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Bachs Herz klopfte hart. Die Stimmen der Techniker im Hintergrund wurden lauter. Bach achtete nicht auf Einzelheiten, aber er hätte schon taub sein müssen, um nicht mitzubekommen, dass ihr gesamtes technisches Equipment offensichtlich der Reihe nach verrückt spielte oder ausfiel.

Ein Mann in der khakifarbenen Uniform der Army kam mit nervösen Schritten näher. »Da stimmt etwas nicht, Mister President«, sagte er. Seine Hände bewegten sich unruhig. »Vielleicht sollten wir... die Geschütze scharf machen... Sir.«

Truman sah ihn nachdenklich an, dann warf er einen fragenden Blick in Forrestals Richtung. Forrestal deutete ein Kopfschütteln an.

»Noch nicht«, antwortete Truman. »Wir dürfen jetzt... keinen Fehler machen.«

Dem Offizier blieb nichts anderes übrig als diese Entscheidung zu akzeptieren, aber er sah dabei nicht begeistert aus. Bachs Herz schlug schneller, während er den Blick wieder nach oben wandte. Die Lichter waren näher gekommen, bewegten sich aber jetzt nicht mehr mit so unfassbarer Geschwindigkeit wie zuvor. Sie bildeten ein perfektes Dreieck, über dem Bach einen verschwommenen Umriss zu erkennen glaubte. Er machte eine knappe, deutende Geste und einer der riesigen Scheinwerfer schwenkte herum. Ein meterdicker Lichtstrahl glitt wie ein tastender Finger über den Himmel.

Bach fühlte ein sonderbares, elektrisches Kribbeln auf der Haut, ein Gefühl, als ob in seiner unmittelbaren Nähe ein schweres Gewitter tobte. Im gleichen Moment fiel im gesamten Lager der Strom aus. Die Dunkelheit schien für einen Moment total und für einen noch kürzeren Moment schien sogar die Zeit stehen zu bleiben, wie um diesen einen Augenblick für alle Ewigkeiten festzuhalten. Bach wartete mit angehaltenem Atem auf die Panik, die nun unweigerlich ausbrechen musste, auf Schreie, Schritte, die Geräusche flüchtender Männer, vielleicht Schüsse. Doch nichts geschah. Vielleicht war er nicht der Einzige, den die vollkommene Finsternis lähmte. Vielleicht hatte irgendetwas dort oben nicht nur die Technik innerhalb des Lagers ausgeschaltet.

Zwei, drei Sekunden vergingen wie zähe Ewigkeiten, dann, ganz plötzlich, erschien ein neues, blauweißes Licht am Himmel, begleitet von einem dumpfen, vibrierenden Summen, wie elektrischer Herzschlag, der aus allen Richtungen zugleich zu kommen schien. Bach kniff die Augen zusammen und zwang sich, weiter in das mittlerweile schmerzhaft grelle Licht zu blicken. Über dem blauen Glosen schwebte ein gewaltiger Umriss, eine riesige, dreieckige Scheibe, die sich in beständiger, zitternder Bewegung zu befinden schien, obwohl sie gleichzeitig stillstand. Das Schiff war nicht so gigantisch, wie er im ersten Moment angenommen hatte, aber es war trotzdem riesig.

»Was zur Hölle...«, murmelte Truman.

Das Schiff sank langsam tiefer und kam fünfzehn oder zwanzig Meter über dem Lager zum Stillstand. Sein elektrischer Herzschlag wurde lauter. Bach spürte, wie sich die feinen Härchen auf seinem Handrücken und in seinem Nacken aufstellten. Der Sand unter seinen Füßen begann zu wispern. Dann, ganz langsam, öffnete sich in der Mitte der drei Lichter ein weiteres, funkelndes Auge. Eine Tür.

»Wir haben Kontakt«, sagte Bach leise.

22. November 1963, 15:56

Norman, Oklahoma

Das Ortsschild, das vor zehn Minuten am linken Straßenrand an uns vorüber gehuscht war, war das letzte Anzeichen menschlicher Zivilisation gewesen. Seither war die Straße nicht nur immer schlechter geworden, sondern unser Tempo auch ständig weiter gesunken. Seit fünf Minuten bewegten wir uns nur noch im Schritttempo. Beiderseits der festgefahrenen Piste, von der meine Karte in einem Anfall von Größenwahn behauptete, es handele sich um eine Straße, erstreckte sich eine karge, fast wüstenähnliche Landschaft: ausgedörrter Boden, aus dem nur hier und da ein vertrockneter Strauch ragte, kantige Hügel, da und dort das Skelett eines Baumes, der selbst in seiner besten Zeit nicht mehr als Mannsgröße erreicht hatte, Kieselsteine von der Größe eines Einfamilienhauses... Es war schwer zu glauben, dass wir uns mitten in Oklahoma befanden und nicht auf der Rückseite des Mondes oder auf irgendeinem fremden, unbewohnten Planeten. Aber für unser Vorhaben war diese Umgebung perfekt. Ich hatte eine halbe Stunde lang die Karte studiert, um einen passenden Ort zu finden, und das Ergebnis übertraf beinahe meine Erwartungen.

