrnehmung der Gedanken der Siyee sein, die ihn beobachteten.

Als Reivan an Deck kam, sah sie Imenja im Heck stehen. Die Stimme lehnte mit gesenktem Kopf an der Reling. Reivan hatte sie während der vergangenen zwei Tage mehrmals in dieser Haltung vorgefunden. Jetzt trat sie neben ihre Herrin und war wenig überrascht zu sehen, dass die Frau auf das Wasser hinabblickte.

»Es ist erstaunlich, wie still es jetzt, da Imi uns verlassen hat, auf dem Schiff ist«, sagte sie. »Ich glaube, die Mannschaft vermisst sie.«

»Ja«, pflichtete Reivan ihr bei. »Oder vielleicht liegt es auch nur daran, dass du Trübsal bläst.«

Imenja drehte sich zu Reivan um. »Ich blase Trübsal?«

»Ja. Immer schaust du in die Ferne oder aufs Wasser hinab.«

»Tue ich das?«

»Ja. Ich vermute, du bist enttäuscht, dass wir ohne einen Bündnisvertrag abgereist sind.«

»Du vermutest falsch«, erwiderte Imenja lächelnd. »Das letzte Wort in dieser Angelegenheit ist noch nicht gesprochen, Reivan. Der König mag uns weggeschickt haben, aber sein Volk hat keineswegs endgültig Abschied von uns genommen.« Sie deutete aufs Wasser. »Wir werden verfolgt.«