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«So ist es.«

Seine Aussprache war das Standardenglisch der alten Rundfunksprecher — etwas überdeutlich und zu schön, um wahr zu sein.

Ich bedeutete ihm, sich wieder zu setzen, und er postierte sich wie gehabt auf der Kante des Sitzpolsters, beugte den Oberkörper vor und sah Malcolm fragend an.

«Mr. West war eben erst eingetroffen, als du kamst«, sagte Malcolm.»Am besten erklärst du ihm mal, was wir wollen.«

Ich setzte mich auf das lange schmale Sofa und eröffnete Norman West, daß er feststellen sollte, wo jedes einzelne Mitglied unserer verzweigten Familie am vorigen Freitag von etwa sechzehn Uhr an gewesen sei und auch am gestrigen Dienstag, den ganzen Tag.

Norman West blickte uns mit offensichtlicher Bestürzung an.

«Wenn Sie damit überfordert sind«, sagte Malcolm,»schalten Sie Helfer ein.«

«Das ist es eigentlich nicht«, sagte Norman West unglücklich.»Aber ich fürchte, daß vielleicht ein Interessenkonflikt besteht.«

«Wieso Interessenkonflikt?«wollte Malcolm wissen.

Norman West zögerte, räusperte sich und summte ein paar Takte. Dann sagte er:»Samstag früh wurde ich von einem Ihrer Familienangehörigen beauftragt, Sie zu finden, Mr. Pembroke. Ich war also eben erst für jemanden aus Ihrer Familie aktiv. Jetzt soll ich denjenigen für Sie überprüfen. Ich glaube nicht, daß ich Ihren Auftrag guten Gewissens übernehmen kann.«

«Welcher Familienangehörige?«wollte Malcolm wissen.

Norman West trommelte mit den Fingern auf seinem Knie herum, entschloß sich aber nach einiger Überlegung zu antworten.

«Mrs. Pembroke«, sagte er.

Kapitel 4

Malcolm blinzelte verständnislos.»Welche?«fragte er.»Mrs. Pembroke«, wiederholte Norman West verwirrt.

«Es gibt deren neun«, sagte ich.»Also welche?«

Der Detektiv sah verlegen drein.»Ich habe nur am Telefon mit ihr gesprochen. Ich dachte. Ich nahm an. es sei die Mrs. Malcolm Pembroke, für die ich vor langer Zeit mal gearbeitet habe. Sie berief sich auf diesen Fall und sagte, jetzt würde ich wieder gebraucht. Ich sah in meinen Akten nach…«Hilflos zuckte er die Schultern.»Ich dachte, es wäre dieselbe Dame.«

«Haben Sie Mr. Pembroke gefunden«, sagte ich,»als Sie ihn suchten?«

Fast widerstrebend nickte West.»In Cambridge. War nicht allzu schwer.«

«Und das haben Sie Mrs. Pembroke mitgeteilt?«

«Ich glaube, ich sollte wirklich nicht weiter darüber sprechen.«

«Sagen Sie uns wenigstens, wie Sie mit Mrs. Pembroke wieder in Verbindung getreten sind, um Ihren Erfolg zu melden.«

«Es war umgekehrt«, sagte er.»Sie rief mich zwei- bis dreimal täglich an und verlangte Zwischenberichte. Montag abend hatte ich schließlich Neuigkeiten für sie. Danach nahm ich meine nächste Ermittlung in Angriff, die jetzt abgeschlossen ist. Somit konnte ich mich Mrs. Pembrokes Wünschen zuwenden.«

«Wir möchten, daß Sie feststellen, welche Mrs. Pembroke erfahren wollte, wo ich war.«

Norman West schüttelte bedauernd den zerzausten Kopf.

«Das Vertrauen eines Klienten…«:, murmelte er.

«Ausgemachter Unsinn!«explodierte Malcolm.»Irgend jemand, der wußte, wo ich bin, hätte mich beinahe umgebracht!«

Unser Detektiv sah verdattert drein, faßte sich aber schnell.»Ich fand Sie, Sir, indem ich mir von Mrs. Pembroke eine Liste sämtlicher Orte geben ließ, wo Sie sich zu Hause fühlen, denn meiner Erfahrung nach halten sich Vermißte oft an diesen Orten auf, und sie nannte mir fünf solcher Möglichkeiten, mit Cambridge als der dritten. Ich bin noch nicht mal in die Stadt gefahren. Als einleitende Maßnahme hatte ich vorgesehen, mich telefonisch bei allen Hotels in Cambridge nach Ihnen zu erkundigen, aber ich fing mit den größeren an, da die am ehesten für Sie in Frage kamen, Sir, und schon vom dritten erhielt ich eine positive Antwort. Wenn es für mich so leicht war, Sie zu finden, war es auch für jeden anderen ein Klacks. Und wenn ich das sagen darf, Sir, Sie haben es mir leichtgemacht, denn Sie haben sich unter Ihrem richtigen Namen eingetragen. Das sollte jemand, der untertauchen will, nicht tun.«

Er sprach mit einer rührenden Würde, die schlecht zu seiner schäbigen Aufmachung paßte, und zum erstenmal kam mir der Gedanke, daß er in seinem Beruf vielleicht besser war, als es den Anschein hatte. Er mußte wohl ziemlich tüchtig sein, um sich so lange in dem Metier zu halten, auch wenn es seinerzeit bestimmt keine übergroße Kunst gewesen war, Malcolm mit heruntergelassenen Hosen zu ertappen.