»Wie weit ist es noch?«, fragte Kimberley. Es waren die ersten Worte, die sie sprach, seit wir das Motel verlassen hatten. Ihre Stimme klang flach und drückte noch mehr von ihrer Müdigkeit aus, als es die unnatürliche Blässe ihres Gesichtes und die tief eingegrabenen, dunklen Linien darin taten.

Ich versuchte die Karte zu rekapitulieren, suchte gleichzeitig nach einem bestimmten Geländemerkmal und zuckte schließlich mit den Schultern. »Zwei oder drei Meilen«, schätzte ich. »Warum?«

Kimberley antwortete nicht. Ich war auch nicht sicher, ob sie meine Worte überhaupt gehört hatte. Ich wandte flüchtig den Kopf, sah ihr ins Gesicht und erschrak, als ich sie anblickte - obwohl ich wusste, was ich sehen würde. Kim war totenbleich und ihre Augen blickten glasig. Sie hatte in dieser Nacht schlecht geschlafen - das ganze Land hatte in dieser Nacht schlecht geschlafen - aber das war nicht der alleinige Grund für ihren Zustand. Der Schock, der die gesamte Nation befallen hatte, hatte auch uns ergriffen, aber unser Schrecken ging tiefer. Vielleicht, weil Kim und ich wussten, was wirklich geschehen war. Oder es in diesem Moment zumindest zu wissen glaubten.

Der Chevy rumpelte über einen trockenen Ast, der quer über der Straße lag und mit einem trockenen Knall zerbrach. Das Geräusch klang in meinen Ohren wie ein Schuss.

»Wir haben ihn getötet, John«, murmelte Kim.

Ich sah überrascht hoch. »Wie?«

»Wir haben ihn umgebracht, John«, wiederholte Kimberley. »Wir haben den Präsidenten getötet.«

»Unsinn!«, antwortete ich impulsiv - und nicht annähernd so überzeugt, wie ich es sein sollte. Vielleicht hatte sie Recht. Es konnte nicht sein, weil es nicht sein durfte, aber vielleicht stimmte es dennoch. Bach hatte mir gesagt, dass wir uns im Krieg befanden, und vielleicht waren gestern Nachmittag in Dallas die ersten realen Schüsse gefallen. Und vielleicht war es meine Schuld, dass man sie abgefeuert hatte. Trotzdem sagte ich noch einmal und mit größerem Nachdruck: »Nein! Es war nicht unsere Schuld!«

»Wir haben ihm alles erzählt und jetzt ist er tot«, beharrte Kim.

»Das ist... Zufall«, beharrte ich. »Ein schrecklicher Zufall, mehr nicht. Nicht einmal Bach würde es wagen, so weit zu gehen. Ich traue diesem Mann beinahe alles zu, aber nicht, dass er den Befehl gegeben hat, Kennedy zu ermorden!«

»Nein. Weil er so ein guter Mensch ist.«

»Nein. Weil er nicht dumm ist«, antwortete ich gereizt. »Er kann nicht damit rechnen, damit durchzukommen. Sie werden nicht eher ruhen, bis sie herausgefunden haben, wer hinter dem Attentat steckt. Ganz egal, wie lange es dauert und wie viele einflussreiche Personen darin verwickelt sind. Dieses Risiko würde er niemals eingehen!«

Kim sah mich mit einem Ausdruck leichter Überraschung an und ich fragte mich einen Moment lang selbst, warum ich Bach - ausgerechnet Bach! - so vehement verteidigte.

Vielleicht weil ich einfach nicht wahrhaben wollte, dass Kim Recht haben könnte. Und was es für mich bedeutete...

»Wir... mussten es jemandem sagen«, fuhr ich nach einer Weile fort. »Ich hätte nicht weiterleben und so tun können, als wäre nichts geschehen. Und du auch nicht.«

»Sie dürfen nicht gewinnen«, murmelte Kim. »Wir dürfen sie nicht gewinnen lassen.«