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»Dark Skies«, antwortete ich. Ob Kennedy wohl geahnt hatte, welch düstere Bedeutung dieses Kennwort erhalten würde, als er es mir vorschlug?

Ich bekam keine Antwort, aber wieder verging Zeit, in der der Telefonhörer stumm blieb, bis auf ein gelegentliches, ganz leises Klicken und Summen vielleicht. Wahrscheinlich wurde das Gespräch weitergeleitet, bis es Robert Kennedy irgendwo erreichte. Ich hoffte, dass das der Grund für die Störgeräusche war. Kennedy hatte mir versichert, dass diese spezielle Nummer absolut abhörsicher sei, und ich betete, dass er damit Recht hatte. Nach einer Ewigkeit meldete sich eine weitere Stimme. Ich wiederholte das Kennwort. Diesmal wurde ich nicht weitergeschaltet, aber es vergingen trotzdem noch einmal gute zwei oder drei Minuten, ehe sich endlich Bobby Kennedys Stimme meldete. »John?«

»Mister Kennedy!«, begann ich. »Ich... ich möchte Ihnen mein Beileid ausdrücken. Es tut mir so unendlich leid. Hätte ich geahnt, was geschieht, dann hätte ich Sie und Ihren Bruder niemals...«

Ich konnte nicht weiter sprechen. Ich hatte zu plappern begonnen, wie ein aufgeregter Schuljunge, und plötzlich war alles, was ich mir im Laufe des Nachmittages sorgsam zurecht gelegt hatte, einfach weg. Mein Herz hämmerte und meine Kehle war wie zugeschnürt.

»Sind Sie in Ordnung, John?«, fragte Kennedy, als ich auch nach endlosen weiteren Sekunden nicht weitersprach.

»Natürlich«, antwortete ich hastig. »Es... es tut mir leid.«

»Was haben Sie damit gemeint?«, fragte Kennedy. Plötzlich klang seine Stimme hart, fordernd und nicht mehr annähernd so sympathisch, wie ich sie in Erinnerung hatte.

»Was?«, fragte ich. Ich wusste genau, was er meinte.

»Gerade, als Sie sagten, Sie hätten nicht geahnt, was geschieht«, antwortete Kennedy. Er atmete hörbar ein. »Wollen Sie damit andeuten, dass... Majestic etwas mit dem Attentat auf meinen Bruder zu tun hat?«

»Nein!«, antwortete ich hastig. »Ich... Es tut mir leid. Es ist alles so verwirrend. Ich weiß selbst nicht mehr, was ich noch glauben soll.«

»Das verstehe ich gut«, antwortete Kennedy. »Wir werden herausfinden, was wirklich passiert ist, John, das verspreche ich Ihnen. Und wir werden die Täter bestrafen. Ganz egal, wer sie sind.« Einen Moment blieb es still und diese Pause sagte mir mehr als alle Worte, dass der Tod seines Bruders diesen Mann keineswegs so ungerührt gelassen hatte, wie es zunächst schien. »Aber es ist gut, dass Sie anrufen, John«, fuhr er schließlich in beherrschtem Tonfall fort. »Ich brauche Ihre Hilfe. Geht es Ihnen und Kimberley gut?«

»Ja«, antwortete ich. »Was kann ich tun?«

»Unser Beweis ist immer noch in Dallas«, sagte Kennedy knapp.

Im ersten Moment verstand ich nicht einmal, wovon er sprach; aber dann erschrak ich bis ins Mark. »Die Folie?«, keuchte ich. »Das Trümmerstück aus Bachs Amulett?«

»John hat es jemandem in Verwahrung gegeben«, bestätigte Kennedy. »In der Nacht, bevor er starb. Wir müssen es zurückhaben. Und im Moment sind Sie so ziemlich der einzige Mensch auf der Welt, dem ich in dieser Angelegenheit noch trauen kann. Und... da ist noch etwas.«

»Sir?«, fragte ich. Das Zögern in seinen Worten gefiel mir nicht.

»Ich habe Bach gesehen«, antwortete Kennedy. »Ich habe nur ein sehr altes, schlechtes Foto von ihm, aber ich bin fast sicher, dass er es war.«

»Wo?«, fragte ich. »Wann?«

»Vor einer Stunde auf dem Flughafen«, antwortete Kennedy. »Ich habe das Gefühl, dass er versuchte, Johns persönliche Sachen zu durchsuchen. Sie wissen, was das bedeutet, wenn es wahr ist.«

Mein Mund war plötzlich ganz trocken. Ich hatte Mühe, zu antworten. »Er weiß, dass wir das Artefakt haben.«

»Wir sollten lieber davon ausgehen, dass es so ist, ja«, antwortete Kennedy. »Sie müssen schnell handeln, John. So lange er das Trümmerstück noch in unserem Besitz vermutet, sind Sie einigermaßen sicher. Aber Bach ist nicht dumm. Ich glaube nicht, dass Ihnen viel Zeit bleibt. Unser Vertrauensmann erwartet Sie morgen Vormittag im Hotel TEXAS in Fort Worth. Zimmer 422.«

»Ich werde da sein«, versprach ich.