Er trank das Glas Champagner aus, das Malcolm ihm vor meiner Ankunft gegeben hatte, und lehnte ein weiteres ab.

«Wie bezahlt Sie Mrs. Pembroke?«fragte ich.

«Sie hat gesagt, sie schickt mir einen Scheck.«

«Wenn er kommt«, sagte ich,»werden Sie wissen, welche Mrs. Pembroke.«

«Richtig.«

«Ich sehe nicht ein, warum Sie sich wegen eines Interessenkonflikts sorgen sollten«, sagte ich.»Schließlich haben Sie schon ziemlich umfassend für verschiedene Pembrokes gearbeitet. Im Auftrag meiner Mutter, Joyce Pembroke, haben Sie meinen Vater mit der Dame überrascht, die ihr einen Scheidungsgrund lieferte. Im Auftrag meines Vaters sollten Sie seine fünfte Frau bei einem ähnlichen Abenteuer überraschen. Im Auftrag der nicht spezifizierten Mrs. Pembroke haben Sie den Aufenthalt meines Vaters ermittelt. Und jetzt möchte er eben, daß Sie herausfinden, wo seine Angehörigen am letzten Freitag und gestern gewesen sind, damit er sicher sein kann, daß keiner von seinen nahen Verwandten versucht hat, ihn umzubringen, denn sonst wäre er sehr unglücklich. Wenn Sie das nicht mit Ihrem Gewissen vereinbaren können, müßte er sich zu seinem großen Bedauern natürlich an jemand anders wenden.«

Norman West strafte mich mit einem Blick, der mir erneut nahelegte, ihn nicht für so beschränkt zu halten, wie er aussah. Malcolms Augen funkelten belustigt.

«Sie würden natürlich gut bezahlt«, sagte er.

«Gefahrenzulage«, nickte ich.

Malcolm sagte:»Was?«

«Wir wollen zwar nicht, daß er auf eine Klapperschlange tritt, aber er sollte fairerweise wissen, daß es ihm passieren kann.«

Norman West sah auf seine kurzen schwarzen Fingernägel. Er wirkte weder sonderlich entmutigt noch auf die Sache erpicht.

«Ist dafür nicht die Polizei zuständig?«fragte er.

«Aber sicher«, sagte ich.»Mein Vater hat die Polizei eingeschaltet, als ihn am Freitag jemand umzubringen versuchte; er wird Ihnen alles darüber erzählen. Und Sie müssen bedenken, daß die Polizei auch schon den Mord an Moira Pembroke untersucht hat, der Sie durch unbescholtene Tage gefolgt sind. Aber Sie würden für meinen Vater arbeiten, nicht für die Polizei, wenn Sie sein Geld annehmen.«»Sie sind ganz schön energisch, nicht wahr, Sir?«sagte er unbehaglich.

«Herrisch«, stimmte Malcolm bei,»auf seine ruhige Art.«

All die Jahre im Rennstall, dachte ich; der ewige Drahtseilakt, wenn man Ziele durchsetzen mußte, ohne einerseits die Autorität des Futtermeisters und andererseits die des Trainers anzutasten, wie ein Leutnant zwischen Hauptfeldwebel und Oberst. Auf die eine oder andere Weise hatte ich viel Übung darin, ruhig, aber bestimmt zu sein.

Malcolm berichtete West nüchtern von seinem vereitelten Spaziergang mit den Hunden, seiner ungewollten Bekanntschaft mit Kohlenmonoxyd und schilderte anschließend noch das knappe Entkommen in Newmarket.

Norman West hörte aufmerksam mit langsam blinzelnden Augen zu und sagte schließlich:»Das Auto in Newmarket könnte ein Zufall gewesen sein. Vielleicht ein Fahrer, der gerade seine Zigaretten suchte. Abgelenkt war. Im letzten Moment sah er Sie beide… und wich verzweifelt aus.«

Malcolm schaute mich an.»Kam dir das so vor?«

«Nein.«

«Wieso nicht?«fragte West.

«Wegen der plötzlichen Beschleunigung, nehme ich an.«

«Unbedachter Tritt aufs Gaspedal während der Zigarettensuche?«