»Gut, John. Seien Sie vorsichtig. Und... viel Glück.«

Die Verbindung wurde unterbrochen. Ich starrte den Hörer in meiner Hand noch einen schweren Herzschlag lang an, dann hängte ich ein und verließ die Telefonzelle.

Kim schlief, als ich in unser Zimmer zurückkehrte. Ich hatte einen großen Umweg gemacht, nicht nur, um vom Restaurant aus nicht mehr gesehen zu werden, sondern auch, um noch ein wenig Zeit für mich zu gewinnen, in der ich meine Gedanken ordnen konnte.

Es hatte nichts genutzt. Ich fühlte mich verunsicherter und verstörter als vor meinem Gespräch mit Kennedy und ich wusste weniger denn je, was ich tun sollte. Kennedys Worte hatten mir nicht einmal Aufschluss über die Frage gegeben, ob Bach und Majestic nun wirklich etwas mit dem Attentat auf seinen Bruder zu tun hatten oder nicht. Zweifellos wusste Bach mittlerweile, dass wir ihm das Trümmerstück gestohlen hatten: Ein Bruchstück des UFOs, das vor sechzehn Jahren in der Nähe von Roswell abgestürzt war und das er seither in einem Medaillon auf der Brust bei sich trug. Und ebenso zweifellos wusste er auch, wem wir dieses Trümmerstück zusammen mit anderen Informationen über Majestic-12 zugespielt hatten - und warum. Das alles jedoch war noch lange kein Beweis, dass Bach tatsächlich hinter dem Anschlag auf Kennedy steckte. Ebenso gut konnte er versuchen, die momentane Verwirrung auszunutzen, um sein Eigentum zurückzubekommen.

Ich schaltete kein Licht ein, als ich das Motelzimmer betrat, sondern tastete mich im Halbdunkeln zum Nachttisch, nahm den Fahrplan, den ich vorhin darauf gesehen hatte, und ging damit ins Bad. Bevor ich den Lichtschalter betätigte, schloss ich sorgsam die Tür. Ich wollte Kim nicht wecken. Nach allem, was hinter uns lag, hatte sie jede Minute Schlaf bitter nötig.

Der nächste Bus in Richtung Dallas ging in einer halben Stunde; Zeit genug, unser weniges Gepäck zusammenzupacken und ihn zu erreichen. Aber das hätte bedeutet, mitten in der Nacht dort anzutreffen, in einer Stadt, die sich vermutlich in einer Mischung aus Hysterie und Lähmung befand und in der man jedem Fremden mit Misstrauen und Argwohn begegnete. Und dazu kamen noch Bach und seine Leute. Es war besser, wir verbrachten die Nacht hier und gestalteten unseren Aufenthalt in Dallas so kurz wie möglich.

Der nächste Bus ging in gut drei Stunden; also konnte ich Kimberley noch zweieinhalb Stunden Schlaf gönnen - zweieinhalb Stunden, die wach zu bleiben mir wahrscheinlich umso schwerer fallen würden. Ich war zwar noch immer aufgewühlt und so nervös, dass es mir nicht einmal gelang, den Fahrplan ruhig in der Hand zu halten, aber die zurückliegenden Stunden begannen allmählich doch ihren Tribut zu fordern. Die Verlockung, mich neben Kim auf dem Bett auszustrecken, einfach nur, um meinen müden Gliedern ein wenig wohlverdiente Ruhe zu gönnen, war groß, aber ich durfte ihr nicht nachgeben. Wenn ich das tat, würde ich wahrscheinlich einschlafen und erst am nächsten Abend wieder wach werden. Und die Verabredung am nächsten Tag im Hotel TEXAS war vielleicht die letzte Chance, die wir noch hatten, jemals in ein wenigstens halbwegs normales Leben zurückzukehren.

Ich ließ das Licht im Badezimmer brennen, ging jedoch nicht in unser Apartment zurück, sondern lehnte mich gegen den Türrahmen und beobachtete Kimberley. Sie lag auf dem Bett und schlief, aber jetzt, nachdem sich meine Augen allmählich an die hier drinnen herrschende Dunkelheit gewöhnt hatten, sah ich auch, dass es kein ruhiger Schlaf war. Sie bewegte sich, warf den Kopf hin und her und stöhnte ganz leise. Ihre Lippen bewegten sich und formten unhörbare Worte. Sie hatte einen Albtraum. Natürlich hatte sie einen Albtraum. Wie hätte sie auch nach dem, was hinter uns lag, ruhig schlafen können?

Ich überlegte einen Moment, ob ich noch einmal ins Drive-in gehen und einen weiteren Kaffee trinken sollte, entschied mich dann aber dagegen. Ich wollte nicht, dass Kim sich allein in der Dunkelheit wiederfand, wenn sie während meiner Abwesenheit erwachte. So ging ich lautlos zum Fernseher, schaltete ihn ein und drehte den Ton ab, noch bevor die Bildröhre Zeit hatte, sich zu erwärmen und hell zu werden. Es dominierte immer noch die gleiche Art trister Berichterstattung: Auf allen vier Kanälen, die ich hereinbekam, waren Nachrichtensprecher mit erstarrten Gesichtern und leeren Blicken zu sehen. Trotzdem drehte ich den Ton behutsam wieder an, bis ich wenigstens bruchstückhaft verstehen konnte, was gesprochen wurde